Robert Ervin Howard : Conan - Die Original-Erzählungen
Festa-Verlag 2015
Hardcover, je 400 Seiten, je 24,- €
Aus dem Amerikanischen von Lore Straßl
Übersetzungen der Sekundärtexte von Jürgen Langowski und Erik Simon
Titelbilder : Arndt Drechsler
Innenillustrationen : Mark Schultz, Gary Gianni und Greg Manchess
Hither came Conan, the Cimmerian, black-haired, sullen-eyed, sword in hand, a thief, a reaver, a slayer, with gigantic melancholies and gigantic mirth, to tread the jeweled thrones of the Earth under his sandalled feet.
The Phoenix on the Sword
Wie
Carsten Kuhr so treffend sagte, wäre eine Inhaltsangabe der einzelnen Geschichten mehr als überflüssig. Conan ist eine der Archetypen der Fantasy, in den verschiedensten Medien seit fast einem Jahrhundert veröffentlicht. Und da stellt sich dann tatsächlich die Frage, die Carsten Kuhr so präzise formuliert hat : "Braucht es da wirklich noch einmal eine neue Conan-Ausgabe ?"
Nun, ebenso wie Carsten Kuhr werde ich die Frage mit "ja" beantworten, allerdings aus einem etwas anderem Fokus heraus als er. Sehen wir uns dazu die bisherigen deutschen Ausgaben an. Howard schrieb seine Geschichten in den 30ern, nach seinem frühen Selbstmord blieben diverse Fragmente, Exposes und teilweise fertig geschriebene Geschichten zunächst unveröffentlicht. Seine Nachlassverwalter nahmen die in WEIRD TALES veröffentlichten Geschichten, schrieben die Fragmente zuende, glätteten einige Stellen und brachten alles in eine inhaltlich chronologische Ordnung. Diese Geschichten wurden dann bei Heyne in den 70ern erstmals in einer deutschen Ausgabe aufgelegt, korrekterweise wurden Robert E. Howard, L. S. de Camp und Lin Carter als Autoren genannt, letztere hatten die Geschichten zuende geschrieben und bearbeitet. Nach dem Erfolg von "Conan the Barbarian" von John Milius mit Arnold Schwarzenegger wurden die Bücher in erweiterten Fassungen in einer einheitlich beigen Form mit Filmbildern auf den Covern neu bei Heyne aufgelegt. Jetzt waren auch Sekundärtexte und Briefe enthalten. In der Zwischenzeit hatten sich auch andere Autoren an der Figur des "Conan" versucht, so daß diese Ausgabe ein Mix der verschiedensten Stile darstellt. Ich persönlich sehe diese Ausgabe als unbedingt empfehlenswert, jeder Fantasy-Autor sollte sie in seinem Regal stehen haben.
Warum ? Nun, weil sich dort sehr schön literarische und stilistische Unterschiede festmachen lassen. Howard, geboren Anfang des 20. Jahrhunderts, hatte in seinem Dorf in Texas noch die letzten Ausläufer des Wilden Westens mitbekommen. Und er unterhielt sich mit den echten tough guys, Ölbohrern, Firefighter, Cowboys undsoweiter undsofort. Auch Howard selber war ein Freak, er hat sich schon mal mit seinem Schriftstellerkumpel C. A. Smith hinterm Haus einen Schwertkampf geliefert. Robert Ervin Howard war also von seinem Umfeld und seiner Erziehung etwas ganz anderes als beispielsweise der zivilisierte New Yorker Lyon Sprague de Camp. Und dieser Unterschied macht sich auch massivst in den Conan-Geschichten bemerkbar, das fiel selbst meinem unbedarften, viel jüngerem Ich auf. Howards Conan ist barbarisch, ursprünglich, wenig bis überhaupt nicht von der Zivilisation beleckt. Dahingegen ist der Conan, den de Camp und Carter beschreiben, ein zwar einfacher, aber durchaus zivilisierter Barbar, wesentlich weniger primitiv und ursprünglich als der von Howard konzipierte. Und gerade wegen dieser ganz unterschiedlichen Behandlungen der Figur des Conan durch verschiedene Schriftsteller ist und bleibt die beige Heyne-Reihe für den einfachen Fantasy-Fan das Nonplusultra.
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FESTA-Ausgabe Schutzumschlag |
Weshalb also dann die Festa-Ausgabe, auch noch als Hardcover für mein Bücherregal? Nun, das hatte mehrere Gründe. Meine Erwartungen nach dem Lesen des Inhaltsverzeichnisses wurden übrigens auch bis auf eine voll erfüllt. Fangen wir mit der einfachsten an, der Ausstattung und der Haptik. Sehr schöne Hardcover mit Lesebändchen, einheitliches Aussehen, gelungene Schutzumschläge, die die Bücher vom Mainstream abheben, für mich als Semi-Bibliophilen waren das schon Argumente. (Das semi-bibliophil erkläre ich, wenn ich mich mit der "Edition Andreas Irle" auseinandersetze.) Sie sahen auf der Festa-Homepage (alle Bilder sind von dort entnommen) gut aus und haben mich auch als ich sie dann in der Hand hatte voll überzeugt. Aber so etwas war ich von Festa ja bereits gewohnt, die Horror-Editionen von REH und CAS stehen bei mir ebenfalls im Regal.
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FESTA-Ausgabe Hardcover |
Anyway, man soll ein Buch ja nicht nur nach seinem Cover beurteilen. Also weiter zum Inhalt. Festa wirbt mit "Robert E. Howard – Die Originale". Und genau das bekommt man auch serviert. In der Übersetzung von (u.a.) Lore Straßl legt Frank Festa hier die Originaltexte Howards vor, unbearbeitet von Carter und de Camp und – vorzugsweise – auch von den zeitgenössischen Herausgebern. Jede Geschichte ist entweder genau so, wie Howard es sich gedacht hatte, oder so, wie sie zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Auch wurden die Geschichten nicht in chronologischer, sondern in bibliographischer Reihenfolge gedruckt, also in der Reihenfolge, in der Howard sie auch geschrieben bzw. veröffentlicht hat. Das ist schon ein anderes Lesen als das simple Konsumieren der beigen HEYNE-Reihe. Auch sind die Bücher nur etwa zu 2/3 mit den Stories gefüllt, den Rest nehmen liebevoll editierte Fragmente und sekundärliterarische Kommentare ein. Oder – und das ist wirklich ein Genuß – frühere Versionen der einzelnen Geschichten, Exposés in den verschiedensten Stadien, leider zuwenig Briefe. Insgesamt also eine Fülle primärliterarischen Materials, an dem sich Forscher austoben und Leser schwelgen können. Diese Sachen waren meines Wissens bisher nicht auf Deutsch (man bedenke einmal die Arbeit der Übersetzerin) erhältlich.
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FESTA-Ausgabe : Ein Blick ins Innere |
Für mich als Leser war es faszinierend, aber ich bin ja auch Nur-Leser. Für einen Fantasy-Autor stellt sich die Sache noch etwas gewinnbringender dar. In der beigen Heyne-Reihe kann er den bearbeiteten Howard und die verschiedensten Stile anderer (zivilisierterer) Autoren miteinander vergleichen. Die Festa-Ausgabe bietet diesem heutigen Fantasy-Autor zusätzlich die Möglichkeit zum stilistischen und organisatorischem Quellenstudium, indem sie nicht nur die Originale Howards, sondern auch die Textschnippsel auf dem Weg dorthin abdruckt. Und wenn mir als reinem Leser die Festa-Ausgabe diesbezüglich schon Spaß gemacht hat, wie geht es da erst dem mit Fachwissen "bewaffnetem" Autor ?
Einziger Wermutstropfen dieser Ausgabe ist das (amerikanische) Vor- bzw. Nachwort. Diese Conan-Ausgabe ist nämlich die deutsche Übersetzung der Neuausgabe von 2003, inklusive der unreflektierten Lobhudeleien der Herausgeber. Das muss so nicht sein – ist aber andererseits auch schön von Festa, auch diesen Quark abzudrucken. Apropos : Statt sich wie die letzte Ich-presse-auch-noch-den-letzten-Blutstropfen-aus-meinen-Lizenzen-Ausgabe von Heyne auf übergroße, überteuerte und unhandliche Ziegelsteine zu konzentrieren, hat Frank Festa die Bücher geteilt und sechs normale statt drei sehr dicke Hardcover herausgebracht. Auch wenn ich kein Fan dieser "Ich teil' das mal auf zwei Ausgaben auf, bringt mehr Geld"-Politik deutscher Verlage bin, fand ich das Format eigentlich ok. Scheint hier eher 'ne Geschmackssache zu sein.
In jedem Fall sind die Conan-Bände aus dem FESTA-Verlag ihr Geld wert. Hat Spaß gemacht, die alten Geschichten zu lesen. Allerdings steigert sich Festa noch mit "Kull", aber davon demnächst.