Andrea Stevens : Soulstar V. 3
(c't 2/2008 S. 190-193)
Lester und Ringwood testen Sammy, einen neuen Robotertyp. Das ständige An- und Abschalten stört den Tod, der andauernd Sammys Seele wieder in seinen Roboterkörper hineinpacken muß.
Sehr gut und amüsant geschriebene Fantasy, in der u.a. auch die Existenz der Seele naturwissenschaftlich bewiesen wird. Macht Lust auf mehr.
Peter Schattschneider : Die Lösung des Vielkörperproblems
(c't 3/2008 S. 204-208)
In ein Schwarzes Loch gefallen, erleben die Raumfahrer der „Dark Star“ das Ende und den Wiederaufstieg der Menschheit – als 15 cm kleine Miniwesen.
Eine garnicht so unkreative Geschichte, allerdings lieb- und lustlos erzählt. Schade, hier wurde eine gute Idee verschenkt.
Jörg Rohrbach : Der Wille zur Macht
(c't 4/2008 S. 220-223)
Die ersten menschlichen Testobjekte einer virtuellen Realität hängen darin fest und können nur mit Mühen befreit werden.
Gute Idee, nett umgesetzt, aber leider nicht mehr. Hier hat der Autor es versäumt, seine zweifelsohne gute Idee auch stilistisch und handlungsorientiert einwandfrei umzusetzen.
Andrea Stevens : Der Feind in mir
(c't 5/2008 S. 230-235)
Ein neues Betriebssystem in einem Raumschiff führt zu Problemen.
Eine packende Action-Story, die mich an die Optik aus „Alien“ denken lies. Auch die Protagonisten waren gut dargestellt, nur das Ende war etwas schwach.
Desiree und Frank Hoese : Eine Studie in Null und Eins
(c't 6/2008 S. 246-251 und c't 7/2008 S. 216-221)
Privatdetektiv Vinzent (alias Marlowe-im-Web), ein nur im Internet existierender Avatar, klärt einen Mord im Web und einen in der Realität auf.
Ein klassischer Chandler-Krimi, genauso spannend, ebenso hervorragend konstruiert und stilistisch mindestens gleichwertig. In einer zweiten Ebene wird die Frage nach dem Bewusstsein von künstlichen Intelligenzen und ihrer Vergleichbarkeit mit den Menschen dargestellt. Eine sehr dichte, sehr gehaltvolle Story, die einen Vergleich mit den originalen Geschichten von Chandler und Hammett nicht scheuen muß. Da in diesem Setting noch deutlich mehr Stoff steckt, bin ich schon auf die weiteren Vinzent-Geschichten gespannt und werde mir davon keine entgehen lassen.
Frank Hebben : Gelée Royale
(c't 8/2008 S. 204-210)
Der Computer ist wichtiger als der Mensch, in der von Frank Hebben beschriebenen Zukunft sind Menschen nur noch Teil eines gigantischen sinnfreien Computer-Systems. Aber es gibt auch Rebellen, die sich mittels als Bienen getarnter Viren gegen diesen Überwachungsstaat zur Wehr setzen.
60 Jahre nach Orwell wird hier seine Idee des totalen unpersönlichen und entmenschlichten Überwachungsstaates wieder aufgegriffen. Dies geschieht in einer neuen, der heutigen Zeit angemessenen Form, die nicht mehr viel mit dem originalen Plot zu tun hat. Von der Idee her inspiriert angelegt und derartig bildhaft beschrieben, daß man die Geschichte plastisch vor sich sieht. Der Protagonist ist hervorragend dargestellt, man fiebert förmlich mit ihm mit. Eine der besten Geschichten dieses Jahrgangs.
Lea Spark : Paul und wie er Petit zu lieben lernte
(c't 9/2008 S. 216-220)
Zwei Journalisten besuchen ein Zeitkraftwerk und machen eine Zeitreise.
Gerade bei Zeitreise-Stories sollte man sich des Ablaufs, der (A)Kausalität und der inneren Logik der Geschichte sicher sein. Die Autorin war es nicht, als Ergebnis ist die Story einfach schlecht.
Guido Seifert : Lykaon
(c't 10/2008 S. 218-223 und c't 11/2008 S. 230-232)
Computer sind die evolutionäre Weiterentwicklung der Menschen – nach Meinung der Computer. Ein paar Menschen wehren sich dagegen.
Standard-Geschichte, routiniert erzählt. Aber leider nicht mehr, der letzte Funke Originalität fehlt. Schade eigentlich, hier hätte mehr draus werden können.
Niklas Peinecke: Im Garten eines Kraken
(c't 12/2008 S. 210-216)
Als Alternative zur Todesstrafe wird das menschliche Bewusstsein eines Straftäters in Maschinen geladen. Gentrup ist ein U-Boot auf der Suche nach den letzten Rohstoffen. Ironischerweise ist er nach dem 3. Weltkrieg auch einer der letzten Menschen (?).
Bekannte Idee, gut erzählt, aber nicht innovativ genug gestaltet. Es fehlt die psychische Komponente, der Verlust der Körperlichkeit wird nicht ausreichend betont. Auch basiert die Story zu sehr auf unvermittelten Zufällen, um wirklich gut zu sein. Dies kann aber auch ein Problem der Länge sein, eventuell eignet sich das Medium der Short Story nicht für den Inhalt, den Niklas Peinecke erzählen will.
Jörg Isenberg : Weltenbrand
(c't 13/2008 S. 234-238 und c't 14/2008 S. 218-223)
Die eine Hälfte der Menschheit hat sich ins Netz upgeloaded und lebt nur noch als Hologramm weiter. Diese Hologramme werden von den körperlichen Menschen bekämpft.
Standard-Setting mit einem schlecht ausgeführtem Plot. Der japanische Samurai-Einfluß ist nur ein Exotic-Effekt, nicht wirklich relevant für das Geschehen. Die wirtschaftliche Problematik wird ebenso wenig zum Leser transportiert wie die psychologische. Im Hinblick auf andere Stories dieses fast schon Sub-Genre zu nennenden Settings muß man konstatieren, daß Jörg Isenberg hier deutlich sein Ziel verfehlt hat.
Stefan Brecht / Markus Friedrich : Interview mit William Gibson
(c't 15/2008 S. 204-206)
Interview, nicht meine Welt, daher keine Wertung.
Christian Weis : Gedankenfresser 1.0
(c't 16/2008 S. 206-209 und c't 17/2008 S. 200-205)
Eine Kozak-Story über Konzern-Machtspiele.
Zwar spannend geschrieben, aber gleichzeitig auch (verglichen mit den anderen Stories um den Privatdetektiv mit dem Brainchip) schlampig ausgeführt. Weder wird das Umfeld (ein Honkong der Cyberpunk-Zukunft) deutlich, noch der Plot sauber entwickelt, noch die Technologie (am Beispiel des KENO-4 oder der Gedankenfresser-Maschine) ausreichend dargestellt. Mir kommt es so vor, als wäre das ein Problem der Story-Länge gewesen, eine Überarbeitung scheint mir unumgänglich. So ist das bedauerlicherweise kein Highlight, ganz im Gegensatz zu den anderen Kozak-Geschichten.
Arno Endler : Gefangen
(c't 18/2008 S. 202-206)
Maik wird von einer KI beherrscht, die ihn zu Computerarbeit zwingt, an die er sich im Nachhinein nicht erinnern kann. Da erreichen ihn Botschaften eines Dritten.
Eigentlich eine Standard-Idee, aber sehr gut präsentiert. Allerdings fehlt so ein bißchen die Inspiration, die Story wirkt leider nur solide. Das ist schade, denn hier steckt mehr Potential drin, stilistisch als auch inhaltlich.
Jörg Isenberg : Re-Devolution
(c’t 19/2008 S. 246-250 und c’t 20/2008 S. 214-218)
Die Erschaffung von Androiden mit künstlicher Intelligenz führt zu einer Androiden-Freiheitsbewegung.
Obwohl ich den Plot schon in x Variationen kenne, schafft Jörg Isenberg es, eine neue Facette aus diesem alten Thema herauszukitzeln : Die Bonny-and-Clyde-Variante. Actionreich und blutig erzählt er in Splatter-Manie über die Evolution von Maschinenmenschen. Bemerkenswert finde ich, daß er die Blutorgien nicht um des Effektes Willen bringt, sondern daß sie einen notwendigen Bestandteil der Geschichte bilden. Die Kürze der Geschichte ist allerdings diesem Thema nicht angemessen, so daß Re-Devolution „nur“ gute SF ist.
Arne Kilian : Biohazard
(c’t 21/2008 S. 212-214)
In der Zukunft sind die Computer-Viren künstliche Intelligenzen. Um die dahinterstehenden Hacker ausfindig zu machen, werden diese Viren in einer virtuellen Realität in einen Körper geladen und von einem menschlichem Avatar gefoltert.
Obwohl eigentlich ein suboptimaler Plot mit diversen Logik-Löchern, nimmt einen die Story doch gefangen. Die Unmenschlichkeit des Systems wird kommentarlos dargestellt und ist deshalb umso deutlicher. Der schnelle, ebenfalls kommentarlose Wechsel zwischen dem Web 3.0 und der Realität führt auch dazu, daß der Leser nicht mehr klar zwischen den Ebenen unterscheiden kann, der Begriff der „virtuellen Realität“ wird hier sehr schön zum Leser transportiert.
Jan Gardemann : Datenschwund
(c’t 22/2008 S. 228-233 und c’t 23/2008 S. 222-225)
Alle Menschen leben mit einer Schnittstelle versehen im Web 3.0. Plötzlich verschwinden Daten und Erinnerungen, gehen unwiderbringlich verloren.
Ein sehr gelungenes Setting, sehr plastische Protagonisten, sehr schöne Beschreibungen der Umwelt und der Konsequenzen eines fast vollständig virtuellen Lebens. Auch der Plot hat mir sehr gefallen, ich fand ihn innovativ. Trotzdem ist die Story einfach schlecht, die einzelnen Bestandteile finden nicht zu einem harmonischem Ganzen. Das Setting wird nur dargestellt, nicht ausgenutzt, die handelnden Personen bleiben blass, es wird nicht klar, warum und wieso sie in der geschilderten Form agieren. Auch der Plot wird nicht deutlich, 75 % der Geschichte bestehen aus der Einleitung, 15 % aus dem Nachwort, die eigentliche Geschichte wird auf weniger als einer Seite erzählt. Hier hätte ein sorgfältiges Lektorat notgetan.
Andrea Bottlinger: Bruder Reh
(c't 24/2008 S. 294-296)
Der neue Militär-Transportroboter GTE7 bewegt sich wie ein Rehkitz und bewährt sich im Einsatz in Afghanistan.
Military SF-Geschichte, nett, packend und stimmungsvoll geschrieben, aber leider ohne Tiefgang.
Olaf Kemmler: Geh nicht zu den Buchhändlern!
(c't 25/2008 S. 232-238)
Die Welt ist gleichgeschaltet, Abweichler werden mit Nanobots gehirngewaschen. Nur Bücher, speziell die eine virtuelle Realität erzeugenden „aktiven Bücher“, durchbrechen dieses Gleichmaß.
Die Story-Variante von „Fahrenheit 451“, an die Moderne angepasst. Obwohl gut und spannend geschrieben, fehlt der letzte Kick, die große Inspiration. Das ist schade, den formal und stilistisch ist diese Story durchaus in der Oberklasse anzusiedeln.
Frank Hebben: Côte noir
(c't 26/2008 S. 220-226 und c't 01/2009 S. 204-210)
Die Welt ist atomar verseucht, die Menschen zu einem Großteil ausgestorben. Durch die radioaktiv verseuchte Landschaft der Côte d'Azur fährt Gabriel auf der Suche nach seiner Identität und seiner Herkunft.
Obwohl hervorragend geschrieben, befriedigt mich die Geschichte nicht. Die habe ich nämlich schon in besserer Ausführung als „Damnation Alley“ von Roger Zelazny gelesen. Verglichen damit bleiben die Figuren blaß, das Setting nur grob skizziert. Und das „einsamer Cowboy sucht seine Vergangenheit“-Szenario halte ich für etwas abgenutzt, selbst wenn es wie hier präzise motiviert wird. Schade, aus der Idee hätte man mehr machen können.
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