Der HUGO ist ein offener SF-Preis, bei dem sich jeder SF-Fan an den Nominierungen und der endgültigen Entscheidung beteiligen kann (mehr dazu gleich in einem weiteren Beitrag). In den vergangenen Jahren war die Beteiligung nicht wirklich prickelnd, es wurden teilweise weniger als 800 Stimmen abgegeben. Und wie es so ist, wenn sich niemand wirklich für etwas interessiert, hat eine kleine Gruppe den Preis dominiert. Und natürlich ihre eigenen Vorlieben gepusht, wer hätte das nicht ?
Alles kein Problem und absolut ok, wenn diese Gruppe sich nicht als die einzigen echten SF-Fans geriert hätten. Als vor mehreren Jahren Larry Correia nominiert war, fand er die Ablehnung, die er erfahren musste, gar nicht komisch :
I too was nominated for the Campbell for Best New Writer. As a young, new writer, who had grown up reading the great ones, I was super excited by this incredible honor. See, I was born around when you got your Campbell nomination. I was one of those fans who grew up believing it when great authors said things like “this is your award” and “this award belongs to the fans, the readers”.Quelle
Because I was naïve.
[...]
So I went out on the internet and started searching my name, trying to find out what the buzz was for the Campbell nominees. I started calling friends who belonged to various writer forums and organizations that I didn’t belong to, asking about what people thought of my books in there.
You know what I found? WorldCon voters angry that a right-wing Republican (actually I’m a libertarian) who owned a gun store (gasp) was nominated for the prestigious Campbell. This is terrible. Did you know he did lobbying for gun rights! It’s right there on his hateful blog of hatey hate hate! He’s awful. He’s a bad person. He’s a Mormon! What! Another damned Mormon! Oh no, there are two Mormons up for the Campbell? I bet Larry Correia hates women and gays. He’s probably a racist too. Did you know he’s part of the evil military industrial complex? What a jerk.
Meanwhile, I’m like, but did they like my books?
No. Hardly any of them had actually read my books yet. Many were proud to brag about how they wouldn’t read my books, because badthink, and you shouldn’t have to read books that you know are going to make you angry. A handful of people claimed to have my read my books, but they assured the others that they were safe to put me last, because as expected for a shit person, my words were shit, and so they were good people to treat me like shit.
Kurz zusammengefasst für unsere nicht fließend englisch sprechenden Fans : Larry Correia war nominiert für den Campbell Award (ein Teil der HUGO Awards für den besten Nachwuchs-Schriftsteller) und musste feststellen, daß es der dominierenden Wählergruppe nicht um seine Romane, sondern genau und nur um seine politische Einstellung ging. Deshalb war bereits vor der eigentlichen Abstimmung klar, daß er er (maximal) den letzten Platz belegen würde - obwohl niemand seine Geschichten gelesen hat. Die Gerechtigkeitsliga für die gesamtgesellschaftlich einzig richtige Meinungsbildung (abgekürzt SJW für "Social Justice Warriors") hatte zugeschlagen.
Als Larry Correia dies öffentlich sagte, wurde er als Lügner bezeichnet. (Tatsächlich nannte man ihn noch einiges andere, aber das lassen wir einmal zunächst dahingestellt.) Zusammen mit Vox Day organisierte er alternative Listen möglicher für den HUGO zu nominierende Werke und ...
Stop !
Vox Day ? VOX DAY !
Das männliche enfant terrible der amerikanischen SF. Nett gesagt. Etwas böser wird er auf Lake Hermannstadt beschrieben. Wie man an meiner Wortwahl merkt, bin ich zwar nicht einer Meinung mit Christoph Jarosch, finde aber auch nicht, daß er Unrecht hat. Vox Day aka Theodore Beagle ist ein ganz eigenes Thema. Er ist, genau wie K. Tempest Bradford und N. K. Jemisin, ziemlich pöbelhaft und hat in seinem Blog Vox Popoli einige ziemlich frauenfeindliche ("widerlich" sagte Jakob Schmidt, sehe ich genauso) Beiträge veröffentlicht. Den muß man nicht mögen. Wirklich nicht. Aaaaber : Woher kommt das, warum ist er eigentlich so geworden ? Nun, mir scheint's, als ob er diversen SJW-Hetztiraden mit gleicher Münze heimgezahlt und deshalb nicht nur als SFWA-Vorsitzender abgesetzt, sondern auch ansonsten beschimpft und angepöbelt wurde. Ist zwar alles kein Grund, sich so frauenfeindlich zu gerieren, aber eine Erklärung. Egal, heutzutage ist er ein eigentlich keiner Seite angehörender Anarchist, der immer wieder für Aufruhr sorgt. Und - bedauerlicherweise - einigen SJW-Hetztiraden als einziger gegenhält.
Das war's also zu Vox Day, weiter zum HUGO, der ...
Stop !
Andere Listen, die Nominierungen vorschlagen ? Kann doch eigentlich gar nicht sein. Dem Aufruhr, den die diesjahrige Sad Puppies-Liste (Begriff erkläre ich gleich) hervorgerufen hat, war das doch etwas ganz Neues, das den HUGO Award zu zerstören droht. Tatsächlich aber sind Listen, ebenso wie fandomweite Marketing-Kampagnen gang und gäbe, gerade von Tor.com wird das regelmäßig gemacht. Was auch in keinster Weise zu verurteilen ist, schließlich hat Tor diverse gute SF/F veröffentlicht und ihre Publisher, Patrick und Theresa Nielssen-Hayden sind überzeugte SJW. Hört da irgendwer die Nachtigall trapsen ? Aber nur ganz zart. Zurück zu den Listen, diese wurden seit Jahren von Tor.com und anderen veröffentlicht, ebenso wie die ebenfalls den SJW zugehörigen Autoren Scalzi und Stross ihre Empfehlungen auf ihren Blogs veröffentlicht haben.
Aber hey, das ist weder verwerflich noch irgendwie zu verurteilen. Ich habe für den DSFP doch auch meinen Entscheidungsprozess hier öffentlich gemacht. Und ich bin mir nicht klar, inwieweit die von Thorsten Küper und Michael Iwoleit daraufhin initiierte Diskussion zur Entscheidungsfindung beigetragen hat. Und das ist - mit Verlaub - auch ganz gut und richtig so. Besser als irgendwelche Mauscheleien hinter verschlossenen Türen, die zu Ergebnissen führen, die niemand nachvollziehen kann.
Zurück zu Correia und Vox. Sie haben jetzt eigene, nicht-SJW Science Fiction zu nominieren versucht. Diese Kampagnen haben sie offen und für alle einsehbar im Netz geführt. Und einen Aufruhr sondergleichen verursacht. Ich meine : Vox Day ! VOX DAY ! Der übrigens einen eigenen Verlag Castalia House, angemeldet in Finnland, ins Leben gerufen hat. (Woraufhin übrigens dieses Jahr finnische Fans unter den Generalverdacht gestellt wurden, frauenfeindliche und rassistische Leute zu sein.) Und Larry Correia, ein rechter Waffen- und Rollenspielfetischist. Keine echten SF-Fans, böse, böse. Oder auf SJW-amerikanisch : WrongFans and BadThink. (Wer glaubt, daß ich mir das aus den Fingeern sauge, möge googeln.)
Anyway, SP1 vor drei Jahren habe ich nicht mitgekriegt. Aber SP2 letztes Jahr, als Larry Correia für "Warbound" nominiert war. Ich habe selten so offenen Rassismus und Menschenhaß gesehen wie den, der nach Bekanntwerden dieser Nominierung über diesen Autor ausgeschüttet wurde. Und das Nicht-Gewinnen des Hugos von Correia wurde von den SJW als Zurückweisung eines rassistischen und frauenfeindlichen A*...lochs gefeiert. Um mit Jakob Schmidt zu sprechen : Es war einfach widerlich ! Wer Genaueres wissen will, der möge Larry Correias Beitrag auf seinem Blog lesen : An explanation about the Hugo awards controversy. Wohlgemerkt, dieser Beitrag ist von April 2014.
Dieses Jahr hat die Sad Puppy-Gruppe wieder eine Vorschlagsliste publiziert. Im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren aber weniger politisch orientiert, sondern tatsächlich als Vorschlagsliste für die besten SF-Werke des vorangegangenen Jahres. Denn den Schrott, den man im Jahr 2014 nominiert hat, muß man nun wirklich nicht lesen. Na gut, ist übertrieben. Aber da ist wirklich eine ganze Menge Müll zwischen. Ich will gar nicht einmal Ann Leckie mit ihrem Erstling hier als Beispiel anführen, obwohl selbst Ralf Steinberg im Lesezirkel auf SF-Fan den nur mittelmäßig fand. Und Ralf ist jemand, der jeden Dath als Offenbarung feiert. (Sorry, Ralf, aber Dein lauwarmes Fazit hat mir diesbezüglich echt den Rest gegeben.) Wie gesagt, Ann Leckie ist nicht das Ende der Fahnenstange. Tatsächlich wurde dieser Schrott nominiert : If You Were a Dinosaur, My Love. Jede einzelne Geschichte, die ich in den letzten fünf Jahren für den DSFP gelesen habe, ist besser als dieses Ding. Wir deutschen SF-Fans sollten unsere eigene Slate bilden, wenn das das Beste ist, was die Amis vorzuweisen haben. Iwoleit, Küper und Haubold stecken diese SF-Freaks aber locker in die Tasche, vom Rest einmal abgesehen. Da schreibt ja sogar Dirk van den Boom tiefsinnigere SF.
Egal, die Sad Puppy-Gruppe hat also dieses Jahr wieder eine Vorschlagsliste gebaut. Und sind zu ihrem eigenen Erschrecken weit über das Ziel hinausgeschossen. Unter der Führung von Brad Torgersen haben sie Leute jedes Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung, jeder Hautfarbe und jeder politischen Orientierung mit auf ihre Vorschlagsliste genommen, Hauptsache, sein Beitrag zur SF war es wert, nominiert zu werden. Warum ich diese Verschiedenheit so betone ? Weil dieser Vorschlagsliste ("Slate") nachgesagt wurde, nur "rechte" SF zu enthalten, nur von weißen Heteros und nur von Männern zu stammen. Was die Autorinnen Hoyt und Sanderson ganz beonders amüsiert. Einige AutorInnen haben es sich verbeten, für gut genug gehalten zu werden, um von erfolgreichen Schriftstellern vorgeschlagen zu werden. Jim Butcher, der endlich auch auf der HUGO-Nominierungsliste steht, sagte dazu das einzig Richtige : "Wenn Leute meine Romane für gut genug halten, um sie für den HUGO vorzuschlagen, soll ich mich dagegen wehren ?"
Weit übers Ziel hinausgeschossen ist diese Vorschlagsliste deshalb, weil sie dieses Jahr die gesamten HUGO-Nominierungen dominiert. Praktisch nichts von den bisherigen SJW-Vorschlägen der Hayden/Scalzi/Stross-Gruppe ist durchgekommen und hätten Larry Correia und Brad Torgersen nicht ihre eigenen Nominierungen abgelehnt, wäre dieses Jahr auch Ann Leckie wahrscheinlich nicht nominiert worden. Verstärkt wurde das Ganze noch dadurch, daß Vox Day (genau : VOX DAY) eine eigene Slate unter dem Titel "Rabid Puppies" veröffentlicht und durchgepeitscht hat. Mit dem Ergebnis, daß die HUGO-Nominierungen dieses Jahr deutlich gehaltvoller als in den Vorjahren sind. Und deutlich weniger auf WASPs fixiert. WASP, so habe ich es vor Jahrzehnten in der Schule gelernt, ist das Akronym für White Anglo Saxon Persons, und wer sich die HUGO-Gewinner der letzten Jahre ansieht, hat das Gefühl, nur diese Gruppe würde preiswürdige SF schreiben. Aber seltsamerweise wurden von eben diesen WASPs die anderen immer als rassistische Weiße bezeichnet...
(to be continued)
Was sind denn die "bisherigen SJW-Vorschläge". Ist doch schön, wenn man sich in seiner Verschwörungstheorie-Welt so schön eingerichtet hat …
AntwortenLöschenHast Du was zu sagen oder willst Du nur pöbeln, Simon ?
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