F.L. Wallace : Zielstern Centauri (Address: Centauri)
Terra SF 145, 11.11.1960
Deutsche Erstausgabe (gekürzt)
Originalausgabe 1955
Aus dem Amerikanischem von Lothar Heinecke
Titelbild : Karl Stephan
Sie sind Opfer schwerster Unfälle und Träger größter körperlicher Handikaps. Eigentlich müßten sie tot sein, doch die medizinische Wissenschaft hat ihnen das Überleben ermöglicht und sie zu "Biokompensatoren" gemacht.Ihres schockierenden Aussehens wegen werden sie vom Rest der Menschheit gemieden. Man hat einen Asteroiden zum Behindertenheim ausgebaut und sie ins Weltall abgeschoben. Sie aber, die Freaks, sind nicht bereit, tatenlos dahinzuvegetieren. Sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und suchen ihre Bestimmung unter fremden Sternen.Klappentext der MOEWIG-Ausgabe von 1986
Der obige Klappentext aus den 80ern ist relativ zahm. Deutlicher wird Günter M. Schelwokat in seiner Vorstellung des Romans Anfang der 60er :
Ein recht heftiger Stoff, der heutzutage gerade in Amerika wieder aktuell wird. Vor einem halben Jahrhundert unter dem Eindruck der Versehrten des II. Weltkriegs geschrieben, könnte man die Story sehr schön auf die Kriegsbeschädigten der amerikanischen Armee dieses Jahrtausends ummünzen.
F.L. Wallace (1915-2004) war Hobbyschriftsteller, aktiv in den 50ern und beginnenden 60ern. Hauptsächlich hat er sich als Kurzgeschichtenautor profiliert, "Zielstern Centauri" ist sein einziger Roman. Und auch dieser ist die Langfassung der Kurzgeschichte " Accidental Flight ", die 1952 in Galaxy erschien.
Ich war ganz überrascht, wie frisch sich dieser Roman noch las, thematisch als auch stilistisch. Einige Holprigkeiten dürften durch die Kürzung bedingt sein, die MOEWIG-Ausgabe von 1986 ist dann ja auch eine Neuübersetzung von Martin Eisele mit gut 200 Seiten.
Ich fand es schade, daß der Roman nicht weitergeht, daß die Geschichte der Krüppel und Mutanten – oder anders, aber genauso deutlich gesagt : der Behinderten – nicht weitergeht. Der Geschichte enthält Unmengen an Potential, allein die Idee, die körperlich Beeinträchtigten als einzige akzeptierte Botschafter des Erstkontakts agieren zu lassen, ist derartig genial, daß sie eigentlich weitergeschrieben werden muß. Ich glaube, gerade die in den 50ern/60ern etablierte Stilform der SF, die eine Mischung aus Hardcore-SF und Science Fantasy darstellt (und in der auch dieser Roman geschrieben ist), wäre dafür prädestiniert. Andererseits gibt es genügend moderne Stoffe, die noch nicht erzählt sind. Aber egal, in jedem Fall ist dieser Roman der tiefen 50er auch heute noch lesenswert.
Sehr interessanter Beitrag. Sehr gut fundiert. Hat mich bewogen, das Buch käuflich zu erwerben.
AntwortenLöschenSchreibe hier nur "anonym", weil ich die anderen Kategorien im Klappmenü nicht kenne/verstehe.