Montag, 23. Januar 2012

Gelesen im August, September, Oktober und November 2011 (IV)

So, bevor der Januar 2012 sich dem Ende zuneigt, sollte ich meine Leselisten für das letzte halbe Jahr endlich auf die Reihe kriegen. Aber bevor ich die weiterschreiben konnte, wollte ich doch noch so ein, zwei Kommentare zu einigen Reihen (McCaffrey, Dominic Flandry) ausführlich als Blogeinträge schreiben. Auch einige Bücher haben wollte ich ausführlicher besprechen, als das innerhalb einer Leseliste möglich ist. Aber das hab' ich ja jetzt geschafft und kann meine "Leselisten-Schulden" weiter abarbeiten. :-)

Was also habe ich alles in den letzten Monaten gelesen. Als erstes ist da der neue Eschbach zu vermelden :


Andreas Eschbach : Herr aller Dinge
Lübbe Hardcover 2011
690 Seiten, 22 €
ISBN 978-3785724293


Nett, aber etwas schwankend zwischen Jugendbuch und Erwachsenenliteratur. Und bei weitem nicht so nach meinem Geschmack wie "Ein König für Deutschland" oder "Black*Out". Details hier. Da fällt mir ein : Ich muß unbedingt noch den Nachfolger von Black*Out lesen, der liegt schon in meinem RUB. Auch und gerade in meiner Eigenschaft als DSFP-Juror.




Stefan Burban : Nahende Finsternis
Der Ruul-Konflikt #3
Atlantis-Hardcover 2011
280 Seiten


Ein sehr schönes Buch des neuen Military SF-Spezialisten. "Schön" im doppelten Sinn : Erstens gut geschrieben, das Lesen macht einfach Spaß. Und zweitens habe ich diesen Band ebenso wie seinen Vorgänger als Atlantis-Hardcover, was a) nicht wesentlich teurer als ein Paperback ist, b) schicker im Regal aussieht (allerdings auch mehr Platz einnimmt) und c) beim Lesen besser in der Hand liegt. "Das Auge liest mit." Sozusagen. Ich bin schon mal gespannt auf den dritten bzw. vierten Band des Ruul-Zyklus. Und neugierig, ob sich dieser ebenso alleinstehend ohne Kenntnis der Vorgänger lesen lasst wie die ersten beiden bei Atlantis erschienenen MilSF-Bände.
Düstere Vorzeichen
Nahende Finsternis




Poul Anderson : Dominic Flandry
Im Dienst der Erde (Ensign Flandry)
Roman, Originalausgabe 1966, Deutsche Erstausgabe 1967
Höllenzirkus (A Circus of Hells)
Roman,  Originalausgabe 1970, Deutsche Erstausgabe 1973
Rebellenwelt (The Rebel Worlds)
Roman, Originalausgabe 1969, Deutsche Erstausgabe 1971
Ehrenwerte Feinde (Agent of the Terran Empire / Flandry of Terra)
Kurzgeschichten, Originalausgaben 1951-1959
Am Ende des Weges (A Stone in Heaven)
Roman,  Originalausgabe 1979, Deutsche Erstausgabe 1982
Neuübersetzungen und chronologisch sortierte Ausgabe 2006-2008
Aus dem Amerikanischem von Dietmar Schmidt
Bastei-Lübbe SF-Spezial

Als Consultant bin ich ja oft außerhalb von Hamburg unterwegs, ein paar meiner Kunden sind in Hannover. Und dort gibt es direkt am Hauptbahnhof Schmorl & Seefeld, die große Buchhandlung in Hannover. (In der übrigens auch die Eschbach-Lesungen in Hannover stattfinden.) Als ich dort einen Großteil der Neuausgaben des Dominic Flandry-Zyklus heruntergesetzt sah, konnte ich nicht widerstehen. Obwohl ich diese bereits in früheren Ausgaben in meinen Regalen stehen hatte, war ich doch neugierig auf diese "Vollständige Taschenbuchausgabe". Hat sich auch gelohnt, Details hier. Bastei-Lübbe SF scheint sich auch immer mehr zum legitimen Nachfolger der klassischen Heyne Science Fiction und Fantasy zu entwickeln, die Qualität der Ausgaben ist meinem Empfinden nach in den letzten ein, zwei Jahren deutlichst angestiegen. Da werde ich dieses Jahr einmal genauer drauf achten.




Anne McCaffrey : Schiffs-Zyklus
Anne McCaffrey : The Ship Who Sang
Corgi Books 1980 (4. Auflage), 200 Seiten
Anne McCaffrey & Margaret Ball : Partnership
Baen Books 1992, 320 Seiten
Anne McCaffrey & Mercedes Lackey : The Ship Who Searched
Baen Books 1992, 300 Seiten
Anne McCaffrey & S.M. Stirling : The City Who Fought
Baen Books 1994, 430 Seiten
Anne McCaffrey & Jody Lynn Nye : The Ship Who Won
Baen Books 1995, 330 Seiten

Obwohl ich die Geschichten um die Brains & Brawns nicht mehr so unbelastet wie noch vor zwanzig Jahren lesen kann, hat mir dieser Zyklus doch wieder einmal Spaß gemacht. Anne McCaffrey ist eben eine große Geschichtenerzählerin und diese Kooperationen um Helva und ihre KollegInnen sind einfach schöne SF. Detailiertere Kommentare zu diesem Zyklus findet man hier.




Christoph Hardebusch : Sturmwelten
Sturmwelten
Unter schwarzen Segeln
Jenseits der Drachenküste
Heyne 52385 / 52397 / 52398
Erstausgaben 2008 / 2009 / 2010
720, 530 & 530 Seiten
ISBN : 978-3453523852 / 978-3453523975 / 978-3453523982


Markus Heitz promoted mit seinen Justifier-Romanen neue Schriftsteller. Dies ist zumindestens bei mir auf fruchtbaren Boden gefallen, ich habe unter anderem Christoph Hardebusch für mich entdeckt. Seine Sturmwelten-Romane sind eine gelungene Mischung aus Fantasy und Piratenroman, so frisch erzählt wie ich es seit meiner Kindheit nicht mehr in diesem Genre empfunden habe.

Ich muß auch unbedingt einmal einen Blogeintrag über alle bisher gelesenen Justifier-Romane machen, bisher verschwinden meine Kommentare dazu in den verschiedenen Leselisten. Das wird den Romanen nicht richtig gerecht, denn Heitz, Hardebusch und all die anderen AutorInnen haben mit diesen Romanen eine spannende, oftmals nicht-triviale Serie aus dem Boden gestampft.




Christian von Ditfurth : Der 21. Juli
Geest-Verlag Vechta, 2011
491 Seiten
ISBN 978-3-86685-293-8


Was wäre, wenn das Attentat auf Hitler geglückt hätte ? Und wie würden sich die Männer des 20. Juli danach verhalten ? Christian von Ditfurth legt mit diesem Roman (Originalausgabe Droemer, München 2001) eine faszinierende Parallelweltgeschichte vor, die letztes Jahr in einer schönen neuen Aufmachung im Geest-Verlag neu herausgegeben wurde. In der deutschen Wikipedia steht eine ausführliche Inhaltsangabe des Romans nebst einer Darstellung dieser anderen Welt, mein Kommentar dazu findet sich hier.




Dirk van den Boom : Eobal
Atlantis-Verlag 2011
170 Seiten
ISBN 978-3-941258-58-7 (Paperback)


Dirk van den Booms Version eines Diplomaten der Sterne. Ähnlichkeiten mit James Retief und Dominic Flandry sind nicht abzuleugnen, mehr als eine Hommage an diese beiden ist in DiBoos Roman jedoch nicht vorhanden. Bisher der beste Roman aus seiner Feder, spannend, detailreich und insgesamt echt gelungen. Meine Frau als auch ich fiebern nach einer Fortsetzung, möglichst schon in diesem Jahr.




Clark Darlton : Die Zeit ist gegen uns
HJB – Utopische Klassiker, Neuwied 1996
174 Seiten
ISBN 3-930515-61-X
William Voltz : Die letzten Menschen der Erde
HJB – Utopische Klassiker, Neuwied 1996
174 Seiten
ISBN 3-930515-62-8


Zwei Klassiker, die schon einige Zeit bei mir im Regal standen und die ich jetzt endlich einmal gelesen habe. Sehr schöne Ausgaben, allerdings recht triviale Romane, die die Zeit überholt hat. Für Leute, die sich für die deutsche SF der 50er und 60er interessieren, ein gelungener Einstieg.
Clark Darlton : Die Zeit ist gegen uns
William Voltz : Die letzten Menschen der Erde



Harald Giersche (Hrsg.) : Prototypen und andere Unwägbarkeiten
ISBN 978-3-981394603
Begedia-Verlag 2011, phatastic episodes V, 200 Seiten


Daß auch abseits von NOVA und den Anthologien des Wurdack-Verlags gelungene Kurzgeschichten-Sammlungen herausgegeben werden können, beweist einmal mehr der Begedia-Verlag. Wenn auch nicht jede Story gelungen ist, habe ich die "Prototypen" doch genossen. Eine detaillierte Meinung zu jeder Story habe ich hier geschrieben. Wenn ich die Geschichten mir jetzt noch einmal vor Augen führe, kann ich keinen Favoriten benennen, in dieser Anthologie waren viele Stories enthalten, die mir ausnehmend gut gefallen haben.

Sonntag, 22. Januar 2012

Andreas Brandhorst : Das Artefakt


Andreas Brandhorst : Das Artefakt
Heyne 52863
Originalausgabe 2012, Paperback 650 Seiten
ISBN: 978-3-453-52865-9
Leseprobe


600 Jahre nach dem Ereignis spitzen sich die Konflikte der Menschen wieder zu, als die Gefallenen Welten und die Ägide um das Artefakt auf dem Planeten Heraklon kämpfen. Es scheint, als ob durch diese agressiven Handlungen jegliche Chancen der Menschheit, in die Gemeinschaft der Hohen Mächte aufgenommen zu werden, zunichte gemacht worden sind ...

Genau wie in dieser Inhaltsangabe wird der Leser im neuen Brandhorst sozusagen einfach ins kalte Wasser geworfen. Von der ersten Zeile an erzählt der Autor die Geschichte so, als wäre der Leser mit den historischen Begebenheiten seit dem Ereignis vertraut. Und auch das, was das Ereignis tatsächlich ist, löst Andreas Brandhorst erst im Verlauf der Geschichte auf – und nicht in der ersten Hälfte des Romans. In der Zwischenzeit liest man Science Fiction pur, so als hätte Brandhorst sie erfunden.

Ich möchte dies an dieser Stelle einmal etwas polemisch bewerten : Andreas Brandhorst pfeift auf die Doofen, denen man alles erst dreimal erklären muß und die unbedingt eine explizit-deutliche Darstellung des Settings und der bisherigen historischen Entwicklung benötigen, sondern adressiert seinen neuen Roman an die intelligentere Species der SF-Fans. Ganz bewusst lässt er den Leser teilweise alleine sich seine Gedanken machen, ganz bewusst überlässt er viel der Phantasie vor dem Papier bzw. Bildschirm.

Ich werde hier, an dieser Stelle, nicht mehr über den Inhalt verraten. Ganz bewusst nicht. Denn Brandhorst spielt mit der Phantasie seiner Leser, die erste Lektüre dieses seines neuen Romans ist etwas ganz Besonderes, die zweite Lesung dürfte ein ganz anderes Flair haben. Was man aber, ohne viel über den eigentlichen Inhalt zu verraten, sagen kann, ist daß Andreas Brandhorst sich in diesem SF-Roman mit Entwicklungshilfe auseinandersetzt. Wieviel Hilfe darf man weniger entwickelten Völkern angedeien lassen, wie stark darf man sich in innere Belange einmischen oder sollte man es ganz lassen ? Nicht, daß Brandhorst hier die Ultima Ratio zu Schau stellt, er wirft diese Fragen nur auf und lässt den Leser sich damit beschäftigen.

Ein sehr empfehlenswerter Roman, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

Gedankenbilder reinen Staunens

Man kann, lehrt Hamiltons Werk, die Science-Fiction (wie das erwachsen gewordene Genre schließlich heißen sollte) eben nicht nur wie die Schule der Planer und Rechner (Wells, Asimov, Egan), wie die romantisierenden Historienmaler des Niegewesenen (Olaf Stapledon, Robert A. Heinlein, Frank Herbert) oder wie die avantgardistischen Parabeldichter (Samuel R. Delany, Joanna Russ) denken, sondern auch als unerschöpfliches Reservoir von Gedankenbildern reinen Staunens (“Sense of Wonder“). Nimmt man die manchmal für derlei gebrauchte Wendung „Space Opera“, Weltraumoper, beim Wort, so gilt die Eselsbrücke: Hamilton ist Wagner, Heinlein ist Verdi, Asimov ist Mozart (und Samuel R. Delany ist Alban Berg).

Dies ist ein Auszug aus dem hier angesprochenen Artikel von Dietmar Dath über Edmond Hamiltons "Captain Future". Ein sehr lesenswerter Artikel, amüsant, witzig, liebevoll, kenntnisreich und sehr geschliffen formuliert. Wie auch schon seine anderen Artikel in der FAZ unbedingt lesenswert.

Der Gentlemanprophet - Nachruf auf Arthur C. Clarke
Früher war alles viel flächiger - Neu im Kino: „Captain America“
Imperialist der Vernunft - H. G. Wells
Er konnte alles außer irdisch - Robert A. Heinlein
Das Sternenkind in Syntheseide - Comic-Legende „Captain Future“

Samstag, 21. Januar 2012

Poul Anderson : Dominic Flandry


Poul Anderson : Dominic Flandry
Im Dienst der Erde (Ensign Flandry)
Roman, Originalausgabe 1966, Deutsche Erstausgabe 1967
Höllenzirkus (A Circus of Hells)
Roman,  Originalausgabe 1970, Deutsche Erstausgabe 1973
Rebellenwelt (The Rebel Worlds)
Roman, Originalausgabe 1969, Deutsche Erstausgabe 1971
Ehrenwerte Feinde (Agent of the Terran Empire / Flandry of Terra)
Kurzgeschichten, Originalausgaben 1951-1959
Krieger aus dem Nirgendwo (Agent of the Terran Empire / Flandry of Terra)
Kurzgeschichten, Originalausgaben 1954-1961
Schattenwelt (A Knight of Ghosts and Shadows)
Roman,  Originalausgabe 1975, Deutsche Erstausgabe 1982
Am Ende des Weges (A Stone in Heaven)
Roman,  Originalausgabe 1979, Deutsche Erstausgabe 1982
Neuübersetzungen und chronologisch sortierte Ausgabe 2006-2008
Aus dem Amerikanischem von Dietmar Schmidt
Bastei-Lübbe SF-Spezial


Zu meinen frühesten Leseerfahrungen gehören auch die Romane von Poul Anderson. Etwa seine Geschichten über die Polesotechnische Liga, eine Händlervereinigung der terranischen Planeten, über Nicholas von Rijn oder David Falkayn und seine Mannschaft.

Meines Wissens beschreibt Poul Anderson in seiner Future History nicht den Übergang von dieser merkantil-demokratischen Union zu einem dekadentem terranischem Imperium. Doch in den Romanen um Dominic Flandry wird regelmäßig darauf Bezug genommen und Geschehnisse aus der damaligen Zeit weitererzählt.

Dominic Flandry begegnet uns im ersten Band der Flandry-Saga als blutjunger Fähnrich. Zu seiner Zeit ist von Demokratie keine Rede mehr, das terranische Imperium wird von einem (wahnsinnigem) Kaiser und einer dekadenten Clicque von Höflingen beherrscht. Nepotismus und Korruption findet man überall vor, begünstigt durch Adlige, die sich vermeintlich als besser als der Normalmensch ansehen. Durch Flandrys offene Einstellung gegenüber Nichtmenschen, die in dieser Zeit dem allgemeinen Konsens der terranischen Oberschicht zuwiderläuft, wird er in eine Geheimdienstoperation auf dem Planeten Starkad verwickelt. Denn junge, aktivere Rassen, allen voran die Merseianer, bedrängen die Grenze des terranischen Imperiums und versuchen, die terranische Marine so zu schwächen, daß sie Annektionen entlegener terranischer Kolonien nichts mehr entgegenzusetzen hat. Abrams, Chef des terranischen Geheimdienstes, durchkreuzt zusammen mit Flandry den Plan der Merseianer, mittels eines Irrläufers und einer hochgespielten politischen Situation Naturphänomene als Waffe zu benutzen.

In der Folge, d.h. in den weiteren Romanen des Zyklus, kämpft Flandry immer wieder gegen die Pläne der Merseianer. Er versucht, das Interregnum, das dem Fall des terranischen Imperiums folgen und die einzelnen, von Menschen bewohnten Planeten voneinander isolieren und in die Barbarei zurückfallen lassen würde, immer weiter hinauszuschieben. Dies wird zu seiner Lebensaufgabe. Und so begegnen wir in jedem weiterem Roman einem immer älterem, immer mehr desillusioniertem und immer melancholischer werdendem Flandry. Denn er erkennt, daß er das Interregnum nur hinausschieben, nicht verhindern, kann. Dies spiegelt sich auch im Stil der Romane wieder, die immer melancholischer und (bis zu einem gewissem Grad) depressiver werden. Inhalt und Stil bilden hier eine Einheit.

Wobei man meiner Meinung nach die Geschichten um Dominic Flandry nicht alleine sehen darf. Denn vorangegangen sind die himmelstürmenden Romane um die Polesotechnische Liga mit ihrer optimistischen Lebenseinstellung und dem "Was kostet die Welt ?"-Feeling. Die Flandry-Saga ist sozusagen der Antiklimax zu diesen früheren Geschichten. Wobei "früher" in diesem Kontext nur innerhalb Poul Andersons Future History zu verstehen ist. Denn die optimistischen Romane der Liga wurden von Poul Anderson parallel zu den melancholischen um Flandry und das Imperium geschrieben. Alle Romane, Kurzgeschichten und Novellen datieren etwa aus den Jahren 1950 bis 1980.

Bemerkenswert bei der Dominic Flandry-Saga ist die Ähnlichkeit von Flandry mit James Bond. In jeder Geschichte kommt (mindestens) eine Frau vor, die von Flandry vor irgendwelchen Unholden o.ä. beschützt wird. Ebenso wie Bond benutzt er gerne technische Gimmicks und verlässt sich stark auf seinen Intellekt. Dies wird sehr schön durch die aktuellen Baen-Ausgaben illustriert :



Allerdings erschienen die ersten James Bond-Geschichten erst zwei Jahre nach der ersten Flandry-Story.

Wie ich eingangs sagte, lese ich Poul Anderson seit fast vier Jahrzehnten. Und natürlich bleiben meine ersten Bücher von ihm (etwa die Falkayn-Ausgabe der TERRA Taschenbücher) unvergesslich. Als vor einigen Jahren der Bastei-Verlag diese Serie in neuer, garantiert ungekürzter Übersetzung herausgab, wurde ich zwahr neugierig, konnte mich aber nicht zum Kauf durchringen. Als sie dann vor kurzem heruntergesetzt in der Hannoveraner Buchhandlung "Schmorl & von Seefeld" auslagen, konnte ich nicht mehr widerstehen und habe mir alle Exemplare, die es dort gab, besorgt. Leider waren dort nicht alle Bände vorhanden, einer der schönsten, A Knight of Ghosts and Shadows, fehlt mir in dieser Neuübersetzung noch. Soweit ich es aber nach den mir vorliegenden Bänden beurteilen kann, wurde die klassische Übersetzung behutsam modernisiert und viele unpassende Stellen verbessert. Auch die Stimmung der alten Übersetzungen wurde gut erhalten und behutsam modernisiert, so daß ich jedem diese Übersetzung nur empfehlen kann.

phantastisch! #45 (II)

Horst Illmer : Update

Was ich immer wieder gerne lese ist "Update", die Kolumne von Horst Illmer, in der er über Nachrichten und Neuerscheinungen der pantastischen Szene berichtet. In Mini-Artikeln werden einzelne Bücher, Ereignisse oder sonstiges Berichtenswertes dargestellt. Diesmal ist mir insbesondere der Kurzbericht über Dietmar Daths FAZ-Artikel, in dem er sich mit Edmond Hamilton beschäftigt, aufgefallen. Den hätte ich ansonsten definitiv verpasst, aber so habe ich vielleicht noch eine Chance, ihn mir zu besorgen.


Tad Williams (Interview durch Carsten Kuhr)

Interviews sehe ich immer mit gemischten Gefühlen entgegen. Ich stehe mehr auf Rezensionen, Besprechungen und Artikel. Dieses Interview war allerdings sehr hilfreich. Denn wenn man auf die Frage, warum man keine Bücher für Erwachsene schreibt, zugibt, dies nicht zu können, psychisch dazu weder in der Lage noch geistig reif genug zu sein, kann ich den Autor für mich unter "nicht lohnenswert" ablegen. Was ich hiermit getan habe.


Christian Endres : eBook – Das Buch der Zukunft ?

Christian Endres befasst sich mit dem eBook und seinen Chancen für die nächsten Jahre. Dabei lässt er hauptsächlich Autoren, Verleger und Buchhändler zu Wort kommen. Für mich, der ich mich intensiv mit diesem neuen "Feind" meines heissgeliebten TotenBaumProdukts beschäftigt habe, ergaben sich keine neuen Gesichtspunkte. Allerdings empfand ich diesen Artikel als sehr gute Zusammenfassung des augenblicklichen Stands des neuen Mediums. Wer sich also kurz, knapp und präzise über die aktuelle Positionierung des eBooks informieren möchte, dem sei dieser Artikel ans Herz gelegt.


Horst Illmer : Miriam Meckel

Miriam Meckel, die Lebensgefährtin von Anne Will, hat ein Buch geschrieben. Da drin laden sich doch glatt Menschen in das Internet hoch. Boah, eyh, echt was Neues. So eine Idee gab's ja noch nie nich' in der SF. Das musste unbedingt ausführlich besprochen werden, wah ? Ernsthaft : Für so altbackenen Kram ein Zwei-Seiten-Portrait zu verschwenden, ist mir unverständlich. Den Platz hätte man sinnvoller nutzen können.


Christian Endres : Gangster, Vampire und Aliens

Christian Endres schreibt über "Turf", das Comic-Debut von Jonathan Ross. Comics sind nicht meine Welt, von daher kann ich schlecht etwas dazu sagen. Allerdings kam mir der Artikel sehr ausführlich und qualifiziert vor.

Richard Kadrey (Interview durch Christian Endres)

Ein interessantes Interview mit einem Autor, den ich noch aus den ausgehenden 80ern kenne. Vielleicht sollte ich seine "Sandman Slim"-Reihe einmal antesten ?


Christian Hoffmann : Return of the Fuzzies

Christian Hoffmann nimmt die Nacherzählung "Fuzzy Nation" von John Scalzi zum Anlass, sich einmal intensiver mit dem Original "Little Fuzzy" von H. Beam Piper und den Folgebänden dazu zu widmen. Ein sehr ausführlicher und kritischer Artikel, der sich dem Fuzzy-Hype in allen Spielarten widmet. Eine empfehlenswerte Lektüre für jeden SF-Interessierten.


Manuela Braun : Science oder Fiction (DLR-Sonderdruck)

Ein Sonderdruck aus dem DLR-Magazin 131, in dem die Realität hinter dem Film "Moon" von Duncan Jones beleuchtet wird. Eine gute Idee : Statt das Rad neu zu erfinden, lässt man lieber diejenigen etwas zu den physikalischen und sonstigen Hintergründen sagen, die sich mit der Sache auskennen. Gerne wieder. Allerdings vielleicht beim nächsten Mal mit einer kurzen Einführung über das DLR und die Autorin.

Sonntag, 15. Januar 2012

phantastisch! #45 (I)


Bezugsquelle : Verlag Achim Havemann

phantastisch! ist die Zeitschrift für phantastische Literatur aller Spielarten, Erscheinungsweise vierteljährlich, Preis 5,30 €. Und wer diese Zeitschrift nicht kauft, ist selber schuld : Er verpasst nämlich etwa 3/4 der wichtigen Publikationen des phantastischen Genres.

Ich wollte immer, bei jeder Ausgabe, eine ausführliche Besprechung der einzelnen Artikel schreiben, aber immer kam mir irgendetwas dazwischen. Und es ist ja auch nicht wenig, auf den 60 Seiten einer einzigen Ausgabe sind ja doch ziemlich viele Artikel mit einer erheblichen Informationsdichte vorhanden. Aber bevor das diesmal auch wieder untergeht, schreibe ich das in Häppchen, Kommentare zu einzelnen Artikeln, sofern ich Zeit und Lust habe.

Als erstes ist die im Fandom weitestgehend abgelehnte und von mir ganz besonders gemochte Kolumne "phantastisch! leben" von Johannes Rüster dran. Die lese ich immer als erstes, sogar noch vor "Update", den "Nachrichten und Neuerscheinungen" von Horst Illmer. Diesmal ging es bei Johannes Rüster um Superhelden als generationenübergreifende Sinnstiftung und die Perfidie der Comic-Verlage, selbe zu rebooten. Ich kann ihm nur zustimmen, setze mich zu Johannes und Opa auf die Ofenbank und lamentiere mit : "Ja, ist denn dieser Comic-Mafia gar nichts mehr heilig ?"

Ach so, und : "Episode IV comes first ! It's just good parenting !"

Inhaltsverzeichnis phantastisch! 45

Cover : Jan Hoffmann

Update - Nachrichten und Neuerscheinungen (Horst Illmer)

Interviews
Carsten Kuhr: Interview mit Tad Williams
Christian Endres: Interview mit Richard Kadrey
Bernd Jooß: Interview mit Hannes Riffel
Christian Endres: Interview mit Frank Festa
Bücher, Autoren & mehr

Leseprobe »Die Kanibalen von Candyland« von Carlton Mellick III

Johannes Rüster: phantastisch! leben – Folge 10: Heldenleben

Christian Endres: phantastisch! im Dialog – E-Book – Das Buch der Zukunft?

Horst Illmer: Zur Person: Miriam Meckel

Christian Hoffmann: Return of the Fuzzies

Sonderdruck aus dem DLR Magazin 131: Manuela Braun: Science oder Fiction?

Achim Schnurrer: Klassiker der phantastischen Literatur – Kindermann, Bahrdt und Geiger – Teil 3

Rezensionen


Im Heft
Horst Illmer: China Miéville »Der Krake«
Günter Puschmann: Tsutomu Nihei »ABARA«
Andreas Wolf: Brett McBean »Die Bestien«
Carsten Kuhr: Richard Kadrey »Sandman Slim – Höllendämmerung«
Dominic Grittner: Marcel Theroux »Weit im Norden«
Günter Puschmann: Syd Mead »Sentury II«
Andreas Wolf: Jeffrey Thomas »Tagebuch aus der Hölle«
Günter Puschmann: George Mann »Affinity Bridge«
Andreas Wolf: Stefan Melneczuk »Rabenstadt«

zusätzlich Im Internet
Dominic Grittner: Andreas Gruber »Ghostwriter«
Günter Puschmann: Kady Cross »Das Mädchen mit dem Stahlkorsett«
Sonja Stöhr: George Mann »Affinity Bridge«
Christian Endres: Cory Doctorow »For The Win«
Christian Endres: Patrick Rothfuss »Die Furcht des Weisen (1)«
Günter Puschmann: Bernd Perplies »Magierdämmerung – In den Abgrund«
Christian Endres: Joe R. Lansdale »Gauklersommer«
Günter Puschmann: Gail Carringer »Glühende Dunkelheit«
Christian Endres: Bill Willingham »Down the Mysterly River«

Comic & Film
Christian Endres: Gangster, Vampire und Aliens
Olaf Brill & Michael Vogt: Ein seltsamer Tag – Teil 2 und 3
Christian Endres: Decodierte Superhelden
Rüdiger Schäfer: Kreaturen

Story
Niklas Peineke: »Rache ist eine schwere Schaufel«

Forum

Michael K. Iwoleit : Psyhack


Michael K. Iwoleit : Psyhack
Fabylon 2007
ISBN 978-3-927071-13-1
224 Seiten, 10,- €
Leseprobe

Marek Yanner ist ein Kriminieller aus dem BioTec-Bereich. Nach jedem Auftrag wird seine Erinnerung daran gelöscht, für jeden Auftrag werden neue Daten, teilweise komplette neue Persönlichkeiten eingespielt. Bei einer dieser Einspielung wird ihm ein Virus (ein sogenannter Psy-Hack) untergeschoben, der zunächst dazu führt, daß er einen Manager eines Großkonzerns tötet und im folgenden seine Originalpersönlichkeit, David Prescott, wiederherstellt. Er rächt sich an denjenigen, die ihn gelöscht haben und findet seine Familie wieder.

"Psyhack" ist ein SF-Krimi an der Grenze zum Cyberpunk. Er schildert eindringlich eine mögliche Negativ-Entwicklung im BioTec-Bereich und stellt eine Welt dar, in dem die aktuellen politischen Negativtendenzen (Eurokratie, Sonderrolle Großbritanniens) in der nahen Zukunft deutlich die Oberhand gewonnen haben. Die Konsequenzen einer möglichen Erinnerungsmanipulation für die Gesellschaft wird am Beispiel des Protagonisten, seiner Familie und seines Umfelds eindringlich geschildert, inhaltlich gehört der Roman zur ganz großen SF.

Im Gegensatz zu vielen anderen Cyberpunk-Romanen ist "Psyhack" allerdings deutlich weniger dynamisch und stark selbstreflektierend. Vieles wird als Erzählung gebracht, was den Fluß der Geschichte deutlich verlangsamt, oftmals sogar stört. Der Roman ist die Ausarbeitung einer Novelle. Das merkt man deutlich, denn im Vergleich zu anderen (brillianten) Texten von MKI ("Der Moloch", "Terminal") ist der Roman "Psyhack" relativ holprig geschrieben. Teilweise erkennt man, welche Stellen später eingefügt wurden und welche aus der Original-Story stammen. Der Autor hat es nicht geschafft, die bereits in der Original-Story vorhandenen Erzählungen bei der Transposition der Kurzgeschichte in die Romanform umzuschreiben, aus einer hervorragenden Novelle einen ebenso hervorragenden Roman zu machen. Die Original-Novelle erhielt 2006 den Deutschen Science Fiction-Preis DSFP, 2008 kam der Roman auf den 2. Platz des Kurd Lasswitz-Preises und des DSFP.

Michael K. Iwoleits Bedeutung für die deutsche SF hat sich allerdings seit dem Erscheinen dieses Romans nicht unwesentlich gewandelt. Als legitimer geistiger Nachfolger von Wolfgang Jeschke ist er derjenige des deutschen Fandoms, der sich um die internationale SF kümmert. Etwa in Form der ISF-Website INTERNOVA (Links siehe unten). Im neuen NOVA, der Nummer 18, ist neben Kurzgeschichten arabischer und israelischer Autoren (Guy Hasson, Lavie Tidar, Achmed A.W. Khammas) auch ein mehr als lesenswertes Interview dieser drei Autoren vorhanden. Dieses "Nahost-Special" kann ich jedem SF-Fan nur warm ans Herz legen.

Ein Wort noch zur Ausstattung. Der Roman "Psyhack" wurde verlegt von FABYLON, dem Verlag der ehemaligen Perry Rhodan-Autorin Uschi Zietsch alias Susan Schwartz. Wie alle Bücher dieses Verlages ist auch "Psyhack" mit Hochglanz-Cover erschienen und sieht sehr nobel aus. Ich kann jedem nur empfehlen, dieses Verlagsprogramm einmal durchzustöbern, neben Kurzgeschichtenbänden deutscher Autoren findet man dort auch exclusive Veröffentlichungen von Hans Kneifel, Ernst Vlcek, eine eigene Romanserie, erotische Phantastik und und und ...



Samstag, 14. Januar 2012

Anne McCaffrey : Schiffs-Zyklus

Von Anne McCaffrey habe ich viel gelesen. Begonnen hatte dies vor Jahrzehnten mit den Romanen um die Drachenreiter von Pern. Gerade die ersten fünf in Deutschland erschienenen Bände lese ich immer wieder, speziell die Geschichten um Menolly und Moreta haben ihre ganz eigene Magie.

Aber meiner Meinung nach sind die Pern-Romane weder ihre besten noch ihre bedeutendsten Werke. Während die ersten Bände noch originell sind, wiederholt sich die Geschichte aus "Dragonflight" und "Dragonsearch" doch regelmäßig, so daß mir das Lesen der späteren Romane des Pern-Zyklus keinen Spaß mehr machte. Nein, mich ganz persönlich haben zwei andere Zyklen von ihr tief beeindruckt, weniger vom Inhalt als mehr von der Machart her. Für mich ganz persönlich sind die Romane aus dem Schiffs- und dem Piraten-Zyklus die bedeutendsten Werke von Anne McCaffrey. Zumindestens haben sie den größten Impact auf meine Bibliothek gehabt.

Ausgangsbasis im Schiffs-Zyklus ist eine Menschheit, die sich weit im All ausgebreitet hat. Krankheiten können und werden mit modernsten Mitteln behandelt. Doch auch in dieser Gesellschaft gibt es Menschen, die unheilbar krank werden. Oder so geboren sind. Und hier bietet diese Menschheit eine Wahl an : Diese Babys können entweder ein Leben als Mensch mit (suboptimalem) Exoskelett führen oder als Zentraleinheit eines Raumschiffes leben. Wobei diese Zentraleinheiten (sogenannte "Brains") sich selbst bewusst sind und sozusagen das Schiff an sich darstellen. Denn statt laufen zu lernen, lernen sie das Fliegen im Weltall. Genauer gesagt sind sie an eine Lebenserhaltungsmaschine in einer Titan-Legierung angeschlossen und ansonsten genauso menschlich wie Du und ich. Nur andere Fähigkeiten haben sie. Und diese Brains sind immobil insofern, als sie sich nicht aus dem Schiff entfernen können. Dazu haben sie dann ihren beweglichen Konterpart, den sogenannten "Brawn".

Das erste Buch des Schiffs-Zyklus ist bereits 1969 erschienen und basiert auf ab 1961 erschienenen Kurzgeschichten um Helva, das Schiff, das sang :


Anne McCaffrey : The Ship Who Sang
Corgi Books 1980 (4. Auflage)
200 Seiten



Als Kind wird Helva in das Brainship-Programm aufgenommen. Sie entwickelt sich und ihre Fähigkeiten, als Hobby versucht sie, zu singen. Was ihr auch gelingt und sie allgemeine als "das Schiff, das singt" bekannt macht. Sie geht eine innige Beziehung mit ihrem Partner Jennan ein, verliert ihn jedoch bei einem Unfall. Aus der tiefen Depression, in die sie nach seinem Tod verfällt, reisst ihr neuer Partner sie heraus und sie wird das erste Brainship, das mit dem neuesten Interstellar-Antrieb den Pferdekopfnebel erreicht.

Sehr lyrisch und mitreissend ist dieser Roman ein Klassiker, von McCaffrey selbst als einer ihrer besten bezeichnet. Ich habe ihn immer wieder gerne gelesen, weil ich die Kombination aus platonischem Liebesroman und SF hier besonders gut getroffen finde. Erst auf deutsch in der Heyne-Ausgabe, später dann im Original.

Es lies sich nämlich nicht vermeiden, die Geschichten im amerikanischem Original zu lesen, da die Übersetzungen der Fortsetzungen auf sich warten liessen. Wie ich oben schrieb, sind die Geschichten um Helva aus den 60ern, der Roman als solcher 1969 erschienen. Mehr als zwanzig Jahre später, 1992, folgte die erste Fortsetzung mit Geschichten um das Brainship Nancia.


Anne McCaffrey & Margaret Ball : Partnership
Baen Books 1992
320 Seiten

Auf ihrem Jungfernflug wird Nancia als Transport für reiche Schnösel benutzt, die sich innerhalb der FSP-Gesellschaft unmöglich gemacht haben. Diese Schnösel stellen sich als psychopathische kriminelle Elemente heraus und das Buch erzählt, wie Nancia mit diesen Leuten umgeht.

Tatsächlich erzählt das Buch noch viel mehr : Es kritisiert lautstark das amerikanische Rechtssystem, in dem zufällig erlangtes Wissen und nicht vorschriftsmäßig erlangte Beweise nicht zu einer Verurteilung von Kriminellen führen darf. Dies wird sehr geschickt als psychologisches Problem dargestellt und von den Autorinnen als negative Eigenschaften der Protagonisten zum Leser transportiert.

Die Helva-Geschichten waren noch pure McCaffrey. Das sind auch die einzigen Geschichten des Schiffs-Zyklus, die nicht in Kooperation mit anderen Autorinnen geschrieben wurden. Und diese fremden Einflüsse merkt man deutlich. Sie gefallen mir mal mehr, mal weniger, seltenst überhaupt nicht. Und sie motivierten mich, die Bücher der Co-Autorinnen zu lesen. Und das ist in meinen Augen für mich ganz persönlich Anne McCaffreys grösste Leistung.

Margaret Ball hat sich leider deutlich anderen Hobbies zugewandt, ihren Kindern und dem Quilten. Was schade ist, denn ihre Flameweaver-Bücher haben mir sehr gefallen. Das ist bei der nächsten Co-Autorin etwas anders, sie schreibt noch heute und ich habe nicht wenige ihrer Romane in meinen Regalen stehen :


Anne McCaffrey & Mercedes Lackey : The Ship Who Searched
Baen Books 1992
300 Seiten

Hypatia Cade, so benannt nach der letzten Bibliothekarin der großen Bibliothek von Alexandria, erwischt ein außerirdisches Virus und wird zu einer Shell Person. Auf den Spuren der "Ancients" verliebt sie sich in ihren Partner und ist die erste Shell Person, die sich einen mobilen Androidenkörper bauen lässt.

Wenn zwei große Geschichtenerzählerinnen mit einem Faible für Liebesgeschichten zusammentreffen, potenziert sich die Story. So auch hier, selten so einen herrlich schmachtenden und dabei wenig kitschigen Roman gelesen. Dies war der Anstoß, mich mit Mercedes Lackey zu beschäftigen und in der Zwischenzeit habe ich einiges von ihr im Regal stehen. Dagegen habe ich vom nächsten Co-Autor bisher noch nichts weiter gelesen, was unter anderem daran liegen könnte, das wenig von ihm ins Deutsche übersetzt wurde, englischsprachige Originalromane immer schwerer zu bekommen waren und Stirling scheinbar erst heutzutage zu Höchstform aufläuft.


Anne McCaffrey & S.M. Stirling : The City Who Fought
Baen Books 1994
430 Seiten

Diesmal ein Brain als Verwalter einer Sternenstadt, bedroht von Piraten und Plünderern. Deutlich weniger unkritisch als die Vorgänger-Romane gegenüber Brains eingestellt, legen McCaffrey und Stirling hier ein spannendes Kammerspiel vor, das sich zu lesen lohnt.

Der letzte Band des Zyklus, den ich bisher gelesen habe, hat mit gar nicht gefallen :


Anne McCaffrey & Jody Lynn Nye : The Ship Who Won
Baen Books 1995
330 Seiten

Charialle, das Brainship, und Keff, ihr Partner, entdecken auf einem Planeten eine Technologie, die die beherrschende Klasse zu Magiern macht.

Wie gesagt, überhaupt nicht mein Geschmack, das Buch kann sich nicht entscheiden, ob es Fantasy oder SF ist. Und zum ersten Mal in dieser Serie sind die Protagonisten auch nicht gut beschrieben und ihre Aktionen und Reaktionen nicht wirklich nachvollziehbar. Vielleicht einer der Gründe, warum ich mich nie intensiver mit Jody Lynn Nye beschäftigt habe, was sicherlich ihr gegenüber ungerecht ist.

Aber insgesamt hat mir dieser Zyklus viel gegeben, mich auf neue Autoren aufmerksam gemacht und mich viel sensibler gegenüber dem Stil einzelner Autoren werden lassen. Meines Wissens sind Anne McCaffrey und Marion Zimmer-Bradley auch die einzigen Autorinnen ihrer Generation, die in dieser Art und Weise neue Autorinnen und Fans protegiert haben. Und nicht nur aus ihrer eigenen Clique, Mercedes Lackey kommt aus der Ecke von MZB. Und Mercedes Lackey hat, was ich persönlich wiederum sehr angenehm finde, dieses Prinzip der Kooperationen weitergeführt ("Serrated Edge"-Serie etc.), so daß man durchaus von einem von Anne McCaffrey und Marion Zimmer-Bradley ausgelöstem Schneeball-Effekt sprechen kann. Diese Betreuung des Nachwuchses, diese Weitergabe des Wissens an nachfolgende Generationen halte ich für mich persönlich für die grösste Leistung dieser beiden Autorinnen.

Zurück zum Schiffs-Zyklus : So sehr er mir auch gefällt, gibt es doch deutliche inhaltliche Kritik durch Behindertenverbände. Im heutigen Rückblick muß man auch konstatieren, daß die im Zyklus angesprochenen Behinderungen mit modernen Mitteln ganz anders "behoben" werden könnten, als Anne McCaffrey es sich vor 50 Jahren überlegte. Handy, GPS-System, intelligente Exoskelette, weiterentwickelte Chirurgie machen die Ausgangsbasis der Romane fragwürdig. Man denke nur an die relativ unproblematisch (und teilweise schon gar nicht mehr als "anders" wahrgenommenen) unter uns lebenden Contergan-Kinder. Sarah Einstein sagt dazu :
This is not the sort of future disability advocates envision. No, we see a future without stairs. A world in which people no longer build doorways too small for a power chair to pass through and every raised threshold also has a ramp. One in which all public meetings and performances have a sign language interpreter available and restaurants have large print and Braille menus on hand. We envision a future in which disability—like race, gender, ethnicity, and other identity axes—may inform, but certainly not define, who a person is.
Quelle

Ich kann die Lektüre dieses Essays nur empfehlen. Allerdings, und hier geht mir persönlich die Kritik etwas weit, sollte man berücksichtigen, daß die Romane 50 bzw. 25 Jahre alt sind und inhaltlich auch in ihrer Zeit gesehen werden müssen. Sie haben sich, was die Behandlung Behinderter angeht, schlicht und einfach überholt und sind diesbezüglich veraltet. Andererseits gehen Robert A. Heinlein und Louis McMaster Bujold mit Behinderungen anders um und deren Bücher sind auch nicht gerade taufrisch. Aber da mögen sich berufenere Köpfe drüber unterhalten, für diese Diskussion bin ich einfach nicht weit genug im Thema drin.

Die Romane des Schiffs-Zyklus sind im Deutschen alle bei Bastei erschienen :



Wer mag, kann sie also auch in der deutschen Übersetzung von Ralph Tegtmeier geniessen.

Sonntag, 8. Januar 2012

Angel


Nach der Trennung von Buffy geht Angel nach Los Angeles und eröffnet eine Detektei. Zusätzlich zu seinen Fällen kämpft er gegen das ultimate Böse in Form einer Anwaltskanzlei.

Deutlich düsterer und wesentlich stärker auf Erwachsene ausgerichtet zeigt dieses Spin-Off von "Buffy" eine faszinierende phantastische Welt. Dämonen, d.h. Dimensionswanderer, sind getarnt in die amerikanische Gesellschaft von L.A. integriert. Sie träumen den amerikanischen Traum, leben und sterben in L.A. wie einheimische Amerikaner – und begehen wie diese auch Verbrechen. Dieses Spannungsfeld zwischen Normalität und Phantastik erinner stark an "Nick Knight", genau wie dort wird aus dieser Dualität ein erheblicher Teil der Faszination der Serie gezogen.

Ein weitaus größerer Teil des Charmes dieser Serie besteht aber ebenso wie bei "Buffy" in den Charakteren. Dabei ist Angel, Hauptdarsteller und zentrale Figur, der Einzige, dessen Potential bereits bei "Buffy" vollständig dargestellt wurde. In "Angel" wird dies, insbesondere auch durch Rückblenden in vergangene Zeiten, noch vertieft, neue Facetten jedoch entdeckt man bei ihm nicht. Das ist aber durchaus positiv zu sehen, denn so bleibt Angel der ruhende Pol, um den herum Freunde und Feinde rasante Entwicklungen erleben. So etwa Cordelia, die zickige High School Queen aus "Buffy". Verarmt und auf der Suche nach Arbeit stösst sie auf Angel und wird in die phantastische Seite von L.A. mit hineingezogen. Im Laufe der Serie wird sie immer erwachsener und man erlebt den Übergang vom Teenager zur selbstständigen und selbstbewussten Frau sozusagen von Folge zu Folge mit. Um so mehr, als Cordelia das romantische Element der Serie darstellt. Ihre Beziehungen werden immer weniger trivial und sind immer mehr von ihr selbst aktiv bestimmt. Von daher kann man sie durchaus als Rollenmodell einer emanzipierten Fantasy-Heldin betrachten, auch und gerade weil sie eben keine waffenstarrende Heroine in absurder Rüstung ist.

Wyndham-Price, ein ehemaliger Hüter, ist bei "Buffy" noch eine Witzfigur. Als diese Witzfigur taucht er auch bei Angel auf der Suche nach Arbeit auf. Innerhalb weniger Folgen wandelt er sich vom komischen Sidekick zum kämpferischen Heroen, teilweise mit tragischen Elementen. Und Spike konnte man auch nicht sterben lassen. Nach seinem heroischem Tod in "Buffy" taucht er als körperloser Geist in L.A. auf und geht Angel ziemlich auf den Geist. Die Dialoge zwischen den beiden sind urkomisch und ein Must-See für Fantasy-Fans.

Insgesamt macht die Serie einfach Spaß, zusammen mit meiner Frau habe ich sie schon mehrfach gesehen. Und es empfiehlt sich, auf die Schauspieler zu achten. Sie konnten sich zunächst in "Buffy" und jetzt in "Angel" entwickeln und "ihre" weiteren Serien ("Veronica Mars", "Bones") sind ebenfalls sehenswert. Speziell auf DVD, da man, ebenso wie bei "Angel", eine durchgehende Geschichte erzählt bekommt. Und da ist es schon empfehlenswert, diese Geschichte nicht in kleinen Wochenhäppchen zu genießen.

Samstag, 7. Januar 2012

Downton Abbey


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Auf dem SF-Netzwerk als legitimer Nachfolger von "Eaton Place" gehandelt, habe ich die erste Staffel von "Downton Abbey" meiner Frau zu Weihnachten geschenkt. Und nachdem wir sie jetzt gesehen haben, kann ich sie ebenfalls nur weiterempfehlen.

Genau wie bei "Eaton Place" wird parallel die Geschichte der Herrschaft und der Dienerschaft erzählt. Diesmal fokussiert man sich auf das Haus Grantham. Die Geschichte beginnt Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Beginn der Elektrifizierung von Downton Abbey, Herrschaftssitz und alte Abtei. Gegen Ende der Staffel wird dort sogar das erste Telefon der Gegend installiert - und der Weltkrieg bricht aus.

Inhaltlich will ich nichts weiter erzählen, um die Spannung nicht vorwegzunehmen. Andererseits sind die Geschehnisse bis zu einem gewissem Grad Standard, schon mehrfachst als Buch und Film erzählt worden. Die Serie zieht auch weniger aus innovativen Plots ihren Charme, als aus sekundären Faktoren, dem "Wie" der Präsentation.

Da sind zunächst einmal die Schauspieler, durch die Bank weg englische Charakterdarsteller, weniger schön als die Schauspieler amerikanischer Serien und daher "echter". Mein besonderer Favorit ist hier Dame Margaret Natalie Smith in der Rolle der Violet Crawley, the Dowager-Countess of Grantham. Bekannt als "liebe" Minerva McGonnagall aus "Harry Potter" zieht sie hier als zickige alte Lady richtig vom Leder. Ihre Auftritte haben mir die ganze Staffel über Spaß gemacht und ich habe fasziniert auf den jeweils nächsten gewartet. Aber, wie gesagt, sie ist mein persönlicher Favorit, das restliche Ensemble ist keinen Deut weniger brilliant. Man denke nur an den Kampf der Köchinnen ...

Ein zweiter Grund für den Erfolg der Serie ist die Erzählweise. Wäre "Downton Abbey" Fantasy, würde man nicht zögern, dies als "High Fantasy" zu deklarieren. Selten waren die Guten so gut und edel und die Bösen so fies und intrigant. Dass man sich hierbei nicht langweilt liegt daran, daß trotz all dieser Klischees die Figuren keine platten Abziehbilder sind, sondern individuelle einzigartige Züge zeigen. Ich denke da zum Beispiel an die Szene im Badezimmer, als eine der wirklich ätzenden Bösen zu sich selbst im Spiegel sagt : "Was machst Du da, Sarah O'Brien ? So bist Du doch gar nicht !" Auch die zurückhaltende zarte Mutter der Heldin gewinnt plötzlich eine einzigartige Kontur, als sie sich im Interesse ihrer ältesten Tochter hart und energisch gegen ihre Mutter stellt. So etwas kann man natürlich nur mit wirklich guten Schauspielern durchziehen, deshab hier nochmals mein Kompliment an das Ensemble.

"Downton Abbey" ist auch eine klassische BBC-Serie. Auch wenn die BBC gar nichts mit der Serie direkt zu tun hat. Denn über Jahrzehnte haben die BBC-Serien einen gewissen Standard definiert, ebenso wie einen ganz eigenen Stil, von dem zeitgenössische englische Serien bzw. Serien mit englischer Beteiligung erheblich profitieren. Das war schon bei den "Tudors" deutlich zu merken und hier, bei dieser rein englischen Produktion wird es noch viel deutlicher. "Downton Abbey" hat den typischen Regie-Stil der BBC-Serien und ist wie alle Klassiker bemüht um Authentizität. So sind etwa die Stoffe echt und nicht, wie in amerikanischen Serien, nachgebildet. Brokat ist Brokat und kein angemalter Billig-Stoff. Das macht sich schon in der Wirkung bemerkbar. Ebenso wie die historische Wirklichkeit, die "Downton Abbey" bei allem Fabulieren enthält. Und damit sind nicht nur die großen globalen und lokalen Ereignisse gemeint, man hat sich auch an echten Menschen und Geschehnissen orientiert. Downton Abbey ist in Wirklichkeit Highclere Castle, Landsitz der Earls of Carnavon. (Da gibt es übrigens ein sehr interessantes Interview mit Ihrer Ladyschaft in den Sonderausstattungen der DVD.) Und genau wie Robert Crawley gab es auch hier, in der Realität, einen Lord, der eine Amerikanerin aus genau dem einen Grund geheiratet hat : Um seinen Herrschaftssitz zu erhalten. Solche Details machen die Serie groß und ich bin schon begierig, die nächste Staffel zu sehen.

Freitag, 6. Januar 2012

Gini Koch : Aliens in Armani


Gini Koch : Aliens in Armani (Touched by an Alien)
Piper-Verlag 2011
Deutsche Erstausgabe 2011, Originalausgabe 2010
Aus dem Amerikanischen von Diana Bürgel
400 Seiten, 9,99 €


Die Men in Black sind nicht von der Alien-Aufsichtsbehörde, sondern selber Aliens, die die Menschheit vor den Killer-Sporen aus dem All schützen. Diese verwandeln Menschen in blutrünstige Monster. Die Sporen, nicht die Aliens. Jedenfalls nicht alle. Egal, die Geschichte beginnt, als die Marketingmanagerin Katherine "Kitty" Katt Zeuge wird, als sich ein sich streitender Ehemann in ein echtes Monster verwandelt und Kitty umstehende Zivilisten gerade noch durch den mutigen Einsatz ihres Füllers retten kann. Wie Kitty Katt danach zusammen mit den Aliens in Armani Sporen, Alien-Dissidenten und Monster bekämpft, ihre große Liebe findet und dabei ihr Leben als auch das ihrer Eltern auf den Kopf stellt, erzählt dieser Roman.

Der Titel klang derartig bescheuert, daß ich nicht umhin kam, mir den Roman zuzulegen. "Vampirschlampen im Weltall", dachte ich und erwartete Schrott auf dem Niveau von Stephanie Meyers oder den "Vampire Diaries", bestenfalls eine Jungmädchengeschichte a la Trudi Canavan. Stattdessen fand ich einen witzigen, selbstironischen Frauenroman vor, in dem sich Witz, Action, Ironie und heftige Sex-Szenen die Waage halten. Gini Koch (alias Jeanette Cook) legt mit "Aliens in Armani" den ersten Roman eines Zyklus vor, dessen weitere Bände ich gespannt erwarte. Denn man sehe sich die Bilder der amerikanischen Originalausgabe an :



Ab dem Anblick des Covers von "Alien Proliferation" hatte Gini Koch engültig bei mir gewonnen. Da gab es doch vor Jahren (1993 um genau zu sein), den wahnsinnig witzigen Film "Undercover Blues" mit Kathleen Turner und Dennis Quaid als abgemusterte Geheimagenten, die ebenfalls als Ehepaar mit Kind unterwegs waren. Nachdem ihr Kind entführt wurde, legten die beiden erst richtig los und amüsierten den Zuschauer (zumindestens meine Frau und mich) 86 Minuten lang. Und daran fühlte ich mich sofort erinnert, als ich dieses Cover sah. Und wenn die Schreibe als auch der Amusement-Faktor der Fortsetzungen das halten, was der erste Band verspricht, steht dem deutschen Leser ein interessantes etwas anderes Leseerlebnis bevor. Uwe Post jedenfalls hätte an dem Chaos-Faktor seine helle Freude ... Wer mehr wissen will, der sei auf Gini Kochs Homepage verwiesen.

P.S. : Was ich bei den Romanen, die ich lese, zwar oftmals geniesse, aber mangels Sachkenntnis wenig zu sagen kann, sind die Cover. Die der Alien-Serie sind von Dan dos Santos und ich finde, sie haben alle ihren ganz eigenen Stil. Es lohnt sich jedenfalls, auf seiner Homepage einmal vorbeizugucken. Auch der Blog "Muddy Colors", der von ihm und diversen anderen Künstlern betrieben wird, ist einen Besuch wert. Allein auf der ersten Seite dieses Blogs habe ich mehr über die Entstehung von Bildern erfahren als ich als absoluter Laie bisher wusste. Um bei dos Santos zu bleiben, verweise ich hier auf seinen Eintrag über die Farbe "Schwarz".