Dienstag, 20. Dezember 2011

Frank Borsch : Das Stardust-Attentat

Perry Rhodan Extra #8
(Blogeintrag im SFN vom Juni 2009)

Nachdem ich mich entschlossen habe, wieder bei der PR Erstauflage einzusteigen, ist mein erster Heftroman der "neuen" PR-Autoren von genau dem Autor, dessen "Alien Earth"-Triologie mich zu eben diesem Entschluß nach mehr als 20 Jahren PR-Abstinenz motivierte. Frank Borsch erzählt eine Geschichte aus dem Stardust-System.

Während die Terraner im Solsystem noch gegen die Terminale Kolonne TRAITOR kämpfen, haben 800 Millionen Menschen das Angebot von ES angenommen, in die "Fernen Stätten" zu migrieren. Hier leben sie, abgeschnitten von Terra, im Stardust-System, ein Planetensystem, das viele neue Wunder zu bieten hat. Bei der ersten Wahl eines Administrators kommt es zu einem Eklat : Ein ehemaliger Missionsspezialist tötet den Herrscher der Indochimi. Es gelingt aber, eine Konfrontation zu verhindern und Menschen und Außerirdische des Stardust-Systems zu friedlicher Koexistenz zu bewegen.

Bemerkenswert für mich sozusagen als Neuleser ist die Tatsache, wie problemlos ich in die Geschichte eintauchen konnte. Das präzise Vorwort, eines der Markenzeichen von PR, lässt wenig Fragen offen - um so mehr, als es Frank Borsch gelingt, weitere Fragen in Nebensätzen abzuhandeln. Insgesamt entfaltet sich auch vor dem "nicht-aktuellem" Leser das faszinierende Panorama einer exotischen Welt in einer nicht minder exotischen Ecke der Mächtigkeitsballung von ES.

Nicht weniger bemerkenswert ist der Paukenschlag, mit dem Frank Borsch den Roman beginnt. In einem ersten Absatz schildert er die Gedanken eines Terraners, der seine letzte irdische Zigarrette raucht. Die Wucht, mit der der Autor hier den Leser an der neuen Welt teilnehmen lässt, die kurzangebundene, lakonische Erzählweise ist mir nicht unbekannt : So, in diesem Stil, haben Scheer und Kneifel vor 40 Jahren den Ruhm von "Perry Rhodan" begründet. Natürlich nicht alleine, aber gerade diesen lakonisch-kurzangebundenen Stil habe die beiden über Jahre hinweg ganz besonders kultiviert, es war eines ihrer Markenzeichen. Das jetzt, Jahrzehnte später, ein Autor sich diesen Stil zu eigen macht und trotzdem eigenständig bleibt, empfinde ich als Fan gerade der frühen Kneifel-Geschichten als ganz besonders angenehm. Um so mehr, als die Eindringlichkeit des Romans auch zu keinem Zeitpunkt nachlässt, Frank Borsch schafft es, den Leser bei der Stange zu halten, den Heftroman zu einem Pageturner zu machen.

Wie üblich bei Borsch-Romanen wird die Geschichte aus mehreren Perpektiven und zeitlich asynchron geschrieben. Und auch wenn ich gerne einmal einen zeitlich linearen Roman von ihm lesen würde, so passt doch dieser Aufbau hier ganz besonders gut : Während auf der einen Seite im aktuellem Jetzt immer mehr von dem Stardust-System enthüllt wird, immer mehr auf eine friedliche Zusammenarbeit aller hingearbeitet wird, konterkarieren die Gedanken des Terraners, der der spätere Attentäter ist, immer mehr diese Harmonie. Und durch diese zwei Perspektiven gelingt es dem Autor ebenfalls, dem neuen oder, wie in meinem Fall, dem neueingestiegenem Leser Situation und Handlungsraum klarzumachen. Für mich zumindestens ist ein Sonderheft, daß die Entwicklung seit Band 1000 darstellt, nach der Lektüre dieses PR Extras nicht mehr nötig.

Insgesamt gesehen ein mehr als lesenswerter Roman mit vielen interessanten Figuren, faszinierenden Haupt- und Nebendarstellern, die Lust auf mehr aus diesem Teil des Universums machen. Einziger Mangel ist die Beschränkung auf einen Heftroman, ich glaube, als voluminöseres Taschenbuch hätte Frank Borsch noch deutlicher darstellen können, daß PR zwar alt, aber noch lange nicht altbacken ist. Eventuell würde auch schon eine Aufgabe der Beschränkung auf die Standard-Seitenzahl reichen, die 64-Seiten-Heftroman-Standardform ist jedenfalls nicht das Optimum.

PR Extra #8 enthält aber noch mehr als "nur" den Roman von Frank Borsch. Neben einer Hörbuch-CD ("Schattensignale von Ceres" von Susan Schwartz, gelesen von Katharina Brenner) ist in der Mitte des Heftes noch eine Beilage "Das Stardust-System". Hörbücher sind ja nun so garnicht mein Fall, da mag sich jemand zu äußern, der diese auch gerne konsumiert. Ich für meinen Teil finde es schade, daß auf der CD nicht auch die Story als pdf-File enthalten ist, hier hätte auch ein (oder mehrere ?) Graphiker ein ausgiebiges Betätigungsfeld. Farbige Innenillustrationen, das hätte doch einen gewissen Charme.
Und eigentlich sind Bilder sind auch garnicht so mein Ding, normalerweise reichen mir die Titelbilder und vielleicht (wie vor einigen Jahrzehnten) gelegentliche Innenillustrationen. Um so überraschter war ich von der Faszination, die die Beilage von Sven Papenbrock bei mir auslöste. In seinem ganz eigenem Stil schafft er es nicht nur, die Exotik des Stardust-Systems auch optisch umzusetzen, es gelingt ihm auch, die politische Botschaft des Romans in seinen Bildern zum Leser zu transportieren. Mir hat das ausnehmend gut gefallen, davon hätte ich gerne mehr.

Ich bin nach der Lektüre dieses PRE mehr als zuvor dazu entschlossen, ab 2500 wieder voll in die PR-Lektüre einzusteigen, mit der ich vor Jahrzehnten, bei Band 1000, aufgehört habe. Und mehr denn je bin ich sicher, von den heutigen Romanen der Erstauflage nicht enttäuscht zu werden. Genausowenig, wie ich von den Nachfolgern der Planetenromane, den Heyne-Ziegelsteinen, enttäuscht bin. Es ist offenbar gelungen, den großen PR-Autoren der Vergangenheit ebenso gute moderne Autoren entgegenzustellen. "Perry Rhodan" hat nichts von seinem Flair eingebüsst – und hat nichts von seinem Stil verloren. Und bei aller Verehrung, die ich den Großen Alten entgegenbringe, freue ich mich schon auf die neuen Romane der neuen Autoren. Dazu hat dieses Heft nicht wenig zugetan, ich kann es jedem Neueinsteiger nur warm ans Herz legen.

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