Anette Kannenberg : Das Mondmalheur
SP (CreateSpace) 2014
Taschenbuch, 496 Seiten, 14,99 €
auch als eBook erhältlich (4,99 €)
ISBN-10: 1500176044
ISBN-13: 978-1500176044
ASIN: B00LXAHH3O
Leseprobe und mehr
"Das Mondmalheur" ist ein kurzweiliger und nicht ganz ernstzunehmender Roman über Raumzeitegalisierer, Mondstein kackende Bakterien, über die ganz große, kleingeredete Katastrophe und den Versuch, die Erde vor dem endgültigen Untergang zu retten. Er handelt von Verschwörung, Politik und Freundschaft, ist mal satirisch, mal dramatisch, aber zum Glück skurril genug, um sich das, um Himmels willen, nicht anmerken zu lassen. Humorvolle Einfälle und charmante Protagonisten bilden gemeinsam eine absurde Story, deren höchster Zweck es ist, den Leser zum Schmunzeln zu bringen, ihn irritiert mit dem Kopf schütteln und dabei den eigenen Geisteszustand – oder zumindest den der Autorin – anzweifeln zu lassen.Klappentext
Das Leben von Cornelius Wichgreve, Gravitationsexperte und Erfinder der hochgejubelten Skylevitys, wird komplett durcheinander geworfen, als der weltweit führende Mineralölkonzern CosmOre Industries ihm einen Job auf dem Mond anbietet. Zusammen mit dem soziophoben Bakteriologen Murray und dem selbsternannten Lunalogen Vladimir soll er dort den Abbau des neu entdeckten Superelementes Tuttofarium vereinfachen. Doch als Murray plötzlich nach Peru versetzt wird und ein Praktikant dessen Aufgaben übernimmt, passiert das Unglaubliche, und Cornelius wird in eine Verschwörung hineingezogen, die in eine weltumspannende Katastrophe mündet.
Nach ich auf Facebook eine Freundschaftsanfrage an die Autorin gestellt habe, wurde ich von ihr gleich dazu verdonnert, ihren Roman gefälligst auch zu lesen. Solchen mehr oder minder dezenten Aufforderungen komme ich nur allzu gerne nach und wurde wieder einmal sehr positiv überrascht.
"Das Mondmalheur" ist ein sehr bissiger, pointierter Blick in die nahe Zukunft. Es gibt sie immer noch, die inkompetenten Manager in Führungspositionen, und diesmal sorgen sie dafür, daß nicht nur ein großer Teil des Mondes abgespalten wird, sondern sich auch die Umlaufbahn des Mondes ändert. Zusammen mit den üblichen und zu erwartenden Nebenwirkungen wie Klimaänderungen und Tsunamis weltweit. Aber es ist eben nur ein kleines "Malheur", wie die Autorin dieses Weltuntergangsszenario bereits in ihrem Buchtitel beschreibt.
Der Roman zerfällt in zwei Teile. Im ersten, kürzerem wird geschildert, wie es überhaupt zu dieser Katastrophe kommen konnte. Der zweite Teil spielt 20 Jahre später und erzählt, wie die Akteure von damals zusammen mit ihren Kindern und Klonen versuchen, den Mond wieder zusammenzupappen. Beide Teile sind amüsant und pointiert, leider hat der zweite Teil nicht mehr ganz den Drive und die Dynamik des ersten. So ist es "nur" ein höchst amüsanter Pageturner, zum preiswürdigem Roman fehlt noch ein Stück. Aber nicht viel, diese Autorin sollte man sich merken.
Insbesondere als sie es als eine der wenigen deutschen AutorInnen schafft, einen amüsanten und angenehm flüssig geschriebenen humoristischen SF-Roman zu schreiben. Diese Mischung aus Slapstick und feinsinnigem Humor, gepaart mit einer kräftigen Portion unangenehmer Warheiten gibt es nicht nur nicht oft in Deutschland, auch in der internationalen SF sucht man so etwas meistens vergebens. Aktuell fällt mir da nur Uwe Post ein, der beispielsweise mit "Symbiose" ähnlichen Zynismus publizierte, bei den Klassikern muß ich dann schon auf de Camp, Dickson, Anderson oder Vance zurückgreifen. Schon bemerkenswert.
Aufgefallen ist mir auch die ... ich nenne es einmal "westernartige" Ausgestaltung einiger Protagonisten. Anette Kannenberg scheut sich nicht, echte Helden in ausweglosen Situationen klassische Western-Manierismen annehmen zu lassen. Als Murray und Wichgreve nach der Rettung des Mondes feststellen müssen, daß sie das nicht überleben werden, setzen sie sich entspannt in den Aufenthaltsraum der Mondbasis, nehmen sich etwas zu trinken und spielen in den letzten Minuten ihres Lebens ein Kartenspiel. Als ein anderer Handlungsträger merkt, daß er einem Tsunami nicht mehr entkommen kann, nimmt er sich ein Surfbrett und surft seine letzte Welle. Diese lakonischen Typen, die ohne großes Bruhei sich ausweglosen Situationen stellen, wohl wissend, daß sie darin umkommen, zeichnet Anette Kannenberg sehr plastisch - und sehr bildhaft. Man merkt, daß ihr diese Reaktionen und diese Typen liegen, was mich persönlich schon motiviert, weitere Romane von ihr zu kaufen.
Denn im Umkehrschluß hat die Autorin ebenso ein Faible für absurde Situationen mit der damit einhergehenden Komik. Ich sage hier nur "Doudou" und verweise auf die oben verlinkte Leseprobe. Und auch in diesen komischen Situationsschilderungen sind mehrfach bissige Bemerkungen über die Typen und Tücken des Alltags eingestreut, was die Komik deutlich über den einfachen Slapstick hinweghebt. Ich kann da jedem nur empfehlen, sich sein eigenes Bild zu machen, insbesondere als weder die Papierausgabe noch das eBook übermäßig teuer ist. Ich finde, es lohnt sich.