Sonntag, 18. Dezember 2011

Marcel Reich-Ranicki und die SF

Ich habe ja schon viel über MRR und seine Kommentare zur SF gehört, das aber nicht weiterverfolgt. Nachdem Stefan Manske, der Chef des SFCD, den Kommentar von Marcel Reich-Ranicki einmal verlinkt hat, kam ich endlich dazu, seine Meinung im Original zu lesen :
Mit der Science-Fiction habe ich mich nie ernsthaft beschäftigt. Gewiss habe ich in meiner frühen Jugend Jules Verne gelesen und später, nach dem Krieg, also in den fünfziger Jahren, auch Lem. [...]

Zu Lems Büchern bin ich nicht mehr zurückgekehrt, aber ich habe ihn in Warschau persönlich kennengelernt. Er war ein höchst gebildeter und intelligenter Mensch [...], aber wir sprachen beinahe nie über Literatur. Nie war von seinem Werk die Rede, so hat er auch nicht erfahren, dass ich seine frühen Bücher schon vergessen und seine späteren überhaupt nie gelesen hatte. [...]

Es trifft schon zu, dass die Science-Fiction-Werke, so erfolgreich sie auch sind, in der Literaturkritik nur ein dürftiges Echo finden. Natürlich ist das kein Zufall. Der wichtigste Grund mag sein, dass die unzweifelhaften Vorzüge dieser Prosa mit Kunst nichts zu tun haben.

Ich bitte meine Leser um Verständnis und Nachsicht, wir alle haben unsere Lücken.
Die vollständige Antwort findet man hier in der FAZ.

MRR hat also nichts gegen die SF gesagt, sondern schlicht und einfach seine Unkenntnis in diesem Bereich deutlich gemacht. Interessanterweise ist seiner Meinung nach das Literarische kein wesentlicher Vorzug der SF, ihre Stärken liegen nach Meinung von MRR auf anderen Gebieten. Und sind - und diese Aussage ist bemerkenswert - "unzweifelhafte Vorzüge dieser Prosa".

Wenn auch heutzutage mehr und mehr Literaten sich in dieses Feld hineinwagen, so muß man MRR in seinem SF-Kommentar doch im wesentlichen zustimmen. Die SF der Vergangenheit, insbesondere die des Golden und des New Age, ist eine Ideen-Literatur. Die Idee ist wichtiger als die literarische Ausformung. Sicher ist dies durch die früheren Veröffentlichkeitsmöglichkeiten bedingt, Pulps, Heftromane und Taschenbücher. Gerade die ersteren beiden Formen zwingen den SF-Schriftsteller, seine Idee kurz und knapp zu präsentieren. Erst in der letzten Zeit werden SF-Romane als Hardcover gedruckt, sind 750-Seiten-Taschenbücher Standard geworden. Und, nach meinem Empfinden, sofort sind die SF-Romane auch literarischer geworden. Nicht unbedingt besser, aber literarischer. Die nächsten Jahre, wenn immer mehr Nicht-Genre-Schriftsteller SF als Mainstream präsentieren, dürften interessant werden.

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