Donnerstag, 29. Dezember 2011

Gelesen im August, September, Oktober und November 2011 (III)

Ich lese viel moderne SF und Fantasy. Einerseits in meiner Rolle als DSFP-Juror, andererseits bin ich auch neugierig, was sich international aktuell so tut. Doch zwischendurch packt es mich immer wieder und ich brauche klassische SF. Und so habe ich im letzten Halbjahr zum Beispiel wieder einmal zu Roger Zelazny gegriffen :

Eingefügtes Bild
Roger Zelazny : Mein Name ist Legion (My Name is Legion)
Deutsche Erstausgabe 1980, Originalausgabe 1976
Übersetzung von Jens Röser
Bastei-Lübbe 21133


In Naher Zukunft wird die Welt total vernetzt, die Daten aller Bürger in einem Zentralcomputer gespeichert. Doch einer der Programmierer bekommt in letzter Minute Zweifel und löscht seine Daten aus dem System. Nicht mehr existent laut Computer arbeitet er als einer der letzten Privatdetektive, hauptsächlich in den Fällen, in denen das System, repräsentiert durch eine (die ?) Strafverfolgungsbehörde, nicht mehr weiterkommt.

Dies ist kein Roman, sondern eine Sammlung dreier Kurzgeschichten :
  • Rumokos Sohn (The Eve of Rumoko, 1969)
  • 'Kjawalll'kje'k'koothai'lll'kje'k (1973)
  • Daheim ist der Henker (Home is the Hangman, 1975)
In typischem Zelazny-Stil zeigen diese Stories eine leicht depressive Welt, die durch die Hoffnung, repräsentiert durch den Protagonisten, sich noch zum Besseren wenden kann. Ansonsten kann man diese Geschichten mit Fug und Recht als einfache SF-Kriminalstories kategorisieren. Allerdings derartig gut geschrieben, daß die letzte ("Home is the Hangman") sogar einen Nebula Award erhielt. Ich mag diesen realistisch-optimistischen Ansatz, es macht immer wieder Spaß, diese Stories zu lesen.

Und als ich so vor meinen Regalen stand und nach Klassikern suchte, kam ich auf Harry Harrison. Zu ihm muß man wenig sagen, "Deathworld", die Stahlratte, Soylent Green : Alles aus seiner Feder. Und alles lesenswert. Aber diesmal blieb ich bei Goldmann hängen :

Eingefügtes Bild
Harry Harrison : Brüder im All (Two Tales and Eight Tomorrows)
Deutsche Erstausgabe 1968, Originalausgabe 1965
Übersetzung von Hans-Ulrich Nichau
Goldmann SF 097


Auch dies ist kein Roman, sondern eine Sammlung von Kurzgeschichten aus den Jahren 1958-1965 :
  • Brüder im All (Final encounter ,1964)
  • Der dritte Jon (Captain Bedlam ,1957)
  • Kannibalen (The pliable animal ,1962)
  • Kapitaen Honario Harpplayer (Captain Honario Harpplayer, R.N. ,1963)
  • Der Missionar (The streets of Ashkelon ,1962)
  • Rettungsaktion (Rescue operation ,1964)
  • Das Selbstportrait (Portrait of the artist ,1964)
  • Tod durch Unfall (Unto my manifold dooms ,1964)
  • Was Teddy sagt, wird gemacht (I always do what Teddy says ,1965)
  • Wegen besonderer Faehigkeiten (According to his abilities ,1964)
Es fehlt allerdings die Einführung von Brian Aldiss, die in der Originalausgabe die Geschichten einleitet. Zu den Geschichten selber : Was soll man dazu sagen ? Klassische amerikanische SF der Goldenen Jahre, allerdings mit einem deutlich weiterem Horizont geschrieben, als man aus den USA erwarten kann. Denn die Harrisons haben ihren Urlaub oft in Europa verbracht, die nationalistische Scheuklappensichtweise, die bei aller Liebe doch die US-amerikanische SF dominiert (hat ?), fehlt bei Harrison.
Wie gesagt, man kann über jede einzelne der Geschichten einen längeren Blog-Eintrag schreiben. Ich möchte hier nur eine hervorheben, "Der Missionar". Die Wesker kennen keine Gewalt und keine Religion, der Händler John Garth bringt ihnen stattdessen die wissenschaftliche Methodik bei. Als ein Missionar auftaucht und den Weskers von Gott erzählt, wenden sie diese wissenschaftliche Technik auf ihn an und kreuzigen ihn. Theoretisch hätte er nach drei Tagen auferstehen sollen, aber wie zu erwarten misslingt das Experiment. Stattdessen stellen die Weskers fest, daß sie jetzt Mörder sind. Deprimierend und ohne Happy-End kritisiert Harrison in dieser Story beide Extreme, die rein wissenschaftliche ebenso wie die rein religiöse Sichtweise. Wenn man die christlichen Fundamentalisten in den Staaten heutzutage betrachtet, haben diese und ähnliche frühzeitige Warnungen wenig gefruchtet.

Und gelesen habe ich auch wieder einen meiner Lieblingsromane :


Alan Dean Foster : The Man Who Used the Universe
Warner Books, New York 1983
315 Seiten

Erzählt wird die Geschichte von Kees van Loo-Macklin, aufgewachsen in einem Kinderheim. Seine ersten Schritte als Kleinkrimineller, der Aufbau seines kriminellen Imperiums, sein Wandel zur legalen Seite der menschlichen Gesellschaft bis hin zur Position des Herrschers des menschlichen Imperiums (für die, die das Buch schon gelesen haben : ;-) ) ist immer wieder ein Genuß. Faszinierend auch, das Foster die ganze Geschichte an einer rein psychologischen Motivation des Protagonisten aufhängt. Die Motivation des "Helden" ist das Kindheitstrauma des Verlassenwerdens durch die Mutter und der daraus resultierende Kontrollzwang. Ich les' den seit Jahren im amerikanischen Original, das Buch ist schon ziemlich derangiert. Ist aber auch auf Deutsch erschienen unter dem Titel "Dunkle Mission", Knaur SF 5789.

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