Freitag, 6. Mai 2016

Robert Asprin : Tambu



Robert Asprin : Tambu
Atlantis-Verlag 2009
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe ACE 1979
Paperback, 192 Seiten, 12,90 €
Aus dem Amerikanischen von Dirk van den Boom
Titelbild : Timo Kümmel
ISBN 978-3-941258-12-9


Der mysteriöse Tambu gilt als Schrecken der besiedelten Galaxis, als größter Feind der Verteidigungsallianz und als das Sinnbild des eroberungswütigen und rücksichtslosen Kriegsherrn. Als Erickson, ein junger Reporter, entgegen seiner eigenen Erwartung die erste Audienz eines Journalisten bei Tambu erhält, um ein Interview mit ihm zu führen, ist er voller Furcht und Misstrauen. Doch er stellt rasch fest, dass es einen Unterschied zwischen der Meinung der Mehrheit und der Wahrheit geben kann, so schwer diese Erkenntnis auch fällt...
Klappentext

Seltsam, über "Tambu" habe ich hier im Blog noch nichts geschrieben, wo doch dieser Roman seit 2009 sogar als deutsche Erstausgabe vorliegt. Dabei lese ich ihn – ebenso wie diverse andere – immer wieder.

"If the legend becomes fact, print the legend."

"Tambu" ist sozusagen der Gegenentwurf zu John Fords "The Man Who Shot Liberty Valance". In diesem Western wird gezeigt, wie eine auf falschen Tatsachen beruhende Legende zu positiven Ergebnissen führt und Menschen zu ethisch-moralischen Höchstleistungen anspornt. Auch bei "Tambu" wird eine auf falschen Tatsachen beruhende Legende – nämlich daß Tambu ein Despot sei – untersucht. Allerdings mit dem Ergebnis, daß die Wahrheit sowieso keinen interessiert und ihre Veröffentlichung keinen Unterschied macht. Und daß Begriffe wie "gut" und "böse" von der Propaganda so lange hin und her gedreht werden können, bis sie nichts mehr mit der Realität zu tun haben.

Dies schildert Asprin in einem Episodenroman, in kurzen Ausschnitten, erzählt von Tambu im Rahmen eines fiktiven Interviews. Ich fand das eigentlich nicht wirklich ungewöhnlich, aber Thomas Harbach hat zu Recht darauf hingewiesen, daß der Roman strukturelle Eigenheiten hat : Jede einzelne Episode ist exakt in Interview-Prolog, Tambus Bericht (die eigentliche Episode) und Interview-Nachbetrachtung gegliedert. Das gibt dem Roman etwas Starres, eine strenge formale Gliederung, die eigentlich jede Spannung unterdrücken müsste (schließlich ist das Ende bereits am Anfang vorweggenommen worden), es aber irgendwie überhaupt nicht tut. Der Weg ist eben das Ziel.

Ich habe ihn in einer einfachen ACE-Ausgabe, ich glaube, es ist sogar eine Erstauflage. In dieser Form lese ich "Tambu" seit Jahrzehnten immer wieder, der Roman ist einfach ein Genuß. Auch dieses Mal konnte ich mich nicht zu der deutschen Übersetzung von Dirk van den Boom überwinden, es blieb beim Schmökern der klassischen amerikanischen Ausgabe. Dabei ist die Ausgabe des Atlantis-Verlags ausnehmend liebevoll : Neben einem Vorwort von Bill Fawcett ist auch ein Nachwort von Christian Endres und eine bebilderte Biographie von Asprin enthalten. So macht der Buchkauf Spaß – denn natürlich habe ich auch diese deutsche Ausgabe im Regal. :-)

Insgesamt war der Roman wieder einmal ein Genuß, was sicher auch an seinen modernen Bezügen liegt. Denn die Geschichte von Tambu, die Darstellung einer völlig verzerrten Realität durch einseitige Propaganda, primitive Meinungsmache und komplette Verdrehung von Tatsachen ist heute wieder aktueller denn je – leider.



Andere Rezensionen
Thomas Harbach auf SF-Radio
Carina Schöning auf Fantasyguide

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