David Weber : Der Widerstand (Out of the Dark, 2010)
Aus dem Amerikanischem von Ralph Sander
Bastei Lübbe 2012, 528 Seiten, 15,- €
ISBN : 978-3404206735
Leseprobe bei Bastei-Lübbe
Mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung stirbt in den ersten Minuten. Die Feinde kommen aus dem Nichts. Sie nennen sich die Shongairi und haben die Menschheit von einer Sekunde auf die andere in einen brutalen Krieg gestürzt. Die meisten Städte liegen in Trümmern, radioaktiv verseucht. Das Militär ist versprengt und versucht, sich wieder zu organisieren. Eines ist gewiss: Über kurz oder lang werden die Aliens die Menschen vernichten. Doch die Menschen haben Verbündete. Im Dunkeln.[Klappentext]
Aliens überfallen die Erde. Häh ??? Liefern sich hier Ringo und Weber einen Konkurrenzkampf, wer den besseren Invasionszyklus schreiben kann ? Egal, der Leser profitiert in jedem Fall.
Wie schon John Ringo in "Live free or die" stellt David Weber die Aliens als "anders", als wirkliche Nichtmenschen, dar. Auch hier ist die intergalaktische Alien-Förderation alles andere als homogen, wie bei Ringo sind diese Differenzen der Alien-Spezies untereinander die einzige Möglichkeit der Menschen, der überlegenen Alien-Technologie zu widerstehen. Während John Ringo typisch heinleinsch mehr die wirtschaftlich-sozialen Unterschiede betont, legt David Weber den Fokus auf die psychologische Andersartigkeit der Aliens, zu den Menschen als auch untereinander. Dabei stellt er deutlich dar, daß das moralische Selbstbild von nicht-agressiven Pflanzenfressern nicht notwendig auch ein ethisch hochstehendes und friedliebendes Handeln impliziert. Tatsächlich hatte ich den Eindruck, als würde Weber mit der Darstellung der vegetarischen Barthoni, denen auch ein Genozid nicht fernliegt, ein deutliches Statement zu einigen Auswüchsen der globalen Öko-Bewegung abgeben. Aber ich kann mich täuschen.
Was David Weber sehr schön gelingt, ist die Darstellung der Andersartigkeit von Aliens. Besonders die psychologisch den Menschen sehr nahestehenden Shongairi, die die Invasionsstreitmacht stellen (und damit auch sozusagen die Alien-Hauptrolle übernehmen), sind angenehm anders. Sie haben einen Unterwerfungsreflex, genügend Gewalt und sie ergeben sich. Ganz im Gegensatz zu den Menschen, siehe Alamo, Thermopylen, die Galactica etc.etc.etc.. Die aus dieser Differenz resultierenden Mißverständnisse und das vollständig unterschiedliche Verständnis eines korrekten ethischen Verhaltens macht besser als alles Andere die Unterschiedlichkeit von Menschen und Shongairi deutlich.
ACHTUNG ! HEFTIGER SPOILER !
Im Gegensatz zu vielen anderen Kritiken fand ich die Ereignisse im letzten Teil des Romans genial. Gekonnt verbindet Weber hier klassische SF mit dem ebenso klassischen Dracula-Mythos, ohne auch nur ansatzweise in die Fantasy abzugleiten. [Wobei ich Fantasy nicht als negativ darstellen will, aber das würde einfach nicht zum Thema und zum Rest des Buches passen.] Und genüßlich hat Weber den Auftritt der Vampir-Schwadron unter der Führung des unsterblichen Draculas sorgsam vorbereitet und genügend Hinweise auf die Identität von Dracula eingestreut. Wobei mir auffiel, daß insbesondere in diesen Szenen "Der Widerstand" extrem visuell ist, man sieht und hört sozusagen Christopher Lee in der Rolle des Mircea Basarab.
Für mich besonders interessant war die Lektüre dieses Romans so kurz nach dem deutlich früher geschriebenen Dahak-Zyklus. Ein Vergleich dieser Frühwerke mit David Webers aktuellem Roman zeigt deutlich die künstlerische Weiterentwicklung des Autors in den vergangenen 20 Jahren. Während er bei der Dahak-Trilogie noch sehr stark beschreibend versuchte, Situationen darzustellen, zeigt er diese im "Widerstand". Er ist sich auch nicht zu schade, Helden des Widerstands detailliert und liebevoll aufzubauen, so daß ihr Tod im weiteren Verlauf des Romans um so tragischer ist. "Show, don't tell" - dieses Prinzip hat David Weber hier herausragend angewandt. Damit hat er nicht nur einen dicken, sondern auch einen sehr dichten Roman geschrieben, technisch meiner Meinung nach besser als alle vorhergehenden von ihm. Zumindestens die, die ich gelesen habe.
Meiner Meinung nach hat diese Qualitätssteigerung von Weber genau einen Grund : Er schreibt und schreibt und schreibt und schreibt. Von "Dahak" bis zum "Widerstand" hat er sich kontinuierlich (auch) durch reines Schreiben, durch Training also, verbessert. Und genau hier, genau an dieser Stelle, sehe ich die Analogie zu Ben B. Black und Dirk Ganser. Beide habe dieses Jahr bei Begedia suboptimale gute Romane vorgelegt. Und bei beiden hatte ich den Eindruck, daß nicht mehr viel zur Preiswürdigkeit fehlte. Eine Menge Marginalien führte effektiv dazu, daß beide Romane trivial blieben. Und in beiden Fällen war mein erster Gedanke, daß diesen Autoren genau das Training fehlt, das David Weber in den letzten Jahrzehnten von einem guten zu einem brilliantem Story-Teller gemacht hat. In diesem Sinne, Leute : Schreibt, schreibt, schreibt, schreibt !
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