Mittwoch, 27. August 2014

Oliver Henkel : Wechselwelten



Oliver Henkel : Wechselwelten
Atlantis-Verlag 2014
Neuausgabe
Originalausgabe 2004/2014
Hardcover mit Lesebändchen, ca. 166 Seiten, 13,90 €
auch als Paperback und eBook erhältlich
Titelbild : Timo Kümmel


Abraham Lincoln reist nach Preußen, ohne Amerika zu verlassen. Pontius Pilatus wird mit einem Überraschungszeugen der Verteidigung konfrontiert. Und in der DDR ertränkt Erich Mielke die friedliche Revolution des Herbstes 1989 in Blut. Sieben Geschichten erzählen von Welten, die es niemals gab, aber vielleicht fast hätte geben können. Welten, in denen die Geschichte nicht dem vertrauten Weg gefolgt ist ...
Klappentext

Ich hab' nie so richtig verstanden, was alle von Oliver Henkel halten. Denn sein Leviathan war zwar sehr gut, aber qualitativ unterhalb der oberen 5%. Das ist bei seinen Kurzgeschichten anders.

Die schlechteste, eine intelligent konstruierte, sich präzise steigernde und exakt auf den Punkt geschriebene Zeitreise-Geschichte, wäre das Highlight von diversen Anthologien, die ich gelesen habe. Die anderen sind meistens besser, mindestens tiefschürfend und genial konstruiert. Zwei Ausnahmen davon gibt es : Die erste Geschichte über die Nicht-Wende ist nicht nur brilliant erzählt, sondern zeigt auch sehr schön, wie es hätte sein können und was die Leute dabei empfunden hätten. Brilliante moderne Gegenwartsliteratur, sollte eigentlich Standard im Fach "Deutsch" in der Schule sein. Die letzte Geschichte ist eine wunderbare antifaschistische Story, die die Absurdität der Rassenlehre und des Fremdenhasses in genialer Art und Weise darstellt. Auch hier präzise auf den Punkt gebracht, erinnert mich diese Story sehr an Hans-Hellmut Kirst in seinen besten Tagen. Vergleichbar mit dem Monolog aus "Des Teufels General". Auch diese Geschichte ist vom rein Handwerklichen her sehr exakt konstruiert, sie verläuft in Wellen mit immer höheren Peaks. Ich persönlich fand sie überragend und wäre sie nicht früher schon veröffentlicht worden ...

Wann eigentlich und warum ist sie damals nicht für den DSFP nominiert worden ? Nachgeguckt und eine Rezi von Thomas Harbach gefunden. Seltsam von der Geschichte (sie heisst "Do you speak English?") spricht er gar nicht. Später reingerutscht ? Mal bei Christian Pree nachgucken. Was, 2014 ??? Das ist eine Originalveröffentlichung, eine neue Geschichte aus dem amerikanischen Teil Preußens. Das wird eine Nominierung für den DSFP 2015! Klasse! Update Oktober : Siehe Kommentar von Ralf Bodemann.

Auf jeden Fall kann ich dieses Buch SF-Fans ebenso empfehlen wie denjenigen, die für Geschichtsromane schwärmen und denen, die aktuelle Gegenwartsliteratur mögen. Ein Buch mit einem sehr breit gespanntem Spektrum, das trotzdem die Erwartungen jedes einzelnen Lesers voll erfüllt.

2 Kommentare:

  1. "Do you speak English?" ist eine korrigierte, kaum veränderte Wiederveröffentlichung von "Hitler auf Wahlkampf in Amerika" erschienen in H. W. Mommers (Hg.) "Die Legende von Eden und andere VISIONEN", Shayol 2005.

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  2. Ich muß die "Visionen" unbedingt einmal detailliert besprechen. Auf jeden Fall danke für Deinen Hinweis.

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