Judith & Christian Vogt : Die zerbrochene Puppe
Feder&Schwert 2012
400 Seiten, Taschenbuch, 12,99 €
ISBN 978-3-86762-156-4
Die Physikerin Æmelie von Erlenhofen stellt auf einer Konferenz in Venedig den Prototypen einer Brennstoffzelle vor. Kurz darauf dringen wandelnde Tote in ihre Unterkunft ein und töten die Wissenschaftlerin, der es gerade noch gelingt, ihrem Mann Naðan die Flucht zu ermöglichen. Das Letzte, was sie ihm mit auf den Weg gibt, ist ihre alte Porzellanpuppe, die von nun an Naðans beste Freundin wird, da sie mit der Stimme seiner verstorbenen Frau spricht. Die sterblichen Überreste Æmelies indes verschleppen die wandelnden Kadaver.Klappentext
Die Polizei kann der Spur bis nach Æsta, einer schwimmenden Stadt auf einem Eisberg, folgen, wo sie sich verliert. Naðan beschließt, weiter nach Æmelies Leiche zu suchen. Mittellos fahndet er zwischen Gewerkschaftlern, Huren und Opiumsüchtigen nach dem Täter.
Eine Odyssee beginnt, in deren Verlauf Naðan zahlreiche Irrungen und Wirrungen durchleben muss, ehe er einem schrecklichen Geheimnis auf die Schliche kommt.
Auf Empfehlung habe ich diesen Roman bereits vor einiger Zeit gelesen und war nicht allzu überrascht, daß er den DPP 2013 gewonnen hat. Die Alternativwelt wird kurz und präzise definiert, ohne sich in Details zu verlieren. Dann geht es schon los mit dem Abenteuer. Und, wie man dem obigem Klappentext entnehmen kann, werden da schon alle Register eines klassischen Abenteuerromans gezogen. Ohne den Science Fiction-Aspekt aus den Augen zu verlieren, was mir persönlich ausnehmend gut gefallen hat.
Trotzdem ist es kein SF-Roman im engeren Sinne, "Die zerbrochene Puppe" hat ihre Wurzeln in der klassischen deutschen Phantastik der Romantik. Mit deutlichen Anleihen an den Naturalismus, an ein, zwei Stellen fühlte ich mich schon etwas an uralte Kenntnisse aus dem Deutschunterricht meiner Oberstufe erinnert. Dieses Spagat der Stilformen wird das ganze Buch über durchgehalten, was seinen ganz eigenen Charme entwickelt und sehr viel zum Stimmungsbild beiträgt. So ist etwa das romantische Sehen nach seiner toten Æmelie von Naðan im Bordell auf Æsta faszinierend beschrieben. Dabei wird die altertümliche Form nicht übertrieben, insgesamt ist das Buch modern und wirkt auch beim Lesen so.
Æmelie, Naðan, Æsta : Die von den Vogts beschriebene Alternativwelt hat aus ihrer historischen Entwicklung heraus auch andere als die gewohnten lateinischen Buchstaben. Im ersten Moment irritierend stört es aber den Lesefluß in keinster Weise, weil man sich schon nach kurzer Zeit daran gewöhnt hat und die Namen als ganze Einheit liest. Ein schönes Beispiel dafür, wie man Exotik auch in der Sprache darstellen kann, ohne das eigentliche Ziel, das Erzählen einer Geschichte, aus den Augen zu verlieren. Ebenso ist die Sozialkritik deutlich formuliert, aber dezent dargestellt.
Insgesamt ein sehr lesenswertes Buch mit einen sehr gut zum Inhalt passendem Cover.
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