Mittwoch, 1. Mai 2013

Timur Vermes : Er ist wieder da



Timur Vermes : Er ist wieder da
Eichborn, Hardcover 396 Seiten, 19,33 €
ISBN: 978-3-8479-0517-2
Leseprobe
Hörprobe


Sommer 2011. Adolf Hitler erwacht auf einem leeren Grundstück in Berlin-Mitte. Ohne Krieg, ohne Partei, ohne Eva. Im tiefsten Frieden, unter Tausenden von Ausländern und Angela Merkel. 66 Jahre nach seinem vermeintlichen Ende strandet der Gröfaz in der Gegenwart und startet gegen jegliche Wahrscheinlichkeit eine neue Karriere - im Fernsehen. Dieser Hitler ist keine Witzfigur und gerade deshalb erschreckend real. Und das Land, auf das er trifft, ist es auch: zynisch, hemmungslos erfolgsgeil und auch trotz Jahrzehnten deutscher Demokratie vollkommen chancenlos gegenüber dem Demagogen und der Sucht nach Quoten, Klicks und "Gefällt mir"-Buttons.

Gut geschrieben, zweifelsohne. Obwohl ich aufgrund des Themas kritisch und mit Vorbehalten an den Roman heranging, fand ich ihn packend und flüssig erzählt. Tatsächlich ist er so gut geschrieben, daß ich im zweiten Teil des Romans die Stimme Strombergs zu hören glaubte - und daß bevor ich wusste, daß das Hörbuch tatsächlich von Christoph Maria Herbst gelesen wird. Hörbuch-"Leser" dürften hier voll auf ihre Kosten kommen.

"Das Thema 'Juden' ist nicht witzig" lässt Vermes in seiner Satire sagen. Es lässt sich aber vom III. Reich nicht ausklammern und wird im Roman nur auf Zehenspitzen berührt. Das ist auch einer meiner großen Kritikpunkte an dieser Satire : Sie geht nicht weit genug. Den alltäglichen Rassismus eventuell einmal von einer anderen Seite zu betrachten hat Timur Vermes sich nicht getraut. Man merkt dem Roman auch an, daß sich der Autor nicht mit dieser Facette des Faschismus beschäftigen wollte, sondern stattdessen in Strombergscher Coleur den alltäglichen Wahnsinn im Deutschland des 21. Jahrhunderts aufs Korn nahm. Dies gelingt dem Autor nur eingeschränkt, Vermes Hitler ist zu banal, um tatsächlich die Abgründe deutschen Gedankengutes dem Leser transparent zu machen. So kratzt der Roman nur an der Oberfläche und bleibt nette Unterhaltung, statt sich zur bitterbösen Stromberg-Satire zu entwickeln. Schade eigentlich.

P.S. : Man beachte den Preis. ;-)

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