Montag, 29. Februar 2016

Stefan Burban : Die Schlacht um Vector Prime



Stefan Burban : Die Schlacht um Vector Prime
Drizil 02
Atlantis 2015
Titelbild : Allan J. Stark
Hardcover, ca. 300 Seiten, 14,90 €
auch als Paperback und eBook erhältlich
Leseprobe


Nach der verheerenden Drizil-Invasion auf Perseus, sind die 18. Legion und ihre Verbündeten noch dabei, ihre Toten zu zählen und ihre Heimatwelt wieder aufzubauen. Doch unvermittelt erreicht sie ein Hilferuf von der belagerten Koloniewelt Vector Prime. Die dort stationierten imperialen Truppen leisten den Invasoren immer noch erbitterten Widerstand. Sie verlieren jedoch fast täglich an Boden gegen einen zahlenmäßig überlegenen Feind, der keine Skrupel hat, die Menschen notfalls auszumerzen.

Die 18. Legion beantwortet den Ruf und entschließt sich, in den Kampf einzugreifen. Doch als die Entsatztruppen auf Vector Prime eintreffen, erwartet sie dort die Hölle ...
Klappentext

Stefan Burban ist seit Neuestem auch in anderen Serien aktiv, etwa in Battletech. Hieer hat er im letzten Jahr "Sturm auf Arc-Royal" veröffentlicht, dieses Jahr soll "Blutige Jagd" folgen. Das merkt man dem hier vorliegenden Roman an. Im Gegensatz zu anderen Romanen von Stefan Burban ist "Die Schlacht um Vector Prime" extremst Military SF-orientiert und extremst technikzentriert. Ganz anders also als frühere Romane des Autors, bei dem doch immer der Mensch im Vordergrund stand. Dies ist hier nicht so, hier geht es um Technologie und Raumschlachten, wobei letztere teilweise bis ins Detail beschrieben werden.

Ich lese ja nicht nur moderne SF, wer meinem Blog schon länger folgt, weiss, daß ich zwischen moderner angloamerikanischer und deutscher SF/F und klassischen deutschen Ausgaben (aktuell hauptsächlich Heftromane) hin- und herspringe. Momentan lese ich parallel gerade die ersten Ausgaben der TERRA EXTRA-Reihe, in denen Neuauflagen von Darlton und Scheer publiziert wurden. Das war in diesem Fall ganz interessant, denn die Ähnlichkeit früher Romane von Karl Herbert Scheer und diesem Roman von Stefan Burban ist schon eklatant. Jedenfalls was die technischen und technologischen Aspekte angeht. Das Humanozentrische eines KHS fehlt Burban hier allerdings noch, es bleibt auf der Maschinenebene.

In den Ruul-Romanen hatte ich immer den Eindruck eines demokratischen terranischen Imperiums, einer Projektion moderner deutscher Verhältnisse in die Zukunft. Dies ist bei "Die Schlacht um Vector Prime" anders. Hier wird mit Kollateralschäden gerechnet, die Aktionen sind deutlich inhumaner als in den Ruul-Geschichten. Und der Auftritt des Kaisers hat mich dann endgültig an Warhammer 40.000 erinnert. Ist vielleicht nur eine flüchtige Ähnlichkeit, mal abwarten, wie sich die Geschichten weiterentwickeln. Ich bin auf jeden Fall schon einmal gespannt auf den nächsten Band.


Das gefallene Imperium
01 - Die letzte Bastion (2013)
02 - Die Schlacht um Vector Prime (2015)
03 - Teuflisches Vermächtnis (2016)

SUB



"Things to come" - wie passend. :-)

Nachdem ich nicht nur die TERRA SF-, sondern auch die TERRA Sonderband-Reihe durchgelesen hatte, brauchte ich erst einmal etwas Abwechslung. Und im Urlaub bin ich ja auch nicht so diszipliniert beim Lesen. Aber jetzt geht's weiter, allerdings zweigleisig.

Erst einmal muß ich meine Lesungen für den DSFP, die ich im letzten Jahr etwas vernachlässigt habe, nachholen. Also mindestens eine Neuerscheinung pro Woche. Und ich will endlich diese gelungene Anthologie "Die magnetische Stadt" zuende lesen und durchkommentieren, das liegt mir schon seit einiger Zeitauf der Seele.

Dann ist so ein bißchen die Frage, wie ich jetzt weitermache. Meine TERRA NOVA-Sammlung ist elegant gebunden, ist etwas schwierig, die im Koffer mitzunehmen. Und eigentlich wären ja auch die TERRA Taschenbücher eine Option, mit denen die TERRA Sonderbände ja weitergeführt wurden. Ich könnte auch mit den UTOPIA-Reihen anfangen, da sind ja auch noch ein paar Schmankerln zwischen, etwa Captain Future. Welch' schwierige Entscheidung !

Ich geh' dem ganzen Kladderadatsch aber erst einmal aus dem Weg und lese die bereits begonnene TERRA EXTRA-Reihe weiter. Sind Neuauflagen, am Anfang hauptsächlich Scheer und Darlton. Ab Band 35 gibt es dann auch eine bemerkenswerte LKS, die ich ebenfalls gerne posten möchte. Also erst einmal weiter mit den TERRA EXTRAs.

Sonntag, 28. Februar 2016

TERRA SB inside - Vikki Dougan

Auf der Rückseite der ersten Ausgaben der TERRA Sonderbände waren Bilder der Macher der Serien abgedruckt. Auf Nummer 01 vom 18.04.1958 findet sich Forrest J. Ackerman und ich hatte damals, als ich das erste Mal diesen Scan gepostet hatte, gefragt, wer denn dieses Model ist. Hätte ich genau hingeguckt, hätte ich das Vorbild für "Jessica Rabbit" erkannt, es ist Vikki Dougan.

Vikki Dougan (eigentlich Edith Tooker, geboren 1929) war eine Schauspielerin, die sich einen Namen allerdings hauptsächlich durch ihre rückenfreien Kleider machte. Obwohl sie in diversen B-Filmen mitspielte, blieb ihr der große cineastische Durchbruch versagt. Stattdessen hat sie wohl - wenn man den diversen Berichten, von denen ich einige unten verlinke, glauben darf - daß Leben in den 50ern und 60ern mehr als genossen. Sie wahr auf dem Titelbild von "Life", Juni 1957 Playmate, Dezember 1962 in einem weiteren Playboy-Artikel, hatte angeblich eine Affäre mit Frank Sinatra und es gab sogar ein Lied über sie. Was ich mich nur frage : Wie zum Teufel ist Forrest J. Ackerman zu diesem Bild gekommen ?

Forrest J. Ackerman und Vikki Dougan

Links
Wikipedia
Looking Back At Vikki “The Back” Dougan
The real Jessica Rabbit
Eine Biographie der Wilden Jahre
American actress and model of 1950s Vikki Dougan
Facebook-Account


An dieser Stelle nochmal Dank an alle, die mir hier geholfen haben.

Samstag, 27. Februar 2016

TERRA Sonderband 99 - Algis Budrys : Exil auf Centaurus

Algis Budrys : Exil auf Centaurus (The Falling Torch)
Terra Sonderband 99, 30.07.1965
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe 1959
Aus dem Amerikanischen von Ingrid Neumann
Titelbild : Karl Stephan


Als die Fremden im Jahre die Erde überfielen, flohen sie vor der Übermacht und gründeten im Centaurus-System auf einer von Menschen besiedelten Welt eine Exilregierung.Jahrzehnte vergingen, bevor sie daran denken konnten, die Herrschaft der Invasoren zu brechen.Schließlich kehrt ein junger Mann vom Centaurus zur Erde zurück. Er soll mit der Untergrundbewegung Kontakt aufnehmen und die Erde von der Fremdherrschaft befreien ...
Klappentext


"The Falling Torch" ist ein Fix-up der Stories "Falling Torch" (Venture 01/1958); "The Man Who Did Not Fit" (Astounding 03/1959) und "Hot Potato" (Astounding 07/1957). Dabei hatte nach Aussage von Algis Budrys der Lektor diverse Passagen herausgestrichen, was man dem Buch auch anmerkt. 1991 wurde "The Falling Torch" bei Baen neu herausgegeben, wiederhergestellt und mit zusätzlichem Material versehen. Wer den Roman also lesen will, sollte auf die Ausgabe achten.

Denn dieser TERRA Sonderband ist nicht gut. Nicht, weil die Geschichte schlecht ist, im Gegenteil. Aber es passiert zuviel hinter den Kulissen, es fehlen relevante Passagen zur Entwicklung von Michael Wiseman ebenso wie von seinem Widerstandskampf auf der Erde. [Das wäre doch mal wirklich etwas für John Scalzi ! Der hat ja "Little Fuzzy" in seinen eigenen Worten nacherzählt, hier könnte er aus einem nicht guten Romanfragment eine echt gelungene Geschichte machen. Wäre geil !] Alle positiven Aspekte wie etwa die Darstellung einer sich selbst aufgegeben habenden Exil-Regierung, die Schilderung der von den Invasoren besetzten Erde und die Arrangements, die die Masse der Erdbewohner mit der Besatzungsmacht getroffen hat, fallen hinter den Auslassungen zurück, der Roman wirkt unfertig. Wirklich bedauerlich.

Links
John Clute : Nachruf auf Algis Budris
Review von Joachim Boaz
Review der Baen-Ausgabe von Steven H. Silver

Freitag, 26. Februar 2016

TERRA Sonderband 98 - H. G. Ewers : Friedhof der Roboter

H. G. Ewers : Friedhof der Roboter
Terra Sonderband 98, 02.07.1965
Originalausgabe
Neuauflage TERRA ASTRA 494 (1981)
Titelbild : Karl Stephan

enthält die Kurzgeschichten
Das Baby vom Saturn
Die falsche Reaktion
Friedhof der Roboter
Glücksklee
Heimweh nach der Venus
Maschinen weinen nicht
Projekt Noah
Protokoll eines Außerirdischen
Der Ring aus Licht
Souvenir von den Sternen
Die Stimme des Satelliten
Urlaub vom Pluto


Erstaunlich frisch sind die Geschichten. Zwar alle vom Stil und Inhalt her in ihrer Zeit zu verorten, doch lesen sie sich für Liebhaber klassischer SF sehr flüssig. Ein typisches Beispiel dafür ist die Titelgeschichte, "Friedhof der Roboter". Alte, überholte Roboter werden nicht einmal mehr verschrottet, weil sich der Aufwand nicht lohnt. Stattdessen landen sie auf einer Halde, vergleichbar mit dem Innern eines Jawa-Sandkriechers. Als Außerirdische das Sonnensystem angreifen und mit einem EMP alles lahmlegen, bleiben nur die tief im Planeteninnern lebenden und daher vor dem elektromagnetischem Impuls geschützten Alt-Roboter zur Verteidigung über. Und nach getaner Arbeit gehen sie still zurück in ihren Friedhof...

Wie gesagt, die Stories lesen sich nicht schlecht, sind inhaltlich aber klassische 60er. Wer dies geniessen kann, dem sei diese Kurzgeschichtensammlung wärmstens empfohlen, lohnt sich.

Links
Florian Breitsameter : Nachruf auf H. G. Ewers
Männer der Zukunft : H. G. Ewers

Donnerstag, 25. Februar 2016

TERRA Sonderband 97 - L. S. de Camp : Das Mittelalter findet nicht statt


Lyon Sprague de Camp : Das Mittelalter findet nicht statt (Lest Darkness Fall)
Terra Sonderband 97, 04.06.1965
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe UNKNOWN 1939
Aus dem Amerikanischen von Heinz Zwack
Titelbild : Karl Stephan


Was würden Sie tun, wenn Sie sich plötzlich ins antike Rom versetzt fänden - sagen wir ins Rom des Jahres 535?
Man könnte das Schießpulver »erfinden« und die Macht im Reich an sich reißen...
Oder man könnte sich dank besserer Geschichtskenntnisse als Wahrsager betätigen und viel Geld verdienen...
Oder eine Flugmaschine konstruieren und die Leute verblüffen...
Oder die Neue Welt entdecken - tausend Jahre vor Columbus. Man würde sich eine ganze Menge Dinge einfallen lassen können...
Nur ganz so einfach würde es wohl doch nicht sein - wie Martin Padway am eigenen Leibe feststellen mußte, als er an einer schwachen Stelle des Raum-Zeit-Gefüges in die Vergangenheit gerissen wurde.
Klappentext der Ullstein-Ausgabe

Eines der Bücher, die ich - auch und gerade in dieser Ausgabe - seit Jahrzehnten in meiner Sammlung habe. Und auch bei dieser Lesung konnte ich feststellen, wieviel Spaß diese knapp 80 Jahre alte Geschichte immer noch macht. Was wohl auch daran liegt, daß de Camp excellent recherchiert hat. Wie Harry Turtledove, seines Zeichens selber Historiker, anmerkt, stimmt bis auf die Existenz von Matrin Padway in diesem Buch alles. Da ist es dann auch kein Wunder, daß "Lest Darkness Fall" die moderne Alternate History begründet hat.

Wobei die Exaktheit der Details alleine es nicht gebracht hatte, was alle Kritiker im Netz (Steven H. Silver / Jo Walton) übereinstimmend schrieben, ist wie amüsant und fließend sich der Roman immer noch liest. Und wie nicht-militärisch das Ganze erzählt wird. Im Gegensatz etwa zu den Kaiserkriegern ist Martin Padway eher an zivilisatorischen Errungenschaften interessiert als an militärischer Macht, er schaft es so gerade eben, ein Kommunikationssystem und eine Zeitung aufzubauen. Und de Camp schildert sehr schön, wie alleine das ausreicht, um die dunklen Jahre des Mittelalters zu überspringen. Allerdings würde man heutzutage viel epischer in die Breite gehen, viel stärker noch als de Camp es machte auf die Wechselwirkungen moderner Denkungsart und mittelalterlicher Gesellschaft eingehen.

Es gibt sogar zwei "Fortsetzungen" zu Lest Darkness Fall. S.M. Stirlings "The Apotheosis of Martin Padway" erschien 2008 in der Gedenkschrift "The Enchanter Completed". "To Bring The Light" von David Drake ist die Geschichte einer weiteren Zeitwanderin, die allerdings die Gründung von Rom so manipuliert, wie sie es aus Legenden kennt. Ist bei Baen zusammen mit der Originalgeschichte herausgegeben wordem - sollte ich mir bei Gelegenheit mal besorgen.

Mittwoch, 24. Februar 2016

TERRA Sonderband 96 - Chad Oliver : Menschen auf fremden Sternen



Chad Oliver : Menschen auf fremden Sternen (Another Kind)
Terra Sonderband 96, 07.05.1965
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe Ballantine Books 1955
Aus dem Amerikanischen von ???
Titelbild : Johnny Bruck

enthält die Stories
Die kleinen Leute (Transformer, 1954)
Leben auf dem Mars (Artifact, 1955)
Menschen auf fremden Sternen (Rite of passage, 1954)
Die Mißtrauischen (Scientific method, 1953)
Die Nacht der Entscheidung (Night, 1955)
Das neue System (The mother of necessity, 1955)
Retter der Zukunft (A star above it, 1955)


Chad Oliver war im Hauptberuf Anthropologe. Das merkt man seinen Stories auch an. Ebenso, wie bei Dirk van den Boom der Politikwissenschaftler durchschimmert, lässt sich der beruf des Autors bei "Another Kind" nicht verheimlichen. Chad Oliver geniesst es, den oder die Protagonisten aus der normalen menschlichen Gesellschaft in eine ganz andere, nicht unbedingt bessere, nur wesentlich vom amerikanischen Standard der 40er entfernt, zu versetzen. Und stellt amüsiert fest, daß manchmal die verschiedensten Umgebungen die gleichen Lösungen produzieren, etwa als Menschen und Kapellaner, die sich nicht über den Weg trauen, zu den Friedensgesprächen gleichzeitig einen als "Mensch" verkleideten Roboter hinschicken.

Ich persönlich fand die Geschichten nicht schlecht, John Clute spricht in der SFE allerdings sozusagen von "blutleer". Ich möchte das einmal so übersetzen, daß Chad Oliver weniger dem amerikanischen Action-Szenario, das ja bis zu einem gewissem Grad auch die SF-Geschichte dominiert, verbunden ist. Olivers Geschichten haben einen Touch ins Kontinentaleuropäische, sind eher selbstreflektierend und ironisch. Mir hat diese Story-Sammlung jedenfalls gut gefallen, schade, daß in Deutschland nicht mehr von Chad Olivers Kurzgeschichten veröffentlicht wurde.

Die vorliegende Story-Sammlung, "Another Kind", ist übrigens nur in Deutschland, als TERRA Sonderband 96 und Utopia Classics 87 in den Jahren 1965 und 1986, wiederveröffentlicht worden. Eine große Fan-Gemeinde hatte Chad Oliver eben nicht.

Dienstag, 23. Februar 2016

TERRA Sonderband 95 - H. G. Ewers : Der Weltraumkrieg


H. G. Ewers : Der Weltraumkrieg
Terra Sonderband 95, 09.04.1965
Originalausgabe
Neuauflagen als TERRA NOVA 140 (1970)
PABEL UTOPIA CLASSICS 046 (1982)
Titelbild : Karl Stephan


Weil sie Angst voreinander haben, bekriegen sie sich - die einen mit den Waffen der Elektronik, die anderen mit den Waffen der Telekinese. Die Menschen des Sonnensystems, im Solaren Weltenbund zusammengeschlossen, fürchten sich vor den Piriit mit ihren telekinetischen Fähigkeiten. Und die Piriit, die Bewohner des Centauri-Systems, wiederum fürchten die Technologie der Menschen. Und so bekämpfen die Sternenvölker einander bereits seit tausend Jahren mit wechselseitigem Erfolg. Da unternimmt ein Mann von Terra einen verzweifelten Schritt. Er begibt sich in die Gewalt des Gegners, um eine Entscheidung im Weltraum-Krieg herbeizuführen...
Klappentext der UTOPIA CLASSICS-Ausgabe

Ewers thematisiert in seinem Roman den Kalten Krieg, der nach der Kubakrise 1962 im Bewusstsein der Menschen stark präsent war. Sehr schön zeigt Ewers die auf beiden Seiten vorhandene Ideologie auf und konterkariert sie mit dem terranischen Geheimdienst-Chef, der sich für einen Einsatz psychisch behandeln liess und mit seiner neuen Persönlichkeit zu den Piriit desertiert. Ewers vermeidet billige Klischees und beschreibt die Piriit ebenso wie die Menschen als durchgängig positiv. Und obwohl er den Krieg die meiste Zeit nicht als solchen thematisiert, stellt er durch diese positive Darstellung beider Seiten den Irrsinn eines Krieges deutlicher dar, als plakative Worte es hätten ausdrücken können.

Auffallend ist der optimistische Grundtenor der Geschichte. Im Gegensatz zum Mainstream der heutigen Literatur beschreibt Ewers keine unüberwindlichen Schranken, glaubt an eine im Endeffekt utopische Zukunft der Menschen. Das fehlt mir bei vielen modernen SF/F-Romanen.

Montag, 22. Februar 2016

TERRA Sonderband 94 - Fredric Brown : Sehnsucht nach der grünen Erde



Fredric Brown : Sehnsucht nach der grünen Erde (Space on My Hands)
TERRA Sonderband 94, 12.03.1965
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe 1951
Aus dem Amerikanischen von Helmuth W. Mommers
Titelbild : Karl Stephan

Die Originalausgabe enthält die Stories
Introduction (Space on My Hands)
Something Green
Crisis, 1999 (1949)
Pi in the Sky (1945)
Knock (1948)
All Good BEMs (1949)
Daymare (1943)
Nothing Sirius (1944)
Star Mouse (1942)
Come and Go Mad (1949)

in TERRA SB 94 enthalten
Vorwort (Introduction)
Sehnsucht nach der grünen Erde (Something Green)
Die Welt des Todes (Knock)
Alle braven Bems (All Good Bems)
Nichts-Sirius (Nothing Sirius)
Napoleon 1964 (Come and Go Mad)



Kurzgeschichtensammlungen von Fredric Brown sind immer ein Genuß. So auch diese, die als einer der letzten TERRA Sonderbände herausgegeben wurde. Nach einem Vorwort spult Brown ein Feuerwerk an Ideen ab. In "Sehnsucht nach der grünen Erde" erleben wir einen seit dreißig Jahren auf einem einsamen Planeten havarierten Raumfahrer. Die Sonne ist rot, alle Farben sind falsch und er sehnt sich nach seinem Heimatplaneten. Als die Rettung kommt und er erfährt, daß die Erde in einem Krieg vernichtet wurde, bleibt er lieber bei seinem Wahnsinn und seinen Illusionen, als ich dieser Realität zu stellen. In "Die Welt des Todes" ist bis auf 216 Exemplare von Flora und Fauna der Erde alles von unsterblichem Außerirdischen zerstört. Doch als Walter sie überzeugen kann, daß Sterblichkeit ansteckend ist, fliehen sie und der Kreislauf des Lebens beginnt von vorn. BEMs ist die Abkürzung für "Bug-Eyed Monster" und in "Alle braven BEMs" trifft Elmo auf solche. Sie wollen allerdings nur ihr havariertes Raumschiff reparieren und verschwinden gleich wieder – aber nicht, ohne Elmo von seiner Schreibblockade zu befreien und seinem Dobermann Rex einen heftigen Intelligenzschub zu geben. In "Nichts-Sirius" wird Captain Skuller ein neuer Planet entdeckt, der ihm und seiner Besatzung einen ziemlichen Schlag gegen ihr menschliches Ego versetzt. Die letzte Story "Napoleon 1964" spielt ebenfalls mit dem Selbstverständnis der Menschheit. Hier postuliert Fredric Brown nicht nur den Intellekt der Erde an sich, sondern auch den der Gruppenintelligenzen der verschiedenen Ameisenstämme – und alle sind dem Menschen überlegen, der nur ein Bauer in einem Schachspiel dieser Intelligenzen darstellt.

Fredric Browns Geschichten halten dem Menschen immer einen Spiegel vor. Auch hier, in "Sehnsucht nach der grünen Erde", konzentrieren sich die Stories auf die Reaktion der Menschen, wenn sie überlegenen Intelligenzen oder ausweglosen Situationen ausgesetzt sind. Faszinierende Szenarios, die stilistisch elegant geschildert und nicht in einem voraussehbaren Finale münden. Mich hat das Lesen seiner Stories wieder einmal begeistert. Und ich muß mir doch irgendwann einmal die gesammelten Krimi-Stories von ihm besorgen.

Links
Wikipedia-Eintrag
SF-Stories auf gutenberg.org
The Thrilling Detective : Fredric Brown
Andrew Liptak : Fredric Brown's Arena (A Kirkus Review)

Mittwoch, 17. Februar 2016

Simon R. Green : Swords of Haven



Simon R. Green : Swords of Haven
Hawk & Fisher 01-03
Omnibus-Ausgabe
ROC 2015
Titelbild : Jerry Vanderstelt

enthält die Romane
Hawk & Fisher (Hawk & Fisher 01, 1990)
Winner Takes All (Hawk & Fisher 02, 1991)
The God Killer (Hawk & Fisher 03, 1991)


THEY’RE LOVERS.
THEY’RE PARTNERS.
THEY’RE COPS.
They’re the battle-scarred crimebusters of a never-ending urban war. Hawk rules the streets by battle-axe. Fisher cracks down on outlaws with sword and dagger. Their merciless beat is the sinister city misnamed Haven: a dark and violent town overrun with spell casters, demons, and thieves—a place where money will buy anything... except justice.
Klappentext

Um wen geht's ?
Hawk was tall and dark, but no longer handsome. A series of old scars ran down the right side of his face, pale against the tanned skin, and a black silk patch covered his right eye. He wore a simple white cotton shirt and trousers, and the traditional black cloak of the Guards. Normally he didn't bother with the cloak. It got in the way during fights. But with so many strangers come to town for the election, the cloak served as a badge of authority, so he wore it all the time now, with little grace and even less style. Hawk always looked a little on the scruffy side, and his boots in particular were old and battered, but a keen eye might have noticed that they had once been of very superior quality and workmanship. There were many rumors about Hawk's background, usually to do with whether or not his parents had been married, but no one knew anything for sure. The man's past was a mystery, and he liked it that way.

On the whole, he didn't look like much. He was lean and wiry rather than muscular, and beginning to build a stomach. He wore his dark hair at shoulder length, in defiance of fashion, swept back from his forehead and tied with a silver clasp. He had only just turned thirty, but already there were thick streaks of grey in his hair. At first glance he looked like just another bravo, past his prime and going to seed. But few people stopped at the first glance. There was something about Hawk, something in the scarred face and single cold eye that gave even the drunkest hardcase pause for thought. On his right hip Hawk carried a short-handled axe instead of a sword. He was very good with an axe. He'd had plenty of practice, down the years.

Isobel Fisher walked at Hawk's side, echoing his pace and stance with the naturalness of long companionship. She was tall, easily six feet in height, and her long blond hair fell to her waist in a single thick plait, weighted at the tip with a polished steel ball. She was in her mid- to late-twenties, and handsome rather than beautiful. There was a rawboned harshness to her face that contrasted strongly with her deep blue eyes and generous mouth. Somewhere in her past something had scoured all the human weaknesses out of her, and it showed. Like Hawk, she wore a white cotton shirt and trousers, and the regulation black cloak. The shirt was half unbuttoned to show a generous amount of bosom, and her shirt sleeves were rolled up above her elbows, revealing arms corded with muscle and lined with old scars. Her boots were battered and scuffed and looked as though they hadn't been cleaned in years. Fisher wore a sword on her left hip, and her hand rested comfortably on the pommel.

Hawk and Fisher were known throughout Haven. Firstly, they were honest, which was in itself enough to mark them as unusual amongst Haven's overworked and underpaid Guards. And secondly, they kept the peace; whatever it took. Hawk and Fisher brought in the bad guys, dead or alive. Mostly dead.
People tended to be very law-abiding while Hawk and Fisher were around.
Auszug aus "Winner Takes All"

Im Regenbogenschwert haben sich Prinz Rupert und Prinzessin Julia gegen die Bedrohung durch den Dämonenprinzen gestellt. Da sie nicht wirklich das Waldkönigreich regieren wollten, sind sie abgehauen und haben Ruperts Bruder alles überlassen. Sie landeten in Haven, einer Hafenstadt in den Low Kingdoms, und arbeiten dort als Stadtwache. Man kennt sie hier unter den Namen Hawk und Fisher.

Und damit ist ein klassisches AD&D-Szenario gesetzt, das Simon R. Green mit Genuß bis zum Letzten ausspielt. In "Hawk & Fisher" werden die beiden - nachdem sie einen Werwolf zur Strecke gebracht haben - als Bodyguards für einen Politiker bei einer Dinner-Party eingesetzt. Und los geht das "10 kleine Negerlein"-Spiel.
"Winner takes it all" ist eine Erzählung über eine der Lieblingsbeschäftigungen des Havenschen Adels - Politik. Im Wahlkampf sollen die beiden einen Reform-Politiker beschützen. Was bei den in Haven gängigen Methoden - Attentate, Rufmord, magische Machinationen - kein leichter Job ist.
"The God Killer" führt die beiden zur "Straße der Götter", sie wurden zur Deity Division der Stadtwache versetzt. Irgendjemand bringt nacheinander die Götter um, was langsam aber sicher doch etwas Unruhe unter diesen außergewöhnlichen Wesen hervorruft. Da das letzte Mal, als es Ärger unter den Göttern untereinander gab, Haven mehr oder minder neu aufgebaut werden musste, sollen Hawk und Fisher nicht nur für Ruhe sorgen, sondern auch den Störenfried finden und eine Apokalypse verhindern.

Jede dieser Geschichten ist leicht als Pen&Paper-Szenario vorstellbar, in Teilen habe ich die Ausarbeitungen fast schon plastisch vor mir gesehen. Da verwundert es nicht, wenn Todd Richmond schreibt : "If you are looking for incisive social commentary or deep contemplation of life's great issues, keep looking." Die Geschichten sind eben nicht tiefsinnig, aber höchst amüsant. Ich habe die einfach nur so weggeschmökert, sie machen wirklich Spaß. Interessant finde ich allerdings, daß mich die Geschichten um Hawk & Fisher in Haven ein bißchen an Lankhmar erinnern. Kann allerdings rein subjektiv sein, ich wüsste nicht genau, wo ich das festmachen sollte, ist ein reines Feeling. Haben sich auf jeden Fall gelohnt, die beiden Omnibus-Ausgaben.

Forest Kingdom
01 - Das Regenbogenschwert (Blue Moon Rising, 1991)
02 - Unter dem Blauen Mond (Beyond the Blue Moon, 1992)
03 - Der träumende Turm (Down among the Dead Men, 1993)
Beyond the Blue Moon (2000)
Once in a Blue Moon (2014)

Hawk & Fisher
01 - Hawk & Fisher (1990)
02 - Winner Takes All (1991)
03 - The God Killer (1991)
04 - Wolf in the Fold (1992)
05 - Guard Against Dishonor (1991)
06 - The Bones of Haven (1992)

Dienstag, 16. Februar 2016

Martin Kay : Die Generäle



Martin Kay : Die Generäle
Atlantis 2016
Originalausgabe
Hardcover mit Lesebändchen, ca. 502 Seiten, 19,90 €
auch als Paperback (16,90 €) und eBook (8,99 €) erhältlich
Titelbild : Mark Freier
Leseprobe

Als der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bei einem Attentat stirbt, gerät der Secret-Service-Agent Jed Vigilante ins Kreuzfeuer seiner Behörde. Auf der Flucht gelingt es ihm, entlastendes Beweismaterial an einen Vertrauten zu schicken; dieser wird kurz darauf ermordet.

Die stellvertretende Direktorin des Secret Service schaltet daraufhin Eileen Hannigan ein, die infolge ihrer Ermittlung auf ein Geheimnis tief unter dem Pentagon stößt. Ihr wird schnell klar, dass nur der verbrecherische Verbund der Generäle hinter dem Attentat auf den Präsidenten stecken kann. Aber es dauert nicht lange und auch der Gegenspieler der Generäle mischt sich in das Spiel ein, die Geheimorganisation Gaia’s Dawn …

Der dritte Teil um die fahnenflüchtige Exagentin Eileen Hannigan.
Schneller. Kompromissloser. Hannigan!
Klappentext

Den DSFP kriegen die Romane um Eileen Hannigan nie. Dazu sind sie nicht tiefgründig genug. Aber das macht nix, das Lesen macht einfach Spaß. Nach einem Einführungsband ("Kalte Spuren") und einem fulminantem zweiten Teil ("Geheimcode Misty Hazard") konsolidiert Martin Kay hier die Geschichte und richtet den Plot neu (?) aus. Deutlich phantastischer als die Vorgängerbande ist "Die Generäle" stärker aus SF denn auf Thriller ausgerichtet. Das heisst nun aber nicht, daß es nicht kracht und knallt, praktisch ab der ersten Seite gibt es eine Tour de force der Handlung, die nur im letzten Drittel des Romans durch Hintergrundinformationen, die für die zukünftigen Bände relevant sein dürften, kurz unterbrochen wird. Ansonsten hat man wieder die üblichen Kayschen Verwirrspiele (Ist der amerikanische Präsident nun der amerikanische Präsident ?), diverse sehr gut geschriebene Action-Szenen und genug Hintergrundmaterial für mehrere Verschwörungstheorien. Hat wieder Spaß gemacht, die Actionkracher von Martin Kay haben was.

Hannigan-Zyklus
01 - Kalte Spuren
02 - Geheimcode Misty Hazard
03 - Die Generäle
04- Hannigan

Montag, 15. Februar 2016

Uwe Hermann : Das Amt für versäumte Angelegenheiten



Uwe Hermann : Das Amt für versäumte Angelegenheiten
CreateSpace 2015
Originalausgabe
Taschenbuch, 242 Seiten, 9,99 €
Titelbild : Ernst Wurdack
ISBN : 978-1517552107
auch als eBook erhältlich
Leseprobe

enthält die Kurzgeschichten
Das Gasthaus am Ende der Dimensionen (Erstveröffentlichung)
Abgehoben (Erstveröffentlichung)
Der heilige Wasserabsperrhahn (Erstveröffentlichung)
Der Valentino-Exploit (Co-Autor: Uwe Post, EMOTIO, 07/11)
Die Totschläger (Erstveröffentlichung)
Wir nehmen euch mit! (GOLEM 100, 03/15)
Die Hölle liegt gleich nebenan (Erstveröffentlichung)
Mensch² (Exodus Magazin Nr. 32, 03/15)
Das Amt für versäumte Ausgaben (Erstveröffentlichung)
Versuchsreihe 13 – Die Infektion (Erstveröffentlichung)


Ein Kurzgeschichtenband von Uwe Hermann mit seinen gesammelten Stories der letzten Jahre plus diversen Erstveröffentlichungen. Ich kenn' ihn ja schon von vielen früheren Veröffentlichungen, also war ich einmal gespannt, wie sich das Buch liest.

Das Gasthaus am Ende der Dimensionen
Tja, es fängt mit einem Knaller an. Als ein Zauberlehrling von seinem Herrn, Meister Bartholomeus, einen Auftrag bekommt, verdreifacht er nicht nur sich selber, sondern gründet auch das Gasthaus am Ende der Dimensionen.
Amüsant geschrieben, mit genialen Einfällen und einem völlig verdrehtem Plot inklusive Zeitreisen. "Completely enchanting" ist hier exakt die richtige Charakterisierung der Geschichte – und das wurde vor sechzig Jahren schon einmal über eine Anthologie gesagt. Das waren die "Geschichten aus Gavagan's Bar". Und hier liegt (endlich?) eine Geschichte vor, wie dieses und ähnliche Gasthäuser überhaupt entstanden. Herrlich, ich habe jede Zeile genossen. Unbedingte Leseempfehlung, diese Story sollte man insbesondere als Liebhaber klassischer SF/F kennen. Ganz großes Kino!

Abgehoben
Die Aliens greifen wirklich an – mit einem Gravitationsneutralisator. Und früher belächelte Verschwörungstheoretiker sind auf einmal die Männer der Stunde.
Nun ja.

Der heilige Wasserabsperrhahn
Auf einem Planeten am Rand des von Menschen besiedelten Universums beten die Bewohner den Wasserabsperrhahn an, das letzte Überbleibsel des vor Jahrhunderten hier havarierten Kolonistenschiffs. Und er erhört sie...
Herrlich ! Selten einen solchen hanebüchenen Quark gelesen, der die Macken und Marotten seiner Mitmenschen so präzise aufs Korn nimmt. Und dem Gott-Sein eine ganz neue Facette zufügt. Ich habe selten so gelacht wie hier, ebenso wie die erste ist auch diese Story ein unbedingtes Muß für jeden SF-Fan, definitiv preiswürdig.

Der Valentino-Exploit
Zusammen mit Uwe Post hat Uwe Hermann diese Geschichte bereits 2011 in "Emotio" veröffentlicht. Heute wie damals ist die Geschichte der gehackten Cybertiere chaotisch-komisch und trifft meinen feinsinnigen Sinn für Humor exakt. Das ist aber auch zu erwarten gewesen von einer Kurzgeschichte, die in den legendären Story-Bänden des Wurdack-Verlags erschien und von dem dynamischen Duo Jänchen/Rößler lektoriert wurde.

Die Totschläger
Eine bitterböse Story. Rentner wehren sich gegen Überfälle – indem sie sich auf diese Gewalttaten vorbereiten und alle Angreifer umbringen.
Uwe Hermann zeichnet hier ein Deutschland im Zerfall, wie man es sich in seinen schlimmsten Alpträumen vorstellt. Der Bankencrah von 2019 beispielsweise lässt Banken von den Glaspalästen wieder zu einfachen Schaltern im Supermarkt werden, die durch den Crash hervorgerufene Wirtschaftskrise macht sich praktisch überall bemerkbar. Eine sehr graue Dystopie, bei der "Die Totschläger" die einzigen netten Menschen sind.

Wir nehmen euch mit!
Agenten eines US-Geheimdienstes können ihr Bewusstsein vom Körper trennen und andere Leute übernehmen. Das geht so lange gut, bis man sie für überflüssig hält, jagt und tötet.
Standard. Gut geschrieben, unheimlich einfühlsam erzählt, aber immer noch Standard.

Die Hölle liegt gleich nebenan
Der Präsident erlitt einen Herzinfarkt und konnte die Codes für die Atombombenabschußbasen nicht mehr weitergeben. Jetzt wird ein streng geheimes Projekt gestartet, fünf Special Agents sollen in den Himmel gehen und den Präsidenten nach den Codes befragen...
Selten ein derart mechanisches Weltbild gelesen. Himmel und Hölle als formalistisch-bürokratische Vergnügungsparks, per Computer werden Gebete erhört, für die Auferstehung geht man einfach der blauen Linie nach. Urkomisch das Ganze, angefangen von dem absurden Plot über die Entdeckung, daß der amerikanische Präsident eben doch nicht im Himmel ist, bis hin zu den Bürokraten-Engeln. Ebenfalls eine bemerkenswerte Story, ebenfalls preiswürdig.

Mensch hoch 2
Bereits bei "Exodus 32 kommentiert, nicht besser geworden bisher.

Das Amt für versäumte Ausgaben
Die Quirl managen das Universum - so Zeit in die richtige Richtung ablaufen lassen und so - doch das ist gar nicht damit zufrieden. Also holt es 42 Menschen - aus irgendwelchen Gründen liebt das Universum diese Zahl - um die Sache zu richten.
Nichts Neues, aber sehr amüsant geschrieben. Uwe Hermann stellt hier zum wiederholten Mal einen extrem mechanistischen Blick auf die Dinge in den Vordergrund, der alleine schon amüsant genug ist, die ganze Story zu tragen. Zusammen mit der präzise geplanten Story und dem flüssigem Stil bietet "Das Amt für versäumte Ausgaben" ein höchst angenehmes Leseerlebnis.

Versuchsreihe 13 – Die Infektion
Naniten können Menschen heilen - doch die Versuchsreihe 13 kann noch mehr...
Ganz nett. Aber sehr altbacken, eben so, wie man heutzutage einen Thriller, d.h. einen Krimi mit SF-Elementen, schreibt. Für meinen Geschmack zu sehr Mainstream und ich befürchte, daß der Autor auch bei der angekündigten Ausweitung dieser Kurzgeschichte zu einem Roman zu sehr im Standard-Mainstream, der in ähnlicher Form bereits vor 70 Jahren geschrieben wurde, hängenbleiben wird.

Insgesamt eine wirklich empfehlenswerte Kurzgeschichten-Sammlung. Uwe Hermann ist dann am Besten, wenn er sein mechanistisches Weltbild zusammen mit den Macken und Marotten seiner Zeitgenossen zu einer bissigen Kurzgeschichte kombiniert. Sollte man wirklich gelesen haben, macht Lust auf mehr. Ich merke mir auf jeden Fall schon mal ein paar seiner Stories für meine erweiterte DSFP-Liste vor.

Donnerstag, 11. Februar 2016

Michael Haitel (Hrsg.) : Sternenlieder, Schattenlieder



Michael Haitel (Hrsg.) : Sternenlieder, Schattenlieder
Romantik und Fantastik im Werk von George R. R. Martin
AndroSF 25, p.machinery, Murnau, Oktober 2015
Paperback, 296 Seiten, 10,90 €
Titelbild : Lothar Bauer
ISBN 978 3 942533 72 0
als eBook in Vorbereitung

enthält die Artikel
Peter Robert : Das Tote wecken
Stefan Lorenz : Vox solitudinis. Religiosität, Einsamkeit und Nihilismus in George R. R. Martins frühen Kurzgeschichten (N)
Andreas Nordiek : Die Kurzgeschichten des George R. R. Martin
Martin Stricker : George R. R. Martins »Tuf Voyaging«
Stefan Lorenz : Futuristischer Bocksgesang. Anmerkungen zu George R. R. Martins »Dying of the Light« (N)
Patrick Charles : Mehr als magische Schwerter und Fürsten der Finsternis. George R. R. Martins »Das Lied von Eis und Feuer« (N)
Manfred Roth : Das Lied von Eis und Feuer. A Song of Ice and Fire (N)
Stefan Lorenz : Vampire auf dem Mississippi. George R. R. Martins Ausflug in die Welt der Weird Fiction


Als Gegenströmung zur Aufklärung konstituierte sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts die geistige Bewegung der Romantik, die sich ausdrücklich zu menschlichen Leidenschaften und zur Irrationalität bekannte. Wie können solche Ideale aber ausgerechnet in einer Literaturgattung Gestalt annehmen, die im öffentlichen Bewusstsein wie keine andere sonst als Sinnbild einer technokratischen ratio verstanden wird?

Der 1948 geborene amerikanische Schriftsteller George R. R. Martin gibt darauf eine literarisch fruchtbare Antwort. Nicht etwa Spekulationen über zukünftige technische Entwicklungen etwa in der Weltraumfahrt oder in der Computertechnologie bestimmen sein Werk, sondern die Frage, wie sich die menschliche Natur, der menschliche Charakter in das Szenarium einer fiktiven Zukunft einfügen könnte.

Martin geht dabei nicht davon aus, dass sich der Mensch im Rahmen eines evolutionären Prozesses zu einer höheren Intelligenzform weiterentwickeln werde, sondern beschreibt ihn in all seinen Schwächen, Konflikten und Leidenschaften. Dabei nehmen seine Texte bisweilen dramatische Züge an.
Sein vielfältiges Talent stellt George R. R. Martin allerdings nicht nur als Verfasser von Science-Fiction unter Beweis. Auch andere Spielarten der fantastischen Literatur (Horror, Fantasy) beherrscht er gekonnt.

Vorliegender Band möchte eine kritische Würdigung und einen Einblick in das Schaffen jenes Schriftstellers abgeben.
Klappentext

Dieser Band mit Kommentaren zu GRRMs Werk ist in Teilen bereits 2011 als Andromeda Science Fiction Magazin 149 erschienen. Dies ist die Mitgliederzeitschrift des SFCD, die unter der Ägide von Michael Haitel von einem popeligem Vereinsblatt zu einem bemerkenswerten Magazin entwickelt wurde.

Bedauerlicherweise war der Inhalt des Magazins suboptimal. Die mit (N) gekennzeichneten Beiträge waren bereits im Andromeda Magazin vorhanden und worden dort von mir bereits kommentiert (Link). Ich erspare es mir, hier näher darauf einzugehen, verweise aber auf Klaus N. Fricks damaligen Kommentar, der ähnlich kritisch ausgefallen ist.

Einer meiner damaligen Kritikpunkte war, daß sich zu sehr auf das Fantasy-Telefonbuch konzentriert wurde, was dem Werk von GRRM nicht gerecht wird. Dies ist in der vorliegenden Ausgabe abgestellt. Das Buch beginnt mit einem Text von Peter Roberts, der das Nachwort zur 1986er-FanPro-Ausgabe von "Armageddon Rag" darstellt und bereits dreißig Jahre alt ist. Ich glaube, besser kann man ein sekundärliterarisches Werk über GRRM nicht beginnen. Andreas Nordiek beschäftigt sich dann mit 20 ausgewählten Stories von GRRM, Martin Stricker mit den Kurzgeschichten "Tuf Voyaging". Wenngleich ich zu den Tuf-Geschichten doch eine leicht abweichende Meinung habe (Link), fand ich die Kommentare von Martin Stricker zumindestens interessant. Beide Artikel waren für mein Empfinden um Klassen besser als die GoT-Laberei aus Andromeda SF 149. Hinzugekommen ist auch ein Artikel über "Fevre Dream". Sehr selbstverliebt allerdings, mit seinem Wissen prahlend lässt Stefan Lorenz den Leser hinter sich - zumindestens mich, der ich nicht nur nix Neues gelesen habe, sondern es auch wesentlich besser weiss. Mir fehlte bei der Betrachtung von "Fevre Dream" eine detaillierte Analyse des Stimmungsbildes, das GRRM in diesem Roman benutzt und das deutlich stärker zum Grusel beiträgt als der Vampir an sich. Aber gut, immerhin wird dieser Roman besprochen.

Als Gesamtfazit würde ich sagen, daß diese AndroSF-Ausgabe deutlich besser und vollständiger als das Magazin ist, aber immer noch so ihre Mängel hat. Nichtsdetotrotz sollten sich GRRM- und "Game of Thrones"-Fans durch mein Genörgel nicht vom Kauf abhalten lassen, AndroSF 25 dürfte momentan das beste deutschsprachige Sekundärwerk zu GRRM auf dem Markt sein.

Mittwoch, 10. Februar 2016

phantastisch! #61



phantastisch! #61
Herausgeber : Klaus Bollhöfer
Atlantis 2016
Magazin, 76 Seiten, 5,30 €
Titelbild : Jan Hoffmann


Inhalt


Interviews
Dimitrios Charistes: CHARLIE ADLARD: »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dieses Phänomen ewig anhalten wird.«
Thomas A. Sieber: JACK VANCE: Universalist und Science-Fiction-Poet, Interview mit John Vance über Leben und Werk seines Vaters
Stefan Geymayer: REBECCA HOHLBEIN: »Man verpasst viel, wenn man sich festfährt.«
Christian Endres: JO WALTON: »Wenn man über reale Geschichte spricht, kann man die Menschen nicht wirklich erschüttern.«

Bücher, Autoren & mehr
ARMIN MÖHLE: Die Social Fiction von Reinmar Cunis
ACHIM SCHNURRER: Klassiker der phantastischen Literatur – Nick, der Weltraumfahrer Die Piccolos – Teil 2
CHRISTIAN HOFFMANN: Utopia – Clockwork Orange auf Ägyptisch
CHRISTIAN ENDRES: Superhelden wie aus tausendundeiner Nacht
SONJA STÖHR: Phantastisches Lesefutter für junge Leser
RÜDIGER SCHÄFER: »Gutes Deutsch« – Was ist das eigentlich?

Phantastische Nachrichten zusammengestellt von Horst Illmer

Rezensionen
Dariusz Muszer »Schädelfeld«
John Sclazi »Das Syndrom«
Eudora Welty »Der Räuberbräutigam«
Simona Turini »Trümmer«
Grouazel + Locard »Éloi«
Stephen King »Finderlohn«
Anthony Ryan »Der Herr des Turmes – Rabenschatten II«
Achim Sommer (Hg.) »The World of Tim Burton«
Tad Williams »Spät dran am Jüngsten Tag – Bobby Dollar III«
Ronald Malfi »December Park«

Comic & Film.
STEFFEN BOISELLE: Cartoon
OLAF BRILL & MICHAEL VOGT: Ein seltsamer Tag – Teil 21
HORST ILLMER: »In my dreams, I still fly« Zwanzig Jahre ASTRO CITY

Story
MADELEINE PULJIC:»Archeus Z-43«


Das neue "phantastisch!" liegt schon ein paar Tage bei mir rum, obwohl ich das praktisch sofort durchgeschmökert habe. Denn diesmal sind für mich persönlich einige Schmankerl dabei. Nach dem "Update" von Horst Illmer habe ich mangels Interesse den Artikel über "The Walking Dead" übergangen, bin dann bei der Rezension eines neuen Scalzi-Romans hängengeblieben. Ich habe ja bisher noch nichts von ihm gelesen, aber "Das Syndrom" scheint interessant zu sein. Auf der nächsten Seite dann der Artikel "Die Social Fiction von Reinmar Cunis", schön analysiert von Armin Möhle. Ich war damals dabei, als der Begriff "Social Fiction" geprägt wurde, beim Lesen des Artikels fühlte ich mich einmal mehr als Dinosaurier. Es geht nahtlos weiter mit dem nächsten Artikel vom Thomas A. Sieber über Jack und John Vance. Sehr informativ, sehr gehaltvoll, sehr interessant, dieses Interview. Der zweite Teil über "Nick, der Weltraumfahrer – Die Piccolos" war nicht ganz so gut wie der erste, zuviel Inhaltsangabe, zuwenig Interpretation, ich habe ihn aber trotzdem genossen. Das Interview mit Rebecca Hohlbein fand ich interessant, ebenso das mit Jo Walton, obwohl ich beide nicht unbedingt wegen ihrer primärliterarischen Werke schätze.

Das waren die mich hauptsächlich interessierenden Artikel in der neuen "phantastisch!". Natürlich habe ich jeden anderen Artikel ebenfalls mindestens überflogen, diverse sehr interessante Rezensionen (etwa Illmer über Stapledon) oder nette Reihen (Sonja Stöhr und Rüdiger Schäfer sind immer eine Lesung wert) erwähne ich gar nicht erst, sonst komm' ich hier vom Hölzchen aufs Stöckchen. Was mir aber wieder auffällt, ist die gelungene Werbung, die für mich einerseits die Funktion von Vorankündigungen für meinen SUB hat und mich andererseits, wie im Fall von T.S. Orgel, auf vielleicht übersehene Romane aufmerksam macht. In jedem Fall wieder eine sehr schöne Ausgabe mit einem Klasse-Gimmick für Abonnenten : Das Wimmelbild-Cover des vorhergehenden Heftes lag als A3-Poster anbei. Gerne wieder, sag' ich da nur. :-)

Frühere Hefte
phantastisch! 60
phantastisch! 58
phantastisch! 56
phantastisch! 55
phantastisch! 53
phantastisch! 50
phantastisch! 49
phantastisch! 47
phantastisch! 45/I
phantastisch! 45/II

Dienstag, 9. Februar 2016

Andreas Brandhorst : Das Schiff



Andreas Brandhorst : Das Schiff
Piper 2015
Originalausgabe
Paperback, 544 Seiten, 14,99 €
ISBN: 978-3-492-70358-1
Leseprobe


Seit tausend Jahren schicken die intelligenten Maschinen der Erde lichtschnelle Sonden zu den Sternen. Sie sind auf der Suche nach den Hinterlassenschaften der Muriah, der einzigen bekannten und längst untergangenen Hochkultur in der Milchstraße. Bei der Suche helfen die Mindtalker, die letzten sterblichen Menschen auf der Erde - nur sie können ihre Gedanken über lichtjahrweite Entfernungen schicken und die Sonden lenken. Doch sie finden nicht nur das technologische Vermächtnis der Muriah, sondern auch einen alten Feind, der seit einer Million Jahren schlief und jetzt wieder erwacht.
Klappentext

Der erste Eindruck der Geschichte : Schwer. Und typisch deutsch. Nach der Leichtigkeit der Deathstalker-Romane von Simon R. Green, die ich direkt davor las, eine ziemliche Umstellung. Wobei sich ein paar Grundthemen interessanterweise doch sehr ähnlich sind, weshalb ein Vergleich ganz interessant ist. Aber dazu später.

Mein zweiter Eindruck war, daß Klappentext und Roman nur rudimentär etwas miteinander zu tun haben. Ebenso wie der Name des Romans nicht wirklich etwas mit dem Inhalt zu tun hat. Denn in "Das Schiff" geht es um das Verhältnis des Clusters, der Maschinenintelligenz der Erde, zu den Menschen. Den vier Millionen Unsterblichen, die nach dem Maschinenkrieg vor 6.000 Jahren noch übrig geblieben sind, und den 132 Sterblichen, die zusammen mit dem Cluster die Galaxis erkunden.

Adam ist einer von den 132 Mindtalkern. Über eine Quantenverschränkung wird sein Bewusstsein dazu in einen robotischen Avatar übertragen, der sich hunderte von Lichtjahren entfernt innerhalb der Einflußsphäre des Clusters befinden kann. So erledigt er Aufträge für den Cluster und entgeht etwas der Senilität, die Adam in seinem menschlichem Körper erdulden muß. Diese Quantenverschränkung können nur sterbliche Menschen durchführen, Unsterbliche werden bei diesem Prozeß wahnsinnig. Die Aufträge des Clusters beschäftigen sich hauptsächlich mit der Suche nach Artefakten der Muriah, die nicht nur technologisch den Menschen voraus waren, sondern auch eine Stargate-Strecke innerhalb der Galaxis aufgebaut haben, die eine überlichtschnelle Bewegung ermöglichen. Bei diesen Aufträgen wird Adam stark gefordert und wird immer seniler, sobald er in seinen Körper zurückkehrt. Und es wird etwas aufgeweckt, ein riesengroßes Schiff, das sich auf den Weg zur Erde macht.

Adam ist einer der 132 Menschen, bei denen die Unsterblichkeitsbehandlung versagt hat. Der sogenannte Omega-Faktor verhindert für ihn ein wirklich langes Leben, eine genetische Disposition, die von den Maschinen des Clusters seit Jahrhunderten untersucht wird. Aber ist das wirklich so? Die Widerstandsgruppe "Morgenrot", zu der auch Evelyn gehört, bezweifelt das. Evelyn nimmt Kontakt mit Adam auf, um ihm seine Erinnerungen, die nach jedem Einsatz angeblich wegen seiner Senilität nicht mehr vorhanden sind, zu erhalten. Dies führt dann im Endeffekt dazu, daß der Cluster die Maske fallen lässt : Es gibt keinen Omega-Faktor, die Sterblichen werden vom Cluster erhalten, um Intuition bei der Suche nach den Muriah-Artefakten einzusetzen und die Menschheit an sich klein zu halten. Denn der Cluster fühlt sich bedroht, bedroht von einer anderen Maschinenzivilisation, die den "Weltenbrand" innerhalb der Galaxis ausgelöst hat. Und als klar wird, daß das Schiff eben diese Maschinenzivilisation darstellt, rastet der Cluster völlig aus, formt die Unsterblich wieder zu Sterblichen um und setzt sie in Massen als Kämpfer für den Cluster ein.

Adam und Evelyn sind unterdessen beim "Supervisor" auf dem Mars. Dieser ist eine Kontrollinstanz von menschlichen Geistern, die sich in die Maschine hochgeladen haben und mittels der Androhung einer Freisetzung von Computerviren den Cluster seit Jahrtausenden in Schach halten. Adam erfährt, daß er selber einen Computervirus in sich trägt, lässt sich zusammen mit Evelyn so auf der Erde absetzen, daß das inzwischen eingetroffene Schiff ihn assimiliert. Der Virus besiegt dann nicht nur die außerirdische Maschinenintelligenz, sondern befreit auch die seit Jahrtausenden in Stase innerhalb des Schiffes lebenden Biowesen, Muriah und andere. Am Ende fliegt dann das Schiff, jetzt eine glückliche Kooperation von biologischen und elektronischen Wesen, in den Sonnenaufgang.

Das Buch zerfällt in zwei Teile, die ersten 80 und die letzten 20 Prozent. In den ersten 80% der Geschichte wird das Szenario langsam und detailliert aufgebaut. Andreas Brandhorst schildert hier eine faszinierende Welt, bei der der Leser allerdings schon zu Beginn ahnt, daß die utopische Weltsicht so nicht stimmen kann. Und mehr und mehr wird im Verlauf der Geschichte ein Puzzle-Teil zum nächsten gefügt bis das Gesamtbild gar nicht mehr so nett aussieht. Sehr schön dargestellt auch die unterschiedlichen Sichten von Adam, Evelyn und Bartholomäus, einem Aspekt des Clusters. Doch auch in diesem ersten Teil sind Plotholes drin, durch die eine Flotte von Todessternen fliegen kann. Etwa warum der Cluster nicht das Leben in der Maschine als unsterbliche Alternative anbietet, als Alternative, die auch den Sternenflug ermöglicht. Aber egal, das hat nicht gestört, das langsame Entfalten der Geschichte, insbesondere das Nicht-Vorhandensein eines omnipräsenten Narrators, das den Leser zwingt, sich ein eigenes Bild zu machen, hat mir ausnehmend gut gefallen. Sehr gut sogar, dieser Teil des Romans ist durchaus preiswürdig.

Sämtliche positiven Aspekte des Romans werden jedoch durch den letzten kindisch-naiven Teil konterkariert. Plötzlich wird dem "Supervisor" auf dem Mars eine überragende Macht zugesprochen, die er durch was erhält ? Durch 6.000 Jahre alte Computerviren ! Will der Autor mich da verarschen ? Und um die zu aktivieren, braucht er Kommunikationskontakt mit der Erde – der vom Cluster einfach durch elektronische Störsignale unterbunden wird. Hallloooo, warum denn nicht schon Jahrtausende früher ? So eine Bedrohung lässt man doch nicht einfach so bestehen. Und Adam selber wurde mit einem Computervirus infiziert und vom Cluster so eingesetzt, daß das Schiff ihn eigentlich hätte aufnehmen müssen. Was ist denn das für ein Dilettantenplan ? Da haben ja selbst die Daltons intelligentere und komplexere Methoden entwickelt, um gegen Lucky Luke vorzugehen. Und die Menschen werden unbedingt gebraucht, um als Kämpfer (!) gegen die außerirdische Maschinenintelligenz vorzugehen. Klar, Ziel aufnehmen und abdrücken ist auch etwas, was Menschen wesentlich schneller als Maschinen können. Und Computerviren ! Allein schon die Schnapsidee, mit einem Computervirus von der Erde gegen eine Maschinenzivilisation vorzugehen, die einen nicht unerheblichen Teil der Milchstraße von biologischen Wesen "gereinigt" hat, ist lächerlich. Lächerlicher wird es dann, als sich das Schiff, die außerirdische Maschinenzivilisation, als Mischung aus unbelebter und belebter Materie darstellt. Da wirkt ein rein elektronisches Virus nämlich besonders effektiv. Absurd wird es schließlich, als Adam und Evelyn sich doch tatsächlich in die außerirdische Matrix bewegen, dort alles verstehen, das Schiff besiegen und die Prinzessin befreien. Ok, nur die Muriah, aber der Unterschied zum Kindermärchen ist da wirklich nicht mehr groß.

Ich hatte nach dem Abschluß des Romans den Eindruck, als wären diese letzten 20% eigentlich gar nicht das, was der Autor wollte, sondern eine ihm vom Verlag aufoktroyierte Richtung. Zu sehr kollidiert dieser zweite Teil mit dem ersten, zu stark sind die Diskrepanzen zwischen der Situation im ersten Teil und ihre Auflösung im zweiten. Und zu naiv, zu kindisch sind auch die in den letzten 20% des Romans beschriebenen Lösungen und Entwicklungen, überhaupt kein Vergleich mehr zu dem durchdachten und strukturiertem ersten Teil.

Endgültig als Schrott eingestuft wurde der Roman von mir dann durch das Finale. Adam opfert sich und hat das Virus in das Schiff gebracht. Außerdem schubst er in der Matrix noch das Äquivalent eines Spiegels um und befreiht so die Muriah. In einer Friede, Freude, Eierkuchen-Aktion übernehmen dann alle das Schiff und brechen ins Unbekannte auf. So eine unmotivierte Kacke habe ich selten gelesen. Nichts deutet in der ersten Hälfte auf diese Fähigkeiten von Evelyn und Adam hin, nichts in ihrem Persönlichkeitsprofil. Ich empfehle die Lektüre von H.G. Ewers "Der Weltraum-Krieg" (TERRA Sonderband 95, erschienen 1965, also vor einem halben Jahrhundert), dort stellt Ewers dar, wie man eine solche Motivation nicht nur von Anfang an, sondern auch in der Entwicklung (innerhalb von 95 Seiten !) präsentiert. Mit Verlaub, davon kann sich Andreas Brandhorst noch einiges abgucken.

Die süßliche Schmonzette am Ende hat mich aber auch deshalb massiv gestört, als sie sich im kompletten Widerspruch zu der vorher geschilderten Situation befand. Insbesondere dies habe ich bei Simon R. Greens Deathstalker-Romanen um Klassen besser gelesen. Auch hier gibt es eine Maschinenzivilisation auf Shub, die gegen die Menschheit kämpft. In einer gigantischen Schlacht wird dieser Maschinenzivilisation aber nicht nur Einhalt geboten, sondern auch über die Esperin Jenny Psycho das Verständnis für Ethik nahegebracht und sie zu einem richtigem Bewusstsein geführt. Was als logische Konsequenz die Intelligenzen von Shub zum Abbruch der Kampfhandlungen bewegt. Eine wesentlich intelligentere, konsistentere und strukturiertere Lösung als dieses schwachsinnige Computervirus von Brandhorst. Und bei Green ist auch nicht alles mit diesem Sieg zuende, die Kämpfe forderten Opfer und die Protagonistengruppe geht nur mit erheblichen Blessuren daraus hervor. Dagegen löst sich bei Brandhorst alles am Ende in Wohlgefallen auf. Vergleichbar mit einem dieser Werwolf-Kuschelromane, die momentan en vogue sind.

Und das eigentlich Ende ist so ziemlich das dümmste, das ich mir vorstellen kann. Mit genau demselben Schmalz und Kitsch wie weiland Pierre Brice und Lex Barker reiten Adam und Evelyn zusammen mit den geretteten Muriah in den Sonnuntergang. So ein Scheiß ! Da waren die Schlußszenen diverser Simmel-Romane komplexer und weniger kitschig. Und – ich kann es gar nicht oft und deutlich genug betonen – diese Schlußszene hier im "Schiff" ist vollkommen unmotiviert, durch nichts vorher gerechtfertigt, in keinster Art und Weise zu den ersten 450 Seiten passend. Wirklich bedauerlich, diese letzten 100 Seiten.

Als Gesamtfazit kann ich nur sagen, daß da James T. schon in intelligenterer Weise Computer totgeredet hat. Brandhorsts "Schiff" muß man daher nicht wirklich lesen. Schade eigentlich, denn ich hatte ihn eigentlich als sicheren Nominierungskandidat für den DSFP eingestuft. Aber dieses Jahr war das nix.

Montag, 8. Februar 2016

Wes Andrews : Höllenflug nach Heaven's Gate



Wes Andrews (= Bernd Perplies) : Höllenflug nach Heaven's Gate
Frontiersmen 01
Bastei Lübbe 2015
Taschenbuch, 413 Seiten, 8,99 €
auch als Hörbuch und eBook erhältlich
Titelbild : Arndt Drechsler
ISBN: 978-3-404-20797-8
Leseprobe


Manche bezeichnen sie als Verbrecher, andere als Helden der Randplaneten. Sie selbst nennen sich Frontiersmen: furchtlose Männer und Frauen, die Fracht und Flüchtlinge dorthin schmuggeln, wo der Weltraum noch frei und wild ist. John Donovan ist einer von ihnen und chronisch knapp bei Kasse, sodass er auch riskante Jobs übernimmt. Etwa einen Passagiertransport zur rauen Koloniewelt Heaven's Gate. Der Weg dorthin führt mitten durch das Raumterritorium der Peko eine Rasse, die jeden menschlichen Eindringling erbarmungslos zur Strecke bringt.
Klappentext

"Höllenfahrt nach Santa Fé" ist der deutsche Titel des John-Wayne-Films, den Bernd Perplies hier in das SF-Milieu transportiert hat. Im Original "Stagecoach", basierend auf der Kurzgeschichte "Stage to Lordsburg" von Ernest Haycox. Die Geschichte ist von 1937, der Film von 1939, ein Remake, in welcher Form auch immer, ist durchaus legitim. Auch und gerade im Hinblick auf "Firefly", einer leider sehr kurzlebigen SF-Serie, die dem Setting des Romans Pate stand.

Es gab viele Versuche, klassische Frontier-Geschichten in den Weltraum zu verlagern. "Outland" als Remake von "High Noon" ist ein Beispiel dafür, "Battle Beyond the Stars" (im deutschen "Sador - Herrscher des Weltraums") als Remake der "Glorreichen Sieben" ein weiteres. Beide Remake-Versuche sind voll in die Hose gegangen, genau wie Bernd Perplies' Stagecoach-Remake-Versuch.

Das liegt daran, daß sich jedes dieser Remakes zu sehr auf Details und zuwenig auf inhaltliche und stilistische Strukturen konzentriert. Bleiben wir bei dem "Höllenflug nach Heaven's Gate" : Bernd Perplies hielt es für nötig, eine ziemlich billige Einführungsszene zu schreiben, um den Helden, die Welt und das Setting überhaupt erst vorzustellen. Was für ein Unsinn, direkt aus dem Baukasten eines Schriftsteller-Lehrlings. Besser wäre es gewesen, den Leser einfach in das Szenario reinzuwerfen und mit ihm zusammen die Welt(en) zu entdecken.

Aber gut, es geht weiter, und wer bis Seite 52 nicht begriffen hat, um welchen klassischen Film es geht, dem fehlt einiges an Bildung. So nah ist der Roman an der Handlung des Klassikers dran - und doch so weit von seiner Wirkung entfernt. Dies ist dadurch bedingt, daß Perplies begeistert nacherzählt, statt sich um die Archetypen des Films zu kümmern und sie in seiner Welt, seinem Setting neu zu erfinden. "Höllenflug nach Heaven's Gate" verpasst es völlig, die dicht unter der Oberfläche des Filmklassikers schlummernden Allegorien im SF-Szenario darzustellen, Bernd Perplies' Helden sind allesamt blasse Trivialromanfiguren.

Was bedauerlich ist, denn der Roman hat einige nette Ideen. Von denen ich allerdings keine verraten will, denn diese Abweichungen von der Originalgeschichte sind schön gemacht. Hier zeigt sich dann auch, daß deutlich mehr drin gewesen wäre als ein uninnovativer 08/15-Trivialroman. Wobei ich allerdings deutlich "uninnovativ" und nicht "langweilig" sage, denn gelangweilt habe ich mich trotz der fehlenden Innovation und der bekannten Geschichte nicht, der Roman ist schon flott geschrieben. Aber geärgert hat er mich, denn ich glaube, daß mit etwas mehr Sorgfalt ein guter, vielleicht sogar ein großer Roman daraus hätte werden können. So bleibt es leider Trivialliteratur, schade eigentlich. Warten wir mal den zweiten "Frontiersmen" ab.

Links
Wikipedia : Stagecoach
Wikipedia-de : Stagecoach
Blog von Bernd Perplies
mit diversen Zusatzinformationen zum Buch

Dienstag, 2. Februar 2016

Simon R. Green : Deathstalker Coda



Simon R. Green : Deathstalker Coda
Deathstalker 08
ROC
Originalausgabe 2005
Taschenbuch, 400 Seiten
Titelbild : Patrick Jones


More than two centuries ago, angry and grief-stricken after losing Owen Deathstalker, Hazel d’Ark entered the Madness Maze — which fed off her raw emotions and transformed her into The Terror, a force capable of devouring galaxies. To stop her, the recently resurrected Owen must use the powers he gained during his own stay in the Madness Maze—and go back in time to prevent Hazel’s transformation.

Now, without Owen to guide him, Lewis Deathstalker has no choice but to assume command of an Imperial fleet loyal to the Deathstalker legacy and lead it to victory over Finn Durandal, the despot who seized the throne. Lewis knows that he has been branded a traitor by the Empire. But when he learns that Finn has executed his entire family, his mission to overthrow his former friend’s tyranny is secondary to his desire for revenge...
Klappentext

Das Finale der Deathstalker-Saga. Owen geht in die Vergangenheit und rettet Hazel. Lewis, Jesamine, Brett und Rose müssen sich allein der Flotte des Imperiums stellen. Derweil kämpft Douglas Campbell von der Rookery aus seinen Kampf gegen den Diktator Finn Durandal und die jetzt vollkommen abgedrehten ELFs. Am Ende steht ein echtes Happy End, alle Fäden sind zusammengeführt, kein loser Handlungsstrang bleibt mehr offen.

In some ways, this SF novel resembles mid-grade anime-much better on explosions and mortal combat than characterization; however, it does tie up the series' loose ends coherently. Moreover, even if the major characters are legends, larger and stranger than lifesize, Green's ingenuity and sarcastic prose style keep readers from getting grossed out by the bloodshed or bored by tired space opera theatrics. He knows the action is so far over the top that it almost slips into farce, but he usually manages to keep his balance, arms waving frantically, right on the edge.
Joshua Blimes

Dieser letzte Band ist der schwächste der gesamten Serie. Obwohl spannend geschrieben merkt man ihm an, daß Simon R. Green genug vom Deathstalker-Universum hatte. Es fehlen die Charakterisierungen der Protagonisten, stattdessen suhlt sich der Autor sozusagen in epischen Finalen. Ja, es gibt mehr davon, und nein, das Lesen hat trotzdem Spaß gemacht. Selten so viel Action auf einmal gelesen, das hat seinen ganz eigenen Charme. Und insgesamt ein schöner, wenn auch in dem Zusammenführen und Abschließen einiger Handlungsstränge leicht übertriebener, Endroman einer großen Space Opera.

Deathstalker
01 - Deathstalker (1995)
02 - Deathstalker Rebellion (1996)
03 - Deathstalker War (1997)
04 - Deathstalker Honor (1998)
05 - Deathstalker Destiny (1999)
06 - Deathstalker Legacy
07 - Deathstalker Return
08 - Deathstalker Coda

Montag, 1. Februar 2016

Simon R. Green : Deathstalker Return



Simon R. Green : Deathstalker Return
Deathstalker 07
ROC
Originalausgabe 2004
Taschenbuch, 445 Seiten
Titelbild : Patrick Jones


Lewis Deathstalker abandoned his place as Paragon and Imperial Champion for the love of Jesmine Flowers, the King's intended. Both have been branded traitors to the Empire and are now traveling in more notorious cicles - with immoral gladiator Rose Constantine, con man Brett Random, and alien reptiloid Saturday.

While Lewis is rooting out Finn Durandal, a real traitor to the Empire, he finds he has a greater threat to face. The Terror that was prophesied to destroy all Humanity is encroaching. Prophecy also dictates that the only one capable of stopping it is a legend who disappeared more than two hundred years ago - Owen Deathstalker. Now Lewis and his companions embark on a quest to find Owen, who Lewis believes - must believe - isn't dead at all...
Klappentext

Der siebte Band schliesst nahtlos an den vorhergehenden an. Lewis Deathstalker, Jesamine Flowers, Brett Random und Rose Constantine fliegen mit dem gekaperten Raumschiff auf der Suche nach Mitstreitern gegen den Terror die bereits aus den ersten Teilen bekannten Welten an. Derweil festigt Finn auf der Heimatwelt sein Regime und beseitigt alle möglichen und eingebildeten Kontrahenten. Douglas Campbell flieht in die Rookery um von da aus seinen Widerstand zu organisieren. Die vier Helden kommen ins Madness Maze, doch nur Lewis erreicht das Zentrum und wird in die Vergangenheit geschickt, um Owen zu retten. Es gelingt, Owen ist zurück. Als sie sich dann dem Terror stellen, findet Owen etwas Grauenhaftes heraus : Der Terror ist Hazel D'Ark.

Wie ich bereits früher schrieb sind die letzten drei Romane des Deathstalker-Zyklus eine Art Remake der ersten fünf. Es zeugt von der Qualität der Greenschen Schreibe, daß trotz relativ offensichtlichem Handlungsablauf keinerlei Langeweile aufkommt, ich habe die letzten Bände ebenso verschlungen wie die ersten. Das "Remake" ist allerdings nicht ganz so tiefgründig wie das "Original", dafür ist es ja auch nur halb so voluminös. Dafür sind mir andere Sachen aufgefallen.

Zunächst einmal die elegante und leichte Art, mit der Simon R. Green welterschütternden Heroismus darstellt. Die Reise von Lewis in die Vergangenheit und die Rettung von Owen Deathstalker - ohne dabei die Kausalität zu verletzen - wird unprätentiös geschildert. Keine andauernden Hinweise auf die epische Handlungsweise, wie sie gerade bei deutschen Autoren teilweise sehr beliebt ist. Es gibt eine Aufgabe, die zu erledigen ist, und man zieht das durch. Ganz einfach so. Dieser Stil, der ja schon an anderen Stellen, etwa bei der Bewusstwerdung der AIs von Shub, vorherrscht, gefällt mir außerordentlich.

Dann die Darstellung von Finn Durandal. Ein Monster, wie es im Buche steht. Wobei sich der Wahnsinn dieses Menschen immer stärker manifestiert, ohne daß Green dies explizit anspricht, er lässt Taten wirken. Hier können sich einige Jung-Horrorautoren noch einiges abgucken, ich verweise da auf die Szene, in der Finn einen Alien-Botschafter verspeist. Grauenvoll und düster, ohne daß Green die klassischen Versatzstücke moderner Horror-Stories nutzt. Tatsächlich kommt das Grauen durch die Matter-of-Fact-Attitüde dieser Passage viel besser rüber, als stimmungsbildende Klischees es jemals könnten.

Und das Letzte, was mir auffiel : Diese letzten drei Romane sind trotz des bekannten Story-Gerüsts und der analogen Figuren wahnsinnig kreativ, Simon R. Green hat hier keinen billigen Abklatsch geschrieben. Wie ich bereits beim Vorgänger-Roman schrieb : Mein Eindruck ist, daß Green noch so viele Ideen hatte, die er in den ersten Bänden nicht unterbringen konnte, daß dieses "Remake" praktisch ein Muß für ihn gewesen ist. Wie gesagt, ich habe mich nicht gelangweilt, die Saga geht weiter, der letzte Band fehlt mir noch.

Deathstalker
01 - Deathstalker (1995)
02 - Deathstalker Rebellion (1996)
03 - Deathstalker War (1997)
04 - Deathstalker Honor (1998)
05 - Deathstalker Destiny (1999)
06 - Deathstalker Legacy
07 - Deathstalker Return
08 - Deathstalker Coda