Philip K. Dick : Geheimprojekt Venus (The World Jones Made)
Terra Extra 73, 09.07.1965
Neuauflage
Deutsche Erstausgabe Semrau 1958
Originalausgabe ACE Books 1956
Aus dem Amerikanischen von H.G. Zimmerhäckel
Titelbild : Johnny Bruck
Die Welt des Mr. Jones ist ein buntes Kaleidoskop von Ideen. In ihrem Zentrum steht ein Mann, der keine Skrupel kennt und seine Macht alle spüren läßt, die anders denken als er. Er scheint gegen alle Versuche, ihn zu beseitigen, auf geheimnisvolle Weise gefeit zu sein. Nun gilt es, zur endgültigen Manifestation seiner Macht auch ferne Sonnensysteme für die Menschheit zu erobern. Da schließt sich um unser Sonnensystem ein undurchdringlicher Ring ...Klappentext
Der zweite Roman von Philip K. Dick, meiner Meinung nach deutlich besser als sein Erstling, Solar Lottery. Und auch deutlich inhaltsvoller, Dick beschäftigt sich in diesem doch sehr kurzem Roman (er erschien im Original als die eine Hälfte eines ACE-Doubles) mit Präcognition, dem Menschen an sich und politischen Manipulationen. Eine bessere Inhaltsangabe als den obigen Klappentext findet man auf der englischen Wikipedia.
Der Roman hat einen sehr pessimistischen Touch. Dick stellt als erstes den Pan-Relativismus vor, ein politisches System, in dem jeder nach seiner Facon selig werden kann. Jones, ein Precog, der die Ankunft die Menschheit bedrohender Außerirdischer voraussieht, ersetzt dies durch politische Kampagnen durch ein eher faschistisches, totalitäres System, indem er mit den Ängsten der Menschen spielt. Die Leichtigkeit, mit der das bessere Laissez-faire-System aus dem Weg geräumt wird, sagt einiges über Dicks Skepsis gegenüber seinen Mitmenschen aus.
Und Jones, der die Zukunft voraussehen kann, sieht sie als unveränderlich an. Dies wird von PKD mehrfach im Verlauf des Romans betont und hat eine extrem fatalistische "Wir können ja doch nix ändern"-Komponente. Dies macht den Roman recht depressiv, im Gegensatz zum optimistischen Weltbild seiner Zeitgenossen zeigt sich bei Dick hier schon eine tiefsitzende Depression.
Interessant ist, was PKD als Antwort auf eine Rezension von James Blish geschrieben hat. Nach seinen Angaben verfasste er "The World Jones Made" als SF-Transformation Deutschlands in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Ein liberales, demokratisches Regime ist an der Macht und kämpft gegen extremistische Bewegungen von innen. Der Versuch, militärische und politische Macht gegen die Extremisten einzusetzen mißlingt und die Falschen kommen ans Ruder. Jones ist nach Adolf Hitler geformt, die Außerirdischen repräsentieren die Juden. Effektiv habe er, Philip K. Dick, nichts anderes gemacht als den Zeitgeist von Weimar in das SF-Milieu zu transportieren.
Interessant finde ich den strukturellen Ansatz, den Dick hier versucht hat. Zwei Threads, politische Revolution auf der Erde und genetische Evolution der Venus-Kolonisten, die am Ende eigentlich hätten zusammenkommen sollen. Dies mißlang PKD hier noch, auch aufgrund der ACE-Lektoren. In späteren Romanen wird dieses strukturelle Schreiben dann viel stärker werden.
Seine Zeitgenossen fanden den Roman nicht ganz so prickelnd. Beispielsweise schrieb Anthony Boucher im Magazine of Fantasy & Science Fiction :
The Dick novel is about a ) a genetic scheme for colonizing Venus, much like James Blish’s pantropy ; b ) the paradoxes of precognition; c ) a wholly new kind of Alien Invader of earth; d ) lives gone awry in a bitterly Liberish decadent society; e ) the growth of a world-dominating religio-fascist hate-movement – all in 62,000 words. It’s too much material (and too many influences) for the best of novelists assimilate into one coherent story; but here and there Dick verges on brilliance in both thinking and writing.
Ich persönlich finde "The World Jones Made" ganz nett, aber nicht wirklich bemerkenswert. Seine etwas späteren, ausgereifteren Romane und insbesondere seine Kurzgeschichten sind mehr mein Geschmack. Aber das ist subjektiv und individuell, auch diesem frühen Roman kann man einiges abgewinnen.
Weiterführende Links
Book Reviews
Rezension auf philipkdickfans.com
Barb Morning Child : THE WORLD JONES MADE
For Dickheads only, #02
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