Montag, 15. August 2016

TERRA EXTRA 115 - Robert A. Heinlein : Am Rande des Abgrunds


Robert A. Heinlein : Am Rande des Abgrunds (Gulf)
Terra Extra 115, 04.11.1966
Neuauflage
Deutsche Erstausgabe UTOPIA Großband 127, 1960
Originalausgabe ASTOUNDING 1949
Aus dem Amerikanischen von Walter Spiegl
Titelbild : Johnny Bruck


Nach Beendigung des dritten Weltkrieges, nach der Zwischenherrschaft der Kommissare und der Revolution, die sie hinwegfegte, erblühte eine neue, reichere und lebensfreudigere Welt. Aber besser geworden ist die nicht, denn aus den Wirren der Nachkriegszeit gingen eine Reihe von Interessengruppen und Organisationen hervor, die mit allen Mitteln versuchen, die absolute Macht an sich zu reißen. Mit einem wichtigen Auftrag kehrt Joel Abner, alias Captain Gilead, vom Mond auf die Erde zurück. In seinem Reisegepäck befinden sich drei Mikrofilm-Spulen, auf denen sämtliche Unterlagen über den Nova-Effekt verzeichnet sind, mit dem ganze Planeten in die Luft gejagt werden können. Unter keinen Umständen dürfen diese für die gesamte Menschheit lebenswichtigen Filmspulen in die Hände der skrupellosen Machtgruppen fallen. Doch trotz aller Vorsicht wird Captain Gilead erkannt. Mehrere Male gelingt es ihm, rechtzeitig aus gefährlichen Situationen unter ständiger Lebensgefahr zu entwischen, aber die Feinde sind in der Überzahl, ihre Mittel sind raffiniert und skrupellos. Captain Gilead geht in die Falle, aus der es kein Entrinnen mehr gibt, wenn nicht ...
Klappentext

Eine Novelle von Heinlein, später gesammelt in "Assignment in Eternity" erschienen, hier als eigenständiger Heftroman. Ein Paradebeispiel für die positive Einflussnahme von Heftromanen auf das deutsche Fandom. Denn die Kurzgeschichtensammlung erschien erst sechs Jahre später als "Nächste Station : Morgen" bei Heyne.

"Gulf" selber ist ein interessanter Roman. Er zerfällt sozusagen klassisch in drei Teile : Exposition, Mittelteil (Komplikation / Peripetie / Retardation) und das Finale. In der Exposition lernen wir Joel Abner kennen, beginnen, seine Motive zu verstehen und sehen seine Flucht und seine Gefangennahme. Im Mittelteil wird alles umgedreht, der Nova-Effekt ist nur ein Teil der eigentlichen Geschichte. Denn es geht um die Ablösung des Homo sapiens durch den Homo superior, ein rein evolutionärer Prozeß, der Unruhen und Tumulte verursacht. Hier findet unser Held auch seinen weiblichen Gegenpart, seine fehlende Hälfte, ohne die er nicht komplett ist. Und um den Nova-Effekt zu unterdrücken, gehen beide auf den Mond und versuchen, die letzten Kopien dieser ultimativen Waffe zu vernichten. Dabei nehmen sie in Kauf, auch sterben zu können - was auch tatsächlich geschieht.

"Gulf" ist also klassisch strukturiert und man könnte jetzt jeden Teil nehmen und detailliert analysieren. Was durchaus dem Stoff einer Bachelor- oder Master-Arbeit entspricht. Das will ich hier nicht machen (ich muß noch einen ganz anderen Artikel fertigschreiben), sondern nur zwei Punkte, die ich besonders interessant fand, herausgreifen.

Zunächst einmal steht "Gulf" nicht im leeren Raum. Wie man dem obigen Klappentext entnehmen kann, hat sich Heinlein durchaus Gedanken über die geschichtliche Entwicklung gemacht. Dritter Weltkrieg, ein kommunistisches Amerika, eine "Konterrevolution" : Heinlein reisst dies nur an, spricht in Nebensätzen davon, so daß sich der Leser sein eigenes Bild der Historie machen muß. Und je nach Phantasie kann dies durchaus faszinierend sein, mir ging es jedenfalls so.

Dann der Homo superior. Menschen, die sich in nichts bis auf ihre Gedächtnisleistung vom Homo sapiens unterscheiden. Wenn man, so wie ich, die hier vorliegenden uralten TERRA-Serien liest und sich insbesondere dem Metatext, dere LKS, den Kleinanzeigen und anderen "Inside"-Sachen widmet, wird eines deutlich : Heinlein hatte Recht mit dieser Extrapolation. Mir fällt regelmäßig bei den LKS-Beiträgen auf, daß dort Sachen erklärt werden, die heute praktisch Allgemeinwissen sind. Daß einige uralte Ansichten (siehe Richard Kochs Parapsychologie-Artikel) heutzutage nur noch von Aluhüten geteilt werden. Daß heutige LKS deutlichst komplexer sind und vieles erklären, was ich als Ü50er noch erklärt bekommen muß, was den U20ern aber schon als selbstverständlich gilt. (Der Perry-Rhodan-Report ist hier ein schönes Beispiel, oder Robert Vogels Raumfahrt-Beiträge auf Facebook.) Ich empfinde das als faszinierende Erkenntnis, die mir nur eines zu sagen übrig lässt : Ad Astra !

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