Freitag, 17. Februar 2012

True Grit

Der Marshal (1969)
Darsteller : John Wayne, Glen Campbell, Kim Darby
Regisseur : Henry Hathaway
Komponist : Elmer Bernstein



True Grit (2010)
Darsteller: Jeff Bridges, Matt Damon, Hailee Steinfeld
Regisseure: Ethan & Joel Coen



Mattie Ross aus Yell, Dardanelle County,kommt 1878 als 14-Jährige nach Fort Smith, um ihren Vater zu beerdigen und seinen Mörder der Gerechtigkeit zuzuführen. Zusammen mit Rooster Cogburn, einem versoffenem US-Marshall, der seine besten Tage längst gesehen hat, und dem Texas Ranger LaBoeuf, der die seinigen erst sehen wird, nimmt sie die Verfolgung auf, denn Tom Chaney, der Mörder, ist ins Indianergebiet geflüchtet und hat sich der Bande von Lucky Ned Pepper angeschlossen. Die Drei stellen die Banditen und töten sie. Dabei wird Mattie von einer Schlange gebissen, Rooster Cogburn reitet meilenweit mit ihr, um sie zu retten. Nachdem er das Pferd zu Tode geritten hat, trägt er sie das letzte Stück bis zum rettenden Serum.



"True Grit" haben auch die Produzenten Joel und Ethan Coen. Denn die erste Verfilmung dieses Romans von 1968 stammt aus dem Jahr 1969, mit John Wayne in der Rolle des Rooster Cogburn. Wayne war hier auf der Höhe seines Filmschaffens, "Der Marshal" von 1969 brachte John Wayne einen Golden Globe und einen Oscar in der Kategorie "Bester Schauspieler". Verdient, denn sein Portrait des US-Marshals Reuben "Rooster" Cogburn als unangepassten Außenseiter war brilliant, er dominierte den Film.



Und hier liegt bereits der erste Unterschied zu der Version der Coen-Brüder, die 40 Jahre später gedreht wurde. Wayne dominiert, hinter diesem Titanen können Kim Darby und Glen Campbell nur die zweite Geige spielen. Das tun sie zwar mit Bravour, aber den gesamten Film über bleibt John Wayne die Leitfigur. Ganz im Gegensatz zu Jeff Bridges, der die Rolle des Rooster Cogburn im Remake spielte. Zwar hätte er auch ohne große Anstrengung den Film dominieren können (siehe unten), doch er nimmt sich zurück und so wird aus Bridges, Hailee Steinfeld und Matt Damon ein Team, jeder der drei hat Auftritte, in denen er glänzen und sich profilieren kann.



Der zweite Unterschied zwischen den beiden Filmen liegt in den Bildern. Der Klassiker ist zwar toll gemacht, keine Frage. Doch in den letzten Jahrzehnten hat sich in Hollywood eine Reihe von Photographen und Kameramännern entwickelt, deren Bilder einem die Luft weglassen. So auch hier, die 2010er-Version von "True Grit" besticht durch ihre höchst beeindruckende Bilder, die die Weite, Schönheit und Unerschlossenheit des Landes deutlich dem Zuschauer nahebringen. Dabei, und das finde ich bemerkenswert, versucht das Remake gar nicht, mit dem Original in Wettbewerb zu treten, sondern macht gerade durch seine Bildsprache deutlich, daß es etwas Anderes, Eigenständiges ist.

Unterschiedlich zwischen diesen beiden Versionen ist auch die Darstellung der Helden. LaBoeuf wird von Glen Campbell als junger (tragischer) Held mit amourösen Ambitionen dargestellt, hätte er überlebt, hätte er eine Beziehung zu Mattie aufzubauen versucht. Matt Damons LaBoeuf ist eigentlich für Mattie zu alt und in der Hauptsache an der ausgesetzten Belohnung interessiert. Genauso, wie er überraschend in Matties Leben eintrat, verschwindet er auch wieder, ohne daß erzählt wird, was weiter mit ihm geschieht. John Waynes Rooster Cogburn ist eine ehrliche Haut, unangepasst zwar, doch ein typischer Vertreter von "Rauhe Schale, Herz aus Gold". Dagegen ist Jeff Bridges' Cogburn eine gebrochene Existenz, die jetzt zufällig auf der richtigen Seite des Gesetzes steht, früher aber sehr wohl auch die andere Seite kennengelernt hat. Bridges macht deutlich, daß Cogburn ein bedauernswerter Alkoholiker ist, Wayne stellt ihn als liebenswerten Trinker dar. Jeder Western-Fan kennt wohl die Szene, in der Wayne die Zügel zwischen die Zähne nimmt, rechts die Winchester, links den Colt und die Ned-Pepper-Bande angreift. In der Version von 1969 wird dies von John Wayne zelebriert und man merkt dem Film an, daß alle an dieser Szene Spaß hatten. Dagegen ist die gleiche Szene in der 2010er-Version eher nüchtern gespielt, deutlich weniger Brimborium, es musste eben getan werden. Alle geben sich bis zu einem gewissem Grad als nüchterne Handwerker des Westens aus. Und dann fällt Mattie in das Loch mit den Klapperschlangen und wird gebissen.

Und jetzt, erst jetzt, in den letzten Minuten der Geschichte, dreht Jeff Bridges auf. Übermenschlich heldenhaft seilt er sich in das Klapperschlangen-Loch ab, schießt rechts und links, holt Mattie raus. Kreuzschnitt, aber das reicht nicht, ein Serum wird gebraucht. Rauf aufs Pferd, Mattie vor sich. Mit blitzenden Augen galloppiert Bridges, bis das Pferd vor Erschöpfung taumelt. Ein Messerstich in die Flanke lässt es noch weitere Meilen schaffen, doch irgendwann bricht "Little Blackie" zusammen. Gnadenschuß, Mattie in die Arme genommen, weitergelaufen. Am Ende dann der Handelsposten, der auch das Serum vorrätig hat. Bridges-Cogburn bricht zusammen, kann sich mit Schüssen bemerkbar machen.

Durch diese letzte Szene macht Jeff Bridges deutlich, daß er sich keineswegs vor dem Titanen John Wayne verstecken muß, sondern genauso hätte den Film dominieren können. Bridges' Stil ist aber ein anderer und so stehen zwei unterschiedliche Filme nebeneinander, ohne gegenseitig in Wettbewerb zu treten. Beide gleich gut, unterschiedlich in Stil und Machart, beide ein Ausdruck ihrer Zeit. Beide mit einem großem Schauspieler in der Rolle des Rooster Cogburn, die 2010er-Version allerdings mit besseren Schauspielern in der Rolle der Mattie Ross und des Rangers LaBoeuf. Die kommen hier, in diesem Kommentar, unverdienterweise zu kurz, aber als alter John Wayne-Fan ist eben Rooster Cogburn für mich die Hauptrolle.

Trotz allen cineastischen Vorzügen, trotz der brillianten Schauspieler, mag ich den alten John-Wayne-Film lieber. Das Remake schließt mit einer Mattie Ross als unverheiratete und zickige alte Jungfer, die 1928, 50 Jahre nach den geschilderten Erlebnissen Rooster Cogburn, der inzwischen sein Unterkommen in einer Wild-West-Show gefunden hat, noch einmal besuchen will. Doch sie kommt zu spät, Rooster ist vor drei Tagen gestorben. Einarmig, denn ihren Arm hat sie durch den Schlangenbiß damals verloren, macht sie sich auf den Heimweg. Eindrucksvolle Schlußbilder eines großen Films. Mit einer realistischen, leicht deprimierten Botschaft am Ende. Ganz anders war es 1969 : Mattie, mit dem Arm in einer Schlinge, verabschiedet Rooster von ihrer Farm, der Marshal will weiter. Und als sie behauptet, daß Rooster doch lieber das Gatter öffnen sollte, für Kapriolen wie Sprünge über den Zaun seien sein Pferd und er zu alt. Das lässt sich der Duke nicht zweimal sagen und springt jetzt erst recht über den Zaun. Mit dem Bild von seinem Pferd und ihm auf dem höchsten Punkt, Wayne seinen Hut schwenkend, endet der Film. Und bleibt damit, wie auch die vorhergehenden 128 Minuten unendlich optimistisch. Diese optimistische Perpektive in Gegenwart und Zukunft ist der Grund, warum ich den alten Film dem deutlich realitischerem Remake vorziehe. Aber das ist meine ganz persönliche Sicht der Dinge.

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