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Sonntag, 26. Februar 2012

E. C. Tubb : Die Sterngeborenen


E. C. Tubb : Die Sterngeborenen (The Space-Born)
Deutsche Neuausgabe 2011, Originalausgabe 1956
Übersetzung : Dirk van den Boom
Titelbild : Timo Kümmel
ATLANTIS-Verlag, ca. 140 Seiten, 10,- € (Paperback)

ISBN 978-3-86402-007-0 
auch als Hardcover und eBook erhältlich

Jay West ist Polizist auf einem Generationenraumschiff. Seine Aufgabe ist es, in dem ihm zugeordnetem Bereich unauffällig Leute zu töten, die ihre Nützlichkeit für das namenlose Schiff hinter sich gelassen haben. Auf diese Art und Weise wird die Bevölkerungszahl konstant gehalten, nur so kann der Flug durchgestanden werden. Doch einige Leute entziehen sich diesem System, entweder durch Flucht in die unbewohnten äußeren Schiffsbereiche oder durch Computermanipulation. So kommt es nach 300 Jahren Flug zur Eskalation ...

Edwin Charles Tubb kenne ich hauptsächlich durch seine "Earl Dumarest"-Romane, die vor Jahrzehnten unregelmäßig in TERRA ASTRA veröffentlicht wurden. Aus dieser Zeit ist Tubb mir als phantasievoller Autor im Gedächtnis geblieben, dessen Romane jedesmal den Sense of Wonder bei mir triggerten. Als ich vor ein paar Jahren begann, TERRA ASTRA neu zu sammeln und zu lesen wurde diese Erinnerung nochmals bestätigt, "Earl Dumarest" macht einfach Spaß. Um so begeisterter war ich, als Atlantis ankündigte, einen der eher unbekannteren Einzelromane außerhalb der bekannten Dumarest-Reihe in Neuübersetzung als Hardcover herauszubringen.

Kommen wir zunächst zum Guten. Das Cover von Tino Kümmel sieht hervorragend aus, der Blick aus einem Bildschirm des Schiffs auf das Weltall, darüber groß der Autorenname, darunter der Buchtitel, alles auf schwarzem Untergrund : Das macht schon etwas her. Und in Anbetracht dessen, daß Atlantis überlegt, nach und nach das Gesamtwerk E. C. Tubbs herauszugeben, kann ich nur konstatieren, daß bereits mit dem ersten Band eine Corporate Identity dieser Reihe gefunden wurde. Über die Buchqualität und das Lesebändchen lohnt es sich schon gar nicht mehr zu reden, ein hohes diesbezügliches Qualitätsniveau ist bei Atlantis in den letzten Jahren fast schon zum Standard geworden.

Gehen wir weiter zum Besserem. Sauber gesetzt liest sich der Text angenehm. Die Neuübersetzung von Dirk van den Boom ist aus einem Guß und der heutigen Zeit angemessen, ohne das Flair des 50 Jahre alten Originals zu zerstören. Seltene Bugs, die beim Lektorat durchgerutscht sind, können in einer zweiten Auflage korrigiert werden, sie stören den Lesefluß auch in keinster Weise.

Kommen wir nun zum Besten, dem Roman an sich. Wir haben hier einen Klassiker vorliegen, der bereits ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel hat. Wer also moderne SF zeitgenössischen Stils sucht, ist hier fehl am Platze. Tatsächlich nimmt "Die Sterngeborenen" das aus heutiger Sicht ziemlich ausgelutschte Thema eines Generationenraumschiffs auf. Das habe ich x-mal gelesen, interessanterweise am innovativsten bei Perry Rhodan abgehandelt. Daher hat mich keine Wendung der Geschichte auch nur im Geringsten überrascht, praktisch alle Romane dieses Sub-Sub-Genres haben die gleiche Grundstruktur. Trotzdem - und deshalb kann ich den Roman auch bedingungslos weiterempfehlen - habe ich mich an keiner Stelle gelangweilt. Dies zeugt davon, wie lebhaft und interessant E. C. Tubb Geschichten erzählen kann. Wie sagte Moorcock doch so treffend ? "His reputation for fast-moving and colourful SF writing is unmatched by anyone in Britain." Dem kann ich nur zustimmen.

Klassiker, in schöner (Hardcover-) Ausgabe, herausgegeben von einem Kleinverlag, sind immer ein Risiko, für den Leser ebenso wie für den Verleger. Wie es bedauernswerterweise (!) danebengelingen kann, habe ich bei den HJB-Klassikern von Darlton und Voltz beschrieben. Deren Romane, von HJB liebevoll editiert, sind einfach überholt und wirklich nur von historisch interessierten SF-Fans goutierbar. Für andere Sachen, wie zum Beispiel "Rex Corda", braucht man nostalgische Kindheitserinnerungen um in die Serie einzusteigen, wie ich sozusagen am eigenen Leib verspüren konnte. Dagegen wurde aus der Neuausgabe der klassischen "Ren Dhark"-Serie von Kurt Brand nicht nur ein voller Erfolg, die Serie wurde (und wird) (auch) von modernen Autoren weitergeschrieben und macht, wie schon 1965, PR deutlich Konkurrenz. Eine Werkausgabe der Romane E. C. Tubbs hat durchaus das Potential, ein ähnlicher Erfolg zu werden. Allerdings wünsche ich mir dazu, daß nicht jeder der 33 Dumarest-Romane einzeln als Hardcover herauskommt und daß, wie HJB das sehr schön vorgemacht hat, die einzelnen Romane durch ein Vor- und Nachwort ergänzt werden.

Deutsche Erstausgabe als Band 9 der Reihe "TERRA Sonderband" von 1958 mit stark gekürztem Text.

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