Dienstag, 1. Oktober 2013

TERRA SF 104 - Karl Herbert Scheer : Die Vergessenen (2.Teil)


Karl Herbert Scheer : Die Vergessenen (2.Teil)
TERRA SF 104, 12.02.1960
Nachdruck des Leihbuchs "Vergessen" von 1958
Titelbild : Karl Stephan


Ein Mann haßt den vierten Planeten der Sonne Sirrah, da diese Welt gleich einem denkenden Wesen bemüht zu sein scheint, die fremden Eindringlinge zu vernichten. Auf Sirrah IV gibt es nur noch wenige Landstriche, die von Menschen und menschenähnlichen Wesen bewohnt werden können. Erstaunlicherweise nimmt die Radioaktivität der gesamten Oberfläche laufend zu, was den Mann mit dem einfachen Namen Gantor auf den Weg bringt, Zusammen mit seinem Lehrer, dem letzten Überlebenden der galaktischen Kolonisten, dringt er bis zu den Grenzen eines riesigen Raumhafens vor, der von einem unbeeinflußbaren Robotgehirn für alle Zeiten gesperrt werden soll. Drohend und absolut tödlich wölbt sich die Glocke des Gravitations-Magnetischen-Energieschirmes über dem Hafen, dessen startklare Raumschiffe einzig und allein eine Flucht von der verseuchten Welt ermöglichen. In der Bunkerstadt von Lagthal hausen die Nachkommen jener Menschen, die sich zum Zeitpunkt der Katastrophe noch in die Schutzräume flüchten konnten. Erschreckend und unfaßlich sind die Maßnahmen, die von dem menschlichen und dem mechanischen Herrscher eingeleitet und aufrechterhalten werden. Niemand darf die Oberfläche betreten. Es ist bei Todesstrafe verboten, die unterirdische Stadt zu verlassen. Geheimnisvoll und gänzlich unverständlich erscheinen die Anordnungen eines grundsätzlich logisch denkenden Robotgehirns, das jeden Start in den Raum und damit eine Auswanderung verbietet. Verbittert schließt sich Gantor einer Widerstandsbewegung an, deren Oberhaupt längst erkannt hat, daß die Menschheit auf Sirrah IV keine Zukunft hat.

Einmalig und grandios sind die psychologisch und philosophisch großartig gebrachten Erlebnisse eines jungen Menschen, dessen Sein nur noch aus einem verzehrenden Haß gegen die Herrscher der Siedlung besteht. Mit allen Mitteln seines hohen Könnens und den unbegreiflichen Werkzeugen eines telekinetischen Geistes kämpft er gegen eine Gewalt, die zu unwirklich und zu unlogisch handelt, um nur annähernd begriffen zu werden.

Erst als Gantor den Energieschirm durchdrungen hat; als er anschließend vor dem verstehend lächelnden "Unfehlbaren" und dem unpersönlichen Mechanismus eines genialen Elektronengehirns steht, erkennt er, daß die auf Sirrah IV explodierenden Kobaltbomben zum Wohle der Menschheit dienen. Resignierend, seinen eigenen Haß besiegend, wird er zum Hüter unzufriedener Menschen. Sein eigenes Ich findet den Frieden in einer Philosophie der stillen Demut; denn die Erhaltung der Rasse liegt in der fernen Zukunft. Der Vernichtungswille gebar den Glauben, und über Sirrah IV explodieren weiterhin atomare Waffen.
Klappentext des BALOWA-Leihbuchs

Die Verlage der Gebr. Zimmermann, unbestreitbar die z.Zt. führenden Buch-Verlage für utopische Literatur, haben mit K.H. Scheer einen Autor unter Vertrag, der vielen seiner Kollegen Eines voraus hat: Jeder Roman wird besser als der vorhergehende. Das ist erstaunlich und ganz besonders für einen Berufsschriftsteller, dem bekanntlich stets ein Zeitlimit zur Seite steht. [...] Amerikaner und Engländer können nicht mehr Besseres schreiben - die Angleichung ist erreicht. Mögen Themen und Ausführung verschieden sein - die Qualitätsstufe ist absolut gleichwertig.
Heinz Bingenheimer in "Transgalaxis", Ausgabe 03, 1958

Ein flotter Action-Roman von KHS. Inhaltlich nicht unbedingt bedeutend, aber ausnehmend spannend zu lesen - sofern man für die Zeit etwas über hat. "Vergessen" ist einer der Standard-Romane von KHS, spannend, aber nicht bedeutend. Scheer bleibt hier weit unter seinen Möglichkeiten, was bedauerlich ist. Denn mit "Die Großen in der Tiefe" und seinen ZBV-Romanen hat er gezeigt, daß er auch anders kann.

"Die Vergessenen" ist einer der ersten zweiteiligen Romane, die bei TERRA erschienen sind. Das war ein interessantes Konzept, statt die Geschichten massiv zu kürzen, diese auf zwei Romanhefte aufzuteilen. Allerdings machte man sich in der Redaktion Sorgen, ob die Leser auch beide Hefte bekommen haben, daher wurde nicht nur auf der LKS auf den zweiteiligen Charakter hingewiesen, sondern auch noch eine Zusammenfassung des ersten Teils diesem Roman vorangestellt.

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