Dienstag, 13. Dezember 2016

Tom Zola : Blinde Wut



Tom Zola : Blinde Wut
V-Fall Erde 1
Atlantis 2016
Originalausgabe
Hardcover mit Lesebändchen, ca. 270 Seiten, 14,90 €
Titelbild : Mark Freier
auch als Paperback und eBook erhältlich


Krisen und Konflikte prägen das Weltgeschehen. Die EU droht zu zerfallen, der Nahe Osten zerfleischt sich, die NATO und das von Russland angeführte »Krimbündnis« belauern einander. Eine weltweit koordinierte Serie von Anschlägen erschüttert in dieser Situation die Staatengemeinschaft. Deutschland, das türkisch-iranische Grenzgebiet, Niger und die Mongolei werden zeitgleich angegriffen.

Reflexartig wechseln die Entscheider dieser Erde in den Angriffsmodus, kündigen Maßnahmen an, fordern Vergeltung. Sündenböcke sind schnell gefunden. Die wichtigsten Militärbündnisse bringen sich in Stellung. Die Menschheit wankt dem Abgrund entgegen, blinde Wut bestimmt ihr Handeln.

Dennis Bernau, Stabsunteroffizier der Bundeswehr, wird mit einem gigantischen Truppenaufgebot der NATO in den Nahen Osten verlegt. Ihm dämmert bald, dass sein Land, dass der gesamte Westen vorschnell gehandelt hat. Es scheint, als habe eine unbekannte Macht ihre Finger im Spiel – eine Macht, die nicht von dieser Welt ist.
Klappentext

Aha.
Nun, ja.
Nachdem ich diesen Roman gelesen habe, mailte ich erst einmal Stefan Burban an und entschuldigte mich für jegliche negative Kritik an seinen Romanen. Denn wenn man nur deutsche MilSF von Stefan Burban, Dirk van den Boom und Frank W. Haubold liest, an internationaler MilSF nur John Ringo, David Weber, Jack Campbell, Simon R. Green und Elizabeth Moon goutiert, dann ist man literarisch verwöhnt. Und auf so einen primitiven Kram wie "V-Fall Erde" nicht vorbereitet.

Der Roman zerfällt in drei, sich teilweise überlappende Teile. Der erste Teil handelt von den Erlebnissen der Gruppe Bernau im Manöver "European Sword", der zweite Teil zeigt die deutsche Politik nach den von Aliens verursachten Vorfällen und der dritte Teil schildert wieder die Erlebnisse der Gruppe Bernau im Krieg gegen den Iran. Und jeder einzelne Teil ist ...suboptimal.

Der erste Teil, die Erlebnisse der "3. Gruppe des Jägerzugs der 5. Kompanie, Jägerregiment 1" ist so primitiv und simpel, daß ich mich sehr stark an die LANDSER-Heftchen erinnert fühlte, die ich vor vierzig Jahren mal gelesen habe. Auch hier keinerlei Selbstreflexion, klischeehafte Protagonisten ohne Tiefgang, die teilweise simpelst aus irgendwelchen Filmen abkopiert wurden. Man merkt deutlich, daß hier das Hohelied des Landsers gesungen werden soll. Nur doof, wenn Leser wie ich bereits vor Jahrzehnten die darin enthaltene Geschichtsklitterung erkannt haben. Und auch hier wird viel Bullshit gelabert, bei dem ich teilweise – etwa wie bei der Debatte über die Ausrüstung der Polizei gegenüber der militärischen – nur den Kopf schütteln konnte.

Aber der (erste) militärische Abschnitt mag zwar seine Idiotien, plotdriven Elements und schriftstellerische Mängel haben, gegenüber dem politischem Teil ist er noch echt Gold. Denn die Politik wird derartig naiv dargestellt, da war man in den 50ern schon weiter. Und selbst mein 16jähriger Sohn hat mehr politische Weit- und Einsicht als der Autor hier vermittelt. Ganz davon abgesehen, daß es mir persönlich beim Lesen der dargestellten Politik vorkam, als würde der Autor hier deutlich das Führerprinzip als Ultima Ratio schildern. Aber vielleicht bin ich durch die Lektüre dieses Machwerks schon etwas sehr voreingenommen. In jedem Fall merkt man, daß hier eine politische Landschaft auf dem Niveau unbedarfter Schulabbrecher geschildert wird. Die tatsächlichen Realitäten - beispielsweise die Problematik der Parteikarrieren und der damit einhergehenden Gleichmacherei - werden nicht einmal ansatzweise dargestellt.

Vollständig daneben ist dann der dritte Teil, bei dem es zum Angriff der NATO auf den Iran kommt. Uninteressant, uninspiriert und langweilig, lohnt nicht, darauf genauer einzugehen.

Viel Schlimmer allerdings die absurde Begründung, weswegen es überhaupt zum Krieg kommt : Niemand hat die Aliens wirklich auf dem Schirm, obwohl es bis in die Politik durchgesickert ist, was da an einigen Orten passierte. Inklusive Bilder und Videos. Und selbst dies ist in der europäischen Zivilisation des Jahres 2016 ziemlich lächerlich, der mündige Bürger, den Politiker vergangener Jahrzehnte immer gefordert und den die Politiker dieses Jahrzehnts immer gefürchtet haben, würde die Meldung von Alien-Angriffen zusammen mit den entsprechenden Videos in Rekordzeit über den ganzen Globus verbreiten. Da muß man nicht den Bendler-Block bemühen, um die Aufklärung der Politik darzustellen. Ganz davon abgesehen, daß der absurde dritte Teil logischerweise hätte entfallen müssen.

Ich könnte jetzt noch mehr Stellen des Romans verreissen, aber ehrlich gesagt ist mir dieser Quatsch zu blöde. Ich hatte so etwas befürchtet, als ich sah, daß Tom Zola einer der Autoren der braunen Ecke beim HJB-Verlag ist. Allerdings dachte ich, daß der Atlantis-Verlag eine etwas bessere Qualitätskontrolle hat. Aber diese ist wohl bei den Lippenbekenntnissen zu den "Guten", die sich plakativ und selten dümmlich ebenfalls im Roman finden, einfach ausgestiegen.

Ich als Abonnent der "Edition Atlantis", der ziemlich viel Knete für die Hardcover hinlegt, fühle mich jedenfalls verarscht. Denn so ein primitiver "Landser im Weltraum" muß nicht sein, so einen Quark muß ich nicht haben. Da gehe ich vollkommen mit Hans-Peter von Peschke konform, der diesem Kram summa summarisch nur einen Nebensatz widmet. Und ich frage mich, was als nächstes noch aus dieser Ecke auf mich zukommt.

2 Kommentare:

  1. Tja, V-Fall Erde ist eben Military Science-Fiction, und da will der Leser gerne kämpfende Helden sehen. Da ist auch in Deutschland ein Markt für, ich z.B. bin es auch leid immer wieder nur US-amerikanische Helden präsentiert zu bekommen - warum nicht mal etwa chinesische oder nigerianische Helden, oder eben auch deutsche Helden? Übrigens haben mindestens zwei der Protagonisten der Gruppe Bernau im Buch Migrationshintergrund - finde ich übrigens vollkommen OK.
    An den Stellen, wo es um die Politik geht, schwingt viel Missbilligung über das Gebahren und die Machtgier mancher Parteipolitiker mit, da wird auf aktuelle Problematiken eingegangen. Ganz nebenbei bemerkt, ist das Militär ein Instrument der Politiker, die es gebrauchen oder auch missbrauchen können.
    Damit sind wir beim Krieg im Iran: Er erfolgt aus dem, was man bei Geheimdiensten als "Erkennungsschwäche" bezeichnet - man hat lauter Hinweise und Fakten, bewertet sie aber falsch und zieht aus ihnen die falschen Schlüsse, und macht entsprechende Fehler. So wird hier auch die Rolle des Kollektivs beim Ausbruch des Krieges zwischen Iran und Türkei unterbewertet, mit entsprechenden Folgen. Übrigens hat historisch gesehen Erkennungsschwäche auch z.B. den japanischen Angriff auf Pearl Harbour 1941 und wohl auch die Anschläge vom 11.September 2001 ermöglicht. Zu letzteren stellt wohl der Angriff auf dem Iran im Buch eine Vorlage dar - die USA sind ja auch unter fadenscheinigen Gründen 2003 im Irak einmarschiert. Hier wären wir übrigens wieder bei den Soldaten, die für die Fehler der Politiker die Köpfe herhalten müssen. Was man im Buch liest, ist wie anstelle zielgerichteter Aktionen in einem spannungsgeladenen weltpolitischen Umfeld dank Alienmitwirkung blind aufeinander eingedroschen wird - eben "Blinde Wut".

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  2. War ja klar, Herr Zola.

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