Samstag, 26. Januar 2013

Heinz J. Galle : Fehlstart ins Atomzeitalter



Heinz J. Galle : Fehlstart ins Atomzeitalter
Die strahlende Zukunft der fünfziger Jahre im Spiegel der deutschsprachigen populären Medien
DvR-Verlag 2013, 149 Seiten, 103 s/w-Abbildungen
Quellen-, Sekundärliteratur-, Zeitschriften-, Internet-, Film-Verzeichnis, Bildnachweis, Personenregister
15,00 €
ISBN 978-3-940679-71-0



In dem neustem Sekundärwerk aus dem DvR-Verlag schildert Heinz J. Galle den Einfluß der Atombombenabwürfe und die technologischen Entwicklungen der Nachkriegszeit im Bereich der Atomwirtschaft auf die Science Fiction.

Wie alles, was aus dem kleinen aber feinen Verlag im mittleren Norden kommt, ist auch dieses Buch unbedingt zu empfehlen. Heinz J. Galle, der diese Zeit selber miterlebt hat, erzählt über die Aufbruchsstimmung der 50er und 60er und über die technologischen Träume bezogen auf atomare Technologie. Dabei stellt er Bücher und Heftromane ebenso wie Filme und Sammelbilder dar. Ich fand dieses Buch, wie auch schon die vorigen Bände von DvR, ungemein anregend, stark nostalgisch und dabei doch realistisch bleibend.

Der Autor hat hierbei keinen Anspruch auf Vollständigkeit (so fehlt zum Beispiel der Doomsday-Roman von Hans Hellmut Kirst), er versucht stattdessen, dem Leser ein Gefühl für den Optimismus und die Naivität dieser Zeit klarzumachen. Was ihm nicht gelingt, was allerdings auch erst in späteren Jahrzehnten relevant wird, ist der Übergang von diesem Fortschrittoptimimus zu einem extremen Technologiepessimismus bis hin zu der German Angst von heute. Dies sollte allerdings ebenfalls aufgearbeitet werden, die 70er, 80er und 90er sind für die heutige Generation prägend gewesen.

Dies ist aber auch mein einziger Kritikpunkt, denn ansonsten habe ich die Ausführungen Heinz J. Galles einfach nur genossen (und hatte mehrfach Mühe, an der richtigen Haltestelle aus der Strassenbahn zu steigen). Ohne erhobenen Zeigefinger stellt er die Auswüchse des "Atomzeitalters" dar und zeigt auf, wie wenig Werke es in allen Bereichen gab, die sich auch nur halbwegs seriös dem Thema gewidmet haben. Viele Unternehmen, und das fand ich recht interessant, haben den Begriff "Atom" schlicht und einfach als Marketing-Instrument benutzt und ihn auf mehr oder minder jede Ware geschrieben, die nicht schnell genug auf den Baum kam. Insbesondere im Bereich der Heftromane macht Galle dies deutlich. Aber auch bei Filmen und Jugendbüchern zeigt er die Absurditäten dieser Zeit auf. Von den Sammelbilderalben ganz zu schweigen.

Insgesamt ein sehr gelungenes Buch mit für mich mitreißendem Lesestoff.

1 Kommentar:

  1. Heinz J.Galle: Fehlstart ins Atomzeitalter

    Laut Klappentext will das Buch auf unterhaltsame Art an eine fast vergessene Zeit erinnern.

    Nun das tut es. Es ist ein Streifzug durch die Jahre des Wiederaufbaues und des Wirtschaftswunders bis hin zur langsamen Technikernüchterung.

    Aber es ist ein Streifzug, der in kleinen Dosierungen genossen werden sollte. Zu viele Fakten, zu viel Wissen prasselt auf den Leser ein, als dass es in größeren Mengen konsumiert werden könnte. Der Autor erweist sich als profunder Kenner der Materie und nach seinen Worten gäbe es noch viel mehr zu berichten über das Zauberwort Atom und all den Widersinn, der mit diesem Begriff getrieben wurde.

    Gelegentlich wünscht man sich ein tieferes Einsteigen des Autors, ein Aufdecken oder Reflektieren der Hintergründe, aber da geht es schon weiter zum nächsten Titel oder zum nächsten Thema. Zurück bleibt eine gewisse Ratlosigkeit. Wie gläubig, wie unkritisch können Menschen sein?

    Nun, ich war als Kind und Jugendlicher Teil dieser Zeit und weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr die Technik- und Fortschrittsgläubigkeit das Leben bestimmt hat. Schneller, höher, weiter, galt nicht nur im Sport sondern war auch Teil des gesellschaftlichen Empfindens.

    Schnellere Autos, höhere Gebäude, weitere Entfernungen, die mit immer besseren Technikprodukten zurückgelegt werden konnten. Ein Ende war nicht absehbar. Das damals vielzitierte Jahr 2000 war zwar noch unendlich weit entfernt, aber die Menschheit schien auf dem besten Wege ins „Goldene Zeitalter“ zu sein.

    Nebenbei erfährt man noch manch Wissenswertes über die Entwicklung der Science Fiction im Nachkriegsdeutschland, die beileibe nicht erst mit Utopia oder Terra begonnen hat. Gerade auf dem Leihbuchsektor, der mir so gut wie unbekannt ist, hat es schon vorher und auch parallel zu den ersten Heftserien viel Bewegung gegeben.

    Ein schönes und ein interessantes Buch mit vielen Abbildungen, die - kleiner Wermutstropfen – im Innenteil ausschließlich in Schwarz-weiß gehalten sind, aber durch gelungene Auswahl zum Verständnis des Lebensgefühls jener Zeit beitragen.

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