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Samstag, 31. Dezember 2011

When the legend becomes fact, print the legend !

Er lebte das Leben eines Filmstars in Rente: Zuletzt malte Schimpanse Cheetah abstrakte Gemälde und spielte Football. Nun verstarb der Primat - angeblich im ungewöhnlich hohen Alter von 80 Jahren.

Quelle

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Gelesen im August, September, Oktober und November 2011 (III)

Ich lese viel moderne SF und Fantasy. Einerseits in meiner Rolle als DSFP-Juror, andererseits bin ich auch neugierig, was sich international aktuell so tut. Doch zwischendurch packt es mich immer wieder und ich brauche klassische SF. Und so habe ich im letzten Halbjahr zum Beispiel wieder einmal zu Roger Zelazny gegriffen :

Eingefügtes Bild
Roger Zelazny : Mein Name ist Legion (My Name is Legion)
Deutsche Erstausgabe 1980, Originalausgabe 1976
Übersetzung von Jens Röser
Bastei-Lübbe 21133


In Naher Zukunft wird die Welt total vernetzt, die Daten aller Bürger in einem Zentralcomputer gespeichert. Doch einer der Programmierer bekommt in letzter Minute Zweifel und löscht seine Daten aus dem System. Nicht mehr existent laut Computer arbeitet er als einer der letzten Privatdetektive, hauptsächlich in den Fällen, in denen das System, repräsentiert durch eine (die ?) Strafverfolgungsbehörde, nicht mehr weiterkommt.

Dies ist kein Roman, sondern eine Sammlung dreier Kurzgeschichten :
  • Rumokos Sohn (The Eve of Rumoko, 1969)
  • 'Kjawalll'kje'k'koothai'lll'kje'k (1973)
  • Daheim ist der Henker (Home is the Hangman, 1975)
In typischem Zelazny-Stil zeigen diese Stories eine leicht depressive Welt, die durch die Hoffnung, repräsentiert durch den Protagonisten, sich noch zum Besseren wenden kann. Ansonsten kann man diese Geschichten mit Fug und Recht als einfache SF-Kriminalstories kategorisieren. Allerdings derartig gut geschrieben, daß die letzte ("Home is the Hangman") sogar einen Nebula Award erhielt. Ich mag diesen realistisch-optimistischen Ansatz, es macht immer wieder Spaß, diese Stories zu lesen.

Und als ich so vor meinen Regalen stand und nach Klassikern suchte, kam ich auf Harry Harrison. Zu ihm muß man wenig sagen, "Deathworld", die Stahlratte, Soylent Green : Alles aus seiner Feder. Und alles lesenswert. Aber diesmal blieb ich bei Goldmann hängen :

Eingefügtes Bild
Harry Harrison : Brüder im All (Two Tales and Eight Tomorrows)
Deutsche Erstausgabe 1968, Originalausgabe 1965
Übersetzung von Hans-Ulrich Nichau
Goldmann SF 097


Auch dies ist kein Roman, sondern eine Sammlung von Kurzgeschichten aus den Jahren 1958-1965 :
  • Brüder im All (Final encounter ,1964)
  • Der dritte Jon (Captain Bedlam ,1957)
  • Kannibalen (The pliable animal ,1962)
  • Kapitaen Honario Harpplayer (Captain Honario Harpplayer, R.N. ,1963)
  • Der Missionar (The streets of Ashkelon ,1962)
  • Rettungsaktion (Rescue operation ,1964)
  • Das Selbstportrait (Portrait of the artist ,1964)
  • Tod durch Unfall (Unto my manifold dooms ,1964)
  • Was Teddy sagt, wird gemacht (I always do what Teddy says ,1965)
  • Wegen besonderer Faehigkeiten (According to his abilities ,1964)
Es fehlt allerdings die Einführung von Brian Aldiss, die in der Originalausgabe die Geschichten einleitet. Zu den Geschichten selber : Was soll man dazu sagen ? Klassische amerikanische SF der Goldenen Jahre, allerdings mit einem deutlich weiterem Horizont geschrieben, als man aus den USA erwarten kann. Denn die Harrisons haben ihren Urlaub oft in Europa verbracht, die nationalistische Scheuklappensichtweise, die bei aller Liebe doch die US-amerikanische SF dominiert (hat ?), fehlt bei Harrison.
Wie gesagt, man kann über jede einzelne der Geschichten einen längeren Blog-Eintrag schreiben. Ich möchte hier nur eine hervorheben, "Der Missionar". Die Wesker kennen keine Gewalt und keine Religion, der Händler John Garth bringt ihnen stattdessen die wissenschaftliche Methodik bei. Als ein Missionar auftaucht und den Weskers von Gott erzählt, wenden sie diese wissenschaftliche Technik auf ihn an und kreuzigen ihn. Theoretisch hätte er nach drei Tagen auferstehen sollen, aber wie zu erwarten misslingt das Experiment. Stattdessen stellen die Weskers fest, daß sie jetzt Mörder sind. Deprimierend und ohne Happy-End kritisiert Harrison in dieser Story beide Extreme, die rein wissenschaftliche ebenso wie die rein religiöse Sichtweise. Wenn man die christlichen Fundamentalisten in den Staaten heutzutage betrachtet, haben diese und ähnliche frühzeitige Warnungen wenig gefruchtet.

Und gelesen habe ich auch wieder einen meiner Lieblingsromane :


Alan Dean Foster : The Man Who Used the Universe
Warner Books, New York 1983
315 Seiten

Erzählt wird die Geschichte von Kees van Loo-Macklin, aufgewachsen in einem Kinderheim. Seine ersten Schritte als Kleinkrimineller, der Aufbau seines kriminellen Imperiums, sein Wandel zur legalen Seite der menschlichen Gesellschaft bis hin zur Position des Herrschers des menschlichen Imperiums (für die, die das Buch schon gelesen haben : ;-) ) ist immer wieder ein Genuß. Faszinierend auch, das Foster die ganze Geschichte an einer rein psychologischen Motivation des Protagonisten aufhängt. Die Motivation des "Helden" ist das Kindheitstrauma des Verlassenwerdens durch die Mutter und der daraus resultierende Kontrollzwang. Ich les' den seit Jahren im amerikanischen Original, das Buch ist schon ziemlich derangiert. Ist aber auch auf Deutsch erschienen unter dem Titel "Dunkle Mission", Knaur SF 5789.

Montag, 26. Dezember 2011

Frank W. Haubold : Die Schatten des Mars


Frank W. Haubold : Die Schatten des Mars
edfc Hardcover 2008
360 Seiten
ISBN 978-3939914006


"Dies ist die Geschichte von Martin Lundgren, dem Raumfahrer, und seiner Suche nach der gläsernen Stadt, einem mystischen Ort tief unter der Oberfläche des Mars, an dem die Grenzen zwischen Vergangenheit und Zukunft verschwimmen. Es ist aber auch die Geschichte von Lena, der Primaballerina, die bei einem Attentat beide Beine verliert und dennoch zur ersten Tänzerin zwischen den Welten wird. Es ist die Geschichte von Julius Fromberg, dem genialen Konstrukteur, der davon träumt, seine tote Freundin Julia wiederauferstehen zu lassen, und die der Agentin Miriam, die in den einsamen Weiten des Mars die Bruchstücke zerstörter Leben zusammenfügt. Und es ist die Chronik der Besiedlung des roten Planeten, die hoffnungsvoll beginnt und in einer Katastrophe endet. Als der Krieg auf der Erde eskaliert und Unruhen ausbrechen, bleibt am Ende nur eine Handvoll Einsiedler zurück und findet die Spur zu einer Millionen Jahre alten Zivilisation, die lebendiger ist, als es den Anschein hat ..."

Soweit der Inhalt, zitiert nach Frank Haubolds Homepage. Wem hier Ray Bradburys "Mars-Chroniken" ins Gedächtnis kommen, liegt keineswegs falsch, der Episodenroman von Frank Haubold ist eine Hommage an den Altmeister. Eine Hommage, die sich hinter dem Original nicht verstecken muß. 60 Jahre nach Bradbury hat hier ein großer Autor dessen Ideen aufgenommen und sie zu etwas Neuem, ja sogar etwas Besserem entwickelt. Denn auch wenn Bradbury Pate der "Mars-Schatten" ist, liegt hier ein eigenständiges Werk vor, das dem literarischem Stand des beginnenden Jahrtausends mehr als angemessen ist.

Der "Sense of Wonder", den ich vor Jahrzehnten als Junge bei der Lektüre meiner ersten SF-Romane empfand, schlug mir hier bereits auf den ersten Seiten entgegen. Und bis zum Ende des Romans gelingt es Haubold, dem Leser dieses Gefühl zu vermitteln. Kraftvoll erzählt er die Besiedelung des Mars, beginnend bei den kindlichen Erlebnissen des späteren "First Man on the Mars" bis hin zu dessen Ende, das durch die Hilfe der Marsianer auch das Ende der Besiedlung des Mars, das Ende der menschlichen Gesellschaft, wie wir sie kennen, ist. Die Marsianer : Wer kennt sie nicht aus den Mars-Geschichten von Ray Bradbury oder Leigh Brackett. Hier schafft es der Autor, diese Wesen als echte Nicht-Menschen darzustellen und trotzdem die Melancholie einer uralten Welt, einer uralten Rasse, dem Leser zu vermitteln. Diese neuen Akzente, die Haubold hier altbekannten Themen entlockt, zusammen mit einem meisterhaften Stil machen das Buch nicht nur zu einem gelungenem Leseerlebnis, sondern auch zu ganz großer Science Fiction.

Dieser Roman hat nicht umsonst den Deutschen Science Fiction - Preis gewonnen :
Ein ungewöhnlicher Roman, der sich abseits der üblichen Klischees der Science Fiction bewegt. Dem bekannten Thema Mars wird eine ganz neue und doch altbekannte Facette abgewonnen, die konsequent durcherzählt wird. Die Einzelgeschichten verweben sich zu einer Welt mit einer ganz eigenen Stimmung. Das Buch ist nicht leicht zugänglich, aber wer sich darauf einläßt, wird mit einem einzigartigen Lesegenuß auf einem Niveau belohnt, das dem literarischem Stand des beginnenden Jahrtausends mehr als angemessen ist.
Die vollständige Laudatio der Preisverleihung 2008 findet man auf den Seiten des DSFP. In diesem Kontext : Frank Haubold gelang es in diesem Jahr, den DSFP für obigen Roman als auch den Preis in der Rubrik "Kurzgeschichten" für seine Story "Heimkehr" zu gewinnen.

Andreas Eschbach : Herr aller Dinge


Andreas Eschbach : Herr aller Dinge
Lübbe Hardcover 2011
690 Seiten, 22 €
ISBN 978-3785724293

Als Kinder begegnen sie sich zum ersten Mal: Charlotte, die Tochter des französischen Botschafters, und Hiroshi, der Sohn einer Hausangestellten. Von Anfang an steht der soziale Unterschied spürbar zwischen ihnen. Doch Hiroshi hat eine Idee. Eine Idee, wie er den Unterschied zwischen Arm und Reich aus der Welt schaffen könnte. Als er und Charlotte sich Jahre später wieder begegnen, sieht er dies als Zeichen des Himmels, dass sie beide schicksalhaft miteinander verbunden sind. Er beschließt, seine Idee umzusetzen und die Welt in einem Maße zu verändern, wie dies noch nie zuvor jemand versucht hat – denn nur so, sagt er sich, wird er Charlottes Liebe gewinnen. Er ahnt nicht, worauf er sich einlässt. Was mit einer bahnbrechenden Erfindung beginnt, führt ihn auf die Spur eines uralten Geheimnisses: Es hat schon einmal eine hoch entwickelte Zivilisation gegeben – und sie hat das schrecklichste Verbrechen des Universums begangen… (Klappentext)

Als Kind hat Hiroshi die Eingebung, wie man alle sozialen Probleme auf einen Schlag beseitigen kann : Geld ist nur eine Wertschätzung von Arbeit und Arbeit kann man durch die Entwicklung eines sich selbst produzierenden Roboters überflüssig machen. Dann können die Menschen wieder ihren Neigungen nachgehen. Zusammen mit seiner Freundin Charlotte, Tochter des französischen Botschafters in Japan und Medium, verfolgt er sein Leben lang diesen Traum. Da werden auf einer Insel im sibirischen Eismeer außerirdische Naniten gefunden ...

Ein typischer Eschbach, übersprudelnd vor Ideen, die in alle Richtungen führen. Davon enden jedoch sehr viele im Nichts, so daß man als Leser am Ende des Romans sich etwas unbefriedigt fühlt. Dies tut dem Lesevergnügen jedoch keinen Abbruch, der Roman liest sich flüssig und Eschbach zeigt ein weiteres Mal, was für ein großer Erzähler er ist.

Doch trotzdem bleibt der Roman etwas unentschlossen zwischen Jugendbuch und Erwachsenenliteratur stehen, so als wäre sich der Autor nicht sicher gewesen, für welche Zielgruppe er schreibt. Einerseits sind Figurenzeichnungen und der gesamte Plot einfach gestrickt, ideal für Kinder und Jugendliche. Andererseits zeigt Andreas Eschbach Ideen und Verhaltensweisen auf, deren Konsequenzen relativ komplex sind und die deutlich auf ein erwachseneres Publikom zielen. Oftmals werden diese Ideen jedoch nur angerissen, nicht ausgeführt, so daß ich nicht weiss, was ich davon halten soll. Mein ganz persönlicher, subjektiver Eindruck ist, daß die gleichzeitig von Eschbach geschriebene brilliante Jugendbuchserie, die mit Black*Out begann, sozusagen in diesen Roman herübergeschwappt ist.

Ein Wort noch zu dem Druckfehler "PatriCIA", der durchgängig im Roman vorhanden ist. Wie Andreas Eschbach im Lesezirkel auf SF-Fan sagte, ist dies ein Alleingang eines Setzers gewesen, der nach der finalen Abnahme noch Verbesserungen meinte einfügen zu müssen.

Andreas Eschbach: Ausgebrannt


Andreas Eschbach: Ausgebrannt
Lübbe 2007
Hardcover, 750 Seiten
ISBN 3-7857-2274-5


Die Ölquellen versiegen und die Menschheit muß damit klarkommen.

Andreas Eschbach erzählt das Versiegen der Ölquellen aus mehreren Blickwinkeln, Hauptperson ist jedoch der Antiheld Markus. Nicht nur gelingt ihm im ersten Teil des Buchs eine detaillierte Charakterisierung, es wird auch weder langweilig noch platt. Die verschiedenen Zeitsprünge tuen ein übriges, um den Leser zu fesseln. Allerdings zieht sich dieser Teil zu lange hin, man wartet förmlich auf das Versiegen des Öls. Aber als es dann kommt, ist man enttäuscht : Markus erlebt dies in einem abgelegenem Bergdorf, nachdem er von dort wieder in die Zivilisation zurückkehrt, hat sich da fast nichts verändert, der Einfluß des Öls wird nicht wirklich deutlich. Es ist schade, daß der Autor hier den Absprung nicht geschafft hat, trotz seiner überzogenen Länge hatte der erste Teil des Romans doch einen gewissen Charme.

Fazit : Zwar kein herausragender Roman, trotzdem lesenswert.

Sonntag, 25. Dezember 2011

Frank Borsch : Alien Earth


Frank Borsch : Alien Earth
Phase 1
Heyne 52230, München 2006
500 Seiten
Phase 2
Heyne 52251, München 2007
470 Seiten
Phase 3
Heyne 52252, München 2008
560 Seiten


Phase 1
Ein Alien-Raumschiff taucht über der Erde auf, wartet 20 Jahre, dann übernehmen die Aliens per Seelentausch mehrere Millionen Menschen.
Die Geschichte wird aus den Blickwinkeln dreier verschiedener Personen erzählt, eine Form, die der Autor auch in gelungener Art und Weise bis zum Ende durchhält. Trotzdem beginnt die Story zäh, die ersten 100 Seiten animieren nicht zum Weiterlesen. Danach kommt der Roman zwar langsam in Fahrt, eine echte Dynamik entsteht jedoch erst gegen Ende. Ein echtes Manko des Romans ist jedoch das Setting : Obwohl innovativ (USA & Arabien sind zu einer Großmacht ähnlich dem frühenglischem Empire zusammengewachsen), wird dem Leser kein Blick hinter die Kulissen dieser Welt gegönnt. Dadurch bleibt alles seltsam unwirklich, irgendwie blutleer.
Fazit : Obwohl ein klassischer Plot schafft der Autor es nicht wirklich, den Leser zu fesseln und bleibt weit hinter den Möglichkeiten des Settings zurück.


Phase 2
Die Aliens, die in Phase 1 per Seelentausch Menschen übernommen haben, entpuppen sich als Fieslinge.
Ähnlich wie in Phase 1 versucht der Autor auch hier, die Geschichte aus den Blickwinkeln mehrerer Personen zu erzählen. Im Gegensatz zum ersten Teil der Triologie ist ihm dies hier jedoch nicht wirklich gelungen, man hat das Gefühl, einen verwackelten Film zu sehen. Leider besteht die Langatmigkeit, die bereits im ersten Teil zu bemängeln war, in Phase 2 ebenso, selbst ein geneigter Leser ist versucht, das Buch nach zwei Dritteln zur Seite zu packen. In Phase 2 wird zwar das Zusammengehen der USA und Arabien etwas genauer beleuchtet, die Geschichte der Welt bleibt trotzdem irgendwie verschwommen. Und das, was man erfährt, ist eine recht naive politische Sichtweise auf Perry-Rhodan-Niveau. Dieses Manko, das bereits dem ersten Teil schwer zu schaffen machte, ist im Endeffekt auch hier beim zweiten Teil anzutreffen und verleidet das Weiterlesen.
Fazit : Ein schlecht konstruierter Roman, der nur durch den angenehmen Schreibstil des Autors lesbar wird.

Phase 3
Die Aliens kämpfen gegen die Menschen als auch untereinander. Am Ende gelingt ihnen die Invasion : Die Erde gehört nicht mehr den Menschen.
Nach zwei schlechten Teilen erwartet man bestenfalls einen mittelmäßigen Abschluß der Alien Earth ‑ Triologie. Stattdessen legt Frank Borsch hier einen nahezu ausgereiften, kraftvollen Roman vor, derartig spannend und dynamisch geschrieben, daß man ihn gar nicht mehr aus der Hand legen mag.
Aber beginnen wir beim Anfang : Voreingenommen durch die ersten beiden Bände fiel mir sofort auf, daß auf Seite 35 das Datum etwa ein Jahrhundert zu früh angegeben ist – ansonsten war die Idee, die Protagonisten und ihre aktuelle Situation als Risiko-Parteien darzustellen, mehr als gelungen. Auffallend an den ersten hundert Seiten ist die unglaubliche Dynamik, die Frank Borsch hier zum Leser transportiert. Man fiebert förmlich mit den (vielen verschiedenen) Protagonisten mit, will unbedingt wissen, wie die Entwicklung weitergeht. Allerdings zeigt sich hier auch eines der Mankos der ersten beiden Teile : Zu viele Protagonisten, zu viele Handlungsstränge, zu viele (gleichzeitige) Entwicklungen. Diese Vielfalt bleibt auch den gesamten Roman über bestehen, konterkariert bis zu einem gewissem Grad die Dynamik der Geschichte. Auch entsteht der Eindruck, daß die Zusammenführungen der Handlungsstränge in der zweiten Hälfte des Romans zu sehr gewollt sind, zu stark ist das Feeling eines "Deus ex machina".
Gelungen ist die Erzählung der Entwicklung von Seelenspringern und Seelenbewahrern. Wenn auch das nicht-menschliche der Aliens nicht wirklich rüberkommt, gelingt dem Autor doch die faszinierende Darstellung einer exotischen Gesellschaft / Evolution. Der "Sense of Wonder", den man in den ersten beiden Teilen so schmerzhaft vermisst, wird hier mit einer Macht dargestellt, daß man sich fragt, ob hier wirklich der gleiche Autor schreibt.
Auch am dritten Teil ist nicht jeder Abschnitt gelungen, so zieht sich der Tod von Diane zäh über mehrere Kapitel hin. Der tiefere Sinn dieses Romanteils ist mir entgangen, ich habe ihn als langweilig und irrelevant empfunden. Dies ist aber der einzige Abschnitt aus "Phase 3", der mir überhaupt nicht gefallen hat. Mir kommt es vor, als hätte Frank Borsch hier ein sauberes und kritisches Lektorat gefehlt, ein Manko, das mir auch bereits den Lesepaß von "Phase 1" und "Phase 2" vergällt hat. Im Hinblick auf die Klasse dieses dritten Teils wünsche ich mir eine komplette Überarbeitung der Triologie, das Ergebnis könnte durchaus mehr als bemerkenswert sein.
Fazit : Insgesamt ein Top-Roman mit kleinen Längen, ein mehr als gelungener Abschluß. Frank Borsch überrascht hier mit einer großartigen Geschichte, einer gelungenen Konzeption und beweist einmal mehr seine Fähigkeiten als "Story-Teller". Die Spannung ist derartig mitreißend, die Qualtät des Romans so hoch, daß dieser dritte Teil die Mängel der ersten beiden "Alien Earth" – Romane vergessen lässt. Mich zumindest hat Frank Borsch damit überzeugt : Ich werde mir zukünftig auch jede andere Neuerscheinung dieses Autors besorgen.

Anmerkung : Ich kann jedoch nur empfehlen, sich nicht von dieser Kritik vom Lesen abhalten zu lassen. Das furiose Finale in Phase 3 entschädigt selbst den kritischsten Leser von den Längen der ersten beiden Teile. Und mich hat diese Trilogie immerhin zum Weiterlesen von Borsch-Romanen motiviert ...

Samstag, 24. Dezember 2011

Stefan Burban : Nahende Finsternis



Stefan Burban : Nahende Finsternis
Der Ruul-Konflikt #3
Atlantis-Hardcover 2011
280 Seiten

Das Asalti-System scheint von den Ruul annektiert worden zu sein. Zwei terranische Erkundungsteams werden zur Aufklärung ausgesandt. Insbesondere das Schicksal der Bevölkerung, der pazifistischen Asalti, ist unklar. Die Entdeckungen der Terraner sind schockierend : Die Asalti werden als biologische Steuereinheiten der Ruul-Kampfschiffe mißbraucht. Und die Großinvasion beginnt ...

Der dritte Band des Ruul-Konflikts, der zweite, der bei Atlantis als Hardcover herausgegeben wurde. Und wie schon sein Vorgänger, "Düstere Versuchung", ist auch dieser Roman spannende Military SF der intelligenteren Art.

Deutlicher noch als beim ersten Hardcover lässt Stefan Burban hier seine Protagonisten plastisch werden und vermeidet billige Klischees. Und dies nach beiden Seiten hin : Weder beschreibt er dumpfe "Yessir"-Soldaten noch oktroyierte er jedem Handlungsträger eine tiefe seelische Krise auf. Diese "Normalität" hat mir besonders gut gefallen.

Die Idee der biologischen Schiff-Prozessoren ist klar und deutlich von "Babylon 5" geklaut. [Die diese Idee übrigens wiederum von Anne McCaffrey übernommen hatten, dazu demnächst mehr.] Der Autor führt dies aber im vorliegendem Band nicht weiter aus und da die Ruul auch deutlich anders als die Schatten beschrieben werden, bleibt abzuwarten, was Stefan Burban in den nächsten Romanen aus diesem Konzept macht. Da keine Telepathen in Sichtweite sind, hat dieses Szenario durchaus das Potential, zu einer innovativen Hommage zu werden.

Genau wie im ersten Hardcover ist die Handlung spannend und bietet einiges an überraschenden Wendungen. Mein einziger Kritikpunkt an dieser Stelle ist die geringe Eindringtiefe in die Gesellschaft der Ruul. Gerade im Vergleich mit dem von mir erst vor kurzem gelesenen Roman "Eobal" und dem "Dominic Flandry"-Zyklus fällt dieses Manko deutlich auf. Hier hätte ich mir eine stärkere Charakterisierung der "Bösen" gewünscht.

Auch die Gesellschaftsstruktur des Asalti bleibt blaß. Dies ist aber offenbar auch genau die Intention des Autors, denn ihr Hauptmerkmal, der Pazifismus, wird deutlich dargestellt und beleuchtet. Im Rahmen der Invasion der Ruul wird er auf die Probe gestellt und Stefan Burban nimmt hier deutlich Stellung gegen einen absoluten Pazifismus bis hin zur Selbstaufgabe. Das hat mir gefallen, denn ich persönlich teile genau diesen Standpunkt. Wie aber Gandhi gezeigt hat, ist dieser Standpunkt keinesfalls der einzig funktionierende, wie es im Roman suggeriert wird. Auch hier hätte ich mir eine kritischere Auseinandersetzung mit dem Thema gewünscht.

Als Fazit kann man festhalten, daß die Ruul-Romane bisher spannende und angenehm lesbare MilSF-Geschichten sind, die sich nicht hinter ihren amerikanischen Vorbildern verstecken müssen. Im Gegenteil : Da jeder Roman eigenständig lesbar ist und nicht die Detailkenntnis seiner Vorgänger erfordert, ist der Ruul-Zyklus eine angenehme Abwechslung zu den aktuellen Fortsetzungsromanen angloamerikanischer Provenienz. Ich warte auf jeden Fall schon ungeduldig auf den nächsten Band.

Stefan Burban : Düstere Vorzeichen


Stefan Burban : Düstere Vorzeichen
Der Ruul-Konflikt #2
Atlantis-Hardcover 2010
250 Seiten


Im Jahre 2140 hat die Menschheit mehr als sechzig Sonnensysteme kolonisiert und lebt mit dem Großteil ihrer Nachbarn in friedlicher Koexistenz, in der Handel und Diplomatie im Vordergrund stehen. Nur die Ruul, eine rätselhafte und aggressive Nomadenrasse, greifen immer wieder entlegene Kolonien an. Um dieser Bedrohung Herr zu werden, baut die Terranische Flotte mit der TKS Lydia den Prototyp einer völlig neuen Klasse von Kriegsschiffen, die den endlosen ruulanischen Angriffen Einhalt gebieten soll. Doch bereits auf dem Testflug kommt es zu einer Katastrophe, die verheerende Auswirkungen auf die Zukunft aller Völker haben wird … (Klappentext)

Die Katastrophe besteht in einer durch Sabotage begünstigten Übernahme des Schiffs durch die Ruul, bei der die Menschen reihenweise sterben. Wer der Verräter ist und wie Captain DeCarlo sein Schiff wiedererobert, sei hier nicht verraten, obwohl beides dem SF-Fan schon recht bald klar sein sollte.

Dieses Buch ist gut und nicht gut zugleich, beides aus genau dem gleichen Grund. Gut, weil es wahnsinnig spannend geschriebene Military SF ist und man sich gar nicht davon losreißen kann. Nicht gut, weil es genau und nur wahnsinnig spannend geschriebene Military SF ohne tiefergehenden Anspruch ist. Die MilSF von Mike Resnick, Jack Campbell oder David Weber ist da schon deutlich weiter. Hat man sich darauf aber eingestellt, erwartet den geneigten Leser ein angenehmes und packendes Lesevergnügen.

Stefan Burban ist kein Anfänger, er kennt seine Klassiker. Ich allerdings auch, und so wurde ich auf Seite 18 stutzig, als der MAD-Agent Coltrov vorgestellt wurde. Und siehe da, es gibt tatsächlich einen Vorläufer zu "Düstere Vorzeichen". In seinem Roman "Tödliches Kreuzfeuer" (Langlhofer 2008) erzählt Burban die Ereignisse auf dem Mars, die ursächlich für die Entwicklung des neuen Trägerschiffes waren. Man muß den Roman nicht kennen, in klassischen Wendungen erzählt der Autor innerhalb von "Düstere Vorzeichen" sehr schön die damaligen Ereignisse. Wahrscheinlich ist er als Erstling auch deutlich weniger gut als der vorliegende Atlantis-Roman, ich werde darüber berichten, nachdem ich ihn mir besorgt habe.

Insgesamt gesehen ist "Düstere Vorzeichen" wieder einmal ein gelungenes Atlantis-Hardcover, eine Reihe, die sich in meinen Augen binnem kurzem als echtes Qualitätssiegel auf dem deutschen Markt entwickelt hat. Ich als Abonnent bin bisher von keiner Ausgabe enttäuscht worden, auch dieser Roman von Stefan Burban ist herausragend in seinem Genre-Segment. Es sollen noch zwei weitere Romane kommen, einer demnächst und der abschließende Band Anfang 2012. Ich freue mich schon drauf.

Freitag, 23. Dezember 2011

Gelesen im August, September, Oktober und November 2011 (II)

Zyklen lese ich gerne. Sie haben den ausgesprochenen Vorteil, daß ich nicht vor der Qual der Wahl stehe, was ich als nächstes lesen soll. Und dem Geläster meiner Frau entgehe, wenn ich vor meinen SF-Regalen stehe und ihr sage, ich hätte nichts zu lesen. :-) Nichtsdestotrotz lese ich auch Einzelromane, so auch im letzten halben Jahr.

Neugierig geworden durch einige zielmlich gute PR-Einzelromane, habe ich mir den ersten Band der Serie "2012" besorgt :



Las sich ganz nett, war allerdings ein echter Trivialroman. Also nix für den Intellekt, aber eine angenehme Abwechslung für Zwischendurch. Ich habe die Serie allerdings nicht weiterverfolgt, da es etwas schwierig war, die Hefte zu bekommen. Die Kioske in meinem Viertel, in denen ich nachfragte, hatten die Serie nicht, und die Energie, danach zu suchen, brachte ich mangels Interesse nicht auf.



Sehr viel Spaß haben mir die Ausgaben des Andromeda Science Fiction Magazins des SFCD gemacht. Beide Ausgaben, der Sonderdruck No.4 und das ASFM 151, beschäftigen sich mit "Perry Rhodan". Zwischen diesen beiden Ausgaben liegen allerdings 15 Jahre und, wenn ich das richtig sehe, 2000 Heftromane. Trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) sind beide Ausgaben sehr lesenswert, ASFM 151 habe ich hier im Detail besprochen. Ein Muß für jeden PR-Fan.

Als wir in Bergedorf beim Stadtfest waren, musste ich natürlich den dortigen Bücherstand durchforsten. Und fand einen Band von Alan Dean Forster :
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War allerdings nicht mein Geschmack, das Thema habe ich schon besser abgehandelt gelesen und der Roman ist seltsam unentschlossen, wohin er sich denn entwickeln will.

Skeptisch, aber mit Spannung, habe ich den ersten Roman der neuen PR-Serie erwartet. PR Neo startete mit "Sternenstaub" von Frank Borsch. Gerade von diesem Autor habe ich tolle Romane gelesen, tatsächlich war seine Schreibe in den "Alien Earth"-Romanen und den PR Extras der Grund, warum ich mich wieder für PR zu interessieren begann.

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Im Vergleich zu dem Klassiker "Unternehmen Stardust" von K. H. Scheer hat mir dieser Roman allerdings überhaupt nicht gefallen. Ebensowenig wie einige Romane der aktuellen Erstauflage. Von der Story der EA als auch Neo, die ich durch die Spoiler-Threads weiterhin verfolge, einmal ganz abgesehen. Aber vielleicht bin ich einfach zu alt für PR, vielleicht ist gerade diese Serie stark mit Reminiszenzen an meine Kindheit behaftet. Das würde auch erklären, warum ich die "Christoph Schwarz"- und "Schatzjägerin"-Romane von Gunter Arentzen relativ begeistert lese, während PR und andere aktuelle (!) Heftromane mich nicht mehr so interessieren. Im Gegensatz zu mir gibt es übrigens eine gar nicht so kleine Fan-Gemeinde von PR Neo, siehe dazu die entsprechenden Threads im Neuen Galaktischen Forum und im SF-Netzwerk. Ich empfehle also jedem, sich seine eigene Meinung zu bilden.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Gelesen im August, September, Oktober und November 2011 (I)

Irgendwie ist das mit meiner Leselisten-Disziplin nicht weit her, ich hänge immer wieder ziemlich zurück. Aber ich versuche einmal, meine Leseeindrücke des vergangenen halben Jahres zu beschreiben, so vollständig es eben geht.

Gelesen habe ich wieder einmal die Serrano-Geschichten von Elizabeth Moon.


Klassische Military-SF, in der das Verhältnis des Militärs zur Zivilregierung beleuchtet wird. Eine ausführliche Rezension habe ich hier geschrieben.

Dann kam der Fandom Observer heraus und ich wurde auf die Kim Harrison-Romane über Rachel Morgan aufmerksam.



Romantic Fantasy der intelligenteren Art, Details hier.

Und wo wir gerade bei den Zyklen sind : GRRMs "Lied von Eis und Feuer" habe ich auch gelesen. Die Bände habe ich vor einem Jahrzehnt bereits gekauft und nach dem viertem Band Mangels Interesse aufgehört. Nach dem Hype um die HBO-Serie nahm ich mir die Bände noch einmal vor :

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Ich muß allerdings sagen, daß sich mein damaliger Eindruck bestätigt hat, die Serie gefällt mir überhaupt nicht, Details dazu hier. Jedoch hatte ich beim Lesen den Eindruck, daß man bei radikalen Kürzungen hieraus eine sehr gelungene TV-Serie machen kann. Ich bin einmal gespannt auf die DVD.

Ein weiterer Zyklus, den ich genossen habe, sind die Geschichten um Eddie Drood von Simon R. Green :

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Mein Name ist Bond, Shaman Bond. Ich bin der Wächter der Menschheit mit der Lizenz, dem Übernatürlichen in den Arsch zu treten.

Na ja, eigentlich heisse ich Eddie Drood, Shaman Bond ist nur mein Deckname. Wenn man zu den Droods gehört, die die Menschheit seit den Tagen König Arthurs vor Aliens und Dämonen beschützen, legt man sich besser ein Pseudonym zu. Denn nur aus einem einzigem Grund haben Gespenster, Ghule und glubschäugige Monster die Welt noch nicht übernommen : Weil meine Familie sich ihnen in den Weg gestellt hat. Wir hüten die Tür, wir schützen euch vor dem Bösem Wolf. (dem Klappentext nachempfunden)
Lohnt sich, hat mir beim Lesen echt Spaß gemacht, siehe hier.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Gelesen im Juli 2011 (III)

So, bevor der August komplett rum ist, noch schnell den Rest der gelesenen Juli-Geschichten.


Wolfgang Hohlbein : Raven
Bastei-Lübbe 20510/20511
Neuausgabe 2011, Originalausgaben 1981-1984
525 und 560 Seiten

Sehr schöne Ausgabe einer frühen Heftroman-Serie von Wolfgang Hohlbein, Karl-Ulrich Burgdorf und Frank Rehfeld, Details hier. Einziger Wehmutstropfen ist die Tatsache, daß Bastei-Lübbe momentan alte Lücken in den Nummernkreisen mit neuen Romanen stopft.



Norman Spinrad : The Solarians
Leisure Books, New York 1966

Ein immer wieder gerne gelesener Roman, der erste den Spinrad veröffentlichte. Details hier, auf deutsch ist dieser Roman noch nicht erschienen. Ebenso wie "Tambu" von Asprin scheint dies zusammen mit "Agent of Chaos" ein Fall für Atlantis zu sein. Guido ?



Dirk van den Boom : Kaiserkrieger (Die Ankunft / Der Verrat)
Atlantis Verlag 2010/2011
220 & 210 Seiten

Der Kreuzer "Saarbrücken" der Wilhelminischen Marine wird am Vorabend des Ersten Weltkriegs in die Zeit des Römischen Imperiums transportiert.

Mehr an Inhaltsangabe möchte ich hier nicht preisgeben. Erstens wurde ich wegen zu starker Spoiler angemeckert (und ja, ich bin zickig, so was benörgel ich noch im nächsten Dezennium) und zweitens würde jede ausführlichere Inhaltsangabe tatsächlich zu sehr ins Detail gehen. Bemerkenswert ist auch weniger der Inhalt an sich, sondern eher die Kombination von Inhalt und Stil. Im Gegensatz zu seinen doch etwas sehr plakativen Tentakel-Romanen gelingt Dirk van den Boom hier ein sehr unaufgeregter und trotzdem spannender Roman, der sehr stark von der präzisen historischen Recherche geprägt ist. Zu kritisieren sind vielleicht die doch sehr vorhersehbaren Fronten innerhalb der Mannschaft und der Offiziere der "Saarbrücken", das Freund/Feind-Bild ist meiner Meinung nach etwas sehr simplifiziert. Ebenso sind einige der Wendungen des Romans wenig überraschend, sondern fast schon vorhersehbar. Dagegen fand ich es sehr angenehm, daß DiBoo das Rothemden-Syndrom vermeidet und auch wichtige Protagonisten (und eben nicht nur einfache Mannschaften) bereits in den ersten Kriegshandlungen sterben lässt.
Vieles aus diesem Roman erinnert mich an de Camps "Lest Darkness Fall", in dem ein Amerikaner ebenfalls ohne Hilfsmittel in die Römerzeit versetzt wird und sich dort behaupten muß. Ebenfalls ein unaufgeregter Roman, der die Spannung weniger aus dem "Was passiert jetzt ?" als aus dem "Wie passiert es jetzt ?" erzeugt. Ein Roman, den ich mehrfachst seit 30 Jahren wiedergelesen habe und der mir nie langweilig wurde. Ein ähnliches Feeling habe ich nach den ersten beiden Kaiserkrieger-Bänden von DiBoo, was mich auf die nächsten Romane dieses Zyklus um so neugieriger werden lässt. Es wird allerdings bereits in diesen beiden ersten Bänden deutlich, daß man Kaiserkrieger erst richtig nach Abschluß des Epos würdigen können wird, erst dann wird der gesamte Storybogen sichtbar. Jetzt, nach Lektüre der ersten beiden Bände, sehe ich nur einen Beginn und habe keine Ahnung, wie es weitergehen oder eventuell abgeschlossen werden wird. Daran merkt man auch, ebenso wie an dem wesentlich detaillierterem und wesentlich weniger effektheischendem Stil, den Dirk van den Boom hier im Gegensatz zu früheren Romanen hinlegt, wie sorgfältig die Kaiserkrieger durchkomponiert sind. Für mich ein gelungener Auftakt einer faszinierenden Zeitreise-Geschichte.
Zur Ausstattung : Ich habe beide Romane als Hardcover (signiert, natürlich :-)) der "Edition Atlantis", vernünftiges Papier, sauberer Druck, Lesebändchen inklusive. Der bibliophile Sammler wird mit dieser Ausgabe mehr als befriedigt bzw., wie man neudeutsch sagt, "die Ausgabe hat einen haptisch sehr positiven Touch".

Gelesen im Juni / Juli 2011 (II)

Und weiter geht's mit den ollen Schinken :


Gordon R. Dickson : Der Wolfling
(Wolfling)
Aus dem Amerikanischem von Wolfgang Crass
Ungekürzte Taschenbuch-Neuausgabe 1984, Originalausgabe 1968/69
Moewig-SF 3648, 175 Seiten

Sein Name ist James Keil, sein Beruf Anthropologe. Aufgrund seiner körperlichen Konstitution und seiner geistigen Fähigkeiten gehört er zur einsamen Spitzenklasse - jedenfalls für irdische Begriffe. Die Hochgeborenen hingegen, die von der Thronwelt aus das galaktische Reich regieren, dem unlängst auch die Erde und das Solsystem einverleibt wurden, sehen in James Keil nur einen unwissenden Barbaren. Sie nennen ihn Wolfling und reihen ihn in die Kategorie Haustier oder nützlicher Sklave ein. Doch sobald der Erdenmann die Thronweit erreicht hat, zeigt er, was in ihm steckt. James Keil beginnt sein eigenes Spiel zu spielen. Der Einsatz in diesem Spiel ist die Freiheit für Terra. (Klappentext)
Einer der wenigen Fälle, in dem man vom Klappentext exakt auf den Inhalt schließen kann : "Der Wolfling" ist eine Space Opera mit Space Babes, Aliens und Raumschiffen, ein reiner Abenteuerroman ohne tiefere Bedeutung. Brilliant geschrieben von einem Altmeister der Hardcore SF, macht es Spaß, ein solches Abenteuer zwischendurch zu lesen. Und es ist interessant zu sehen, wie weit sich die SF weiterentwickelt hat. Heutige Space Operas sind deutlich gehaltvoller und arbeiten einzelne kritische Aspekte eines derartigen Themas (scheinbare rassische Überlegenheit, dynastische Machtkämpfe, Degeneration) deutlicher, detaillierter und ambitionierter heraus.


Jerry Pournelle : Mars, ich hasse dich !
(Birth of Fire)
Aus dem Amerikanischem von Marcel Bieger
Deutsche Erstveröffentlichung 1980, Originalausgabe 1976/1978
Bastei-Lübbe 21124, 200 Seiten

Garrett Pittston wird als gewalttätiges Mitglied einer Straßengang vor die Wahl gestellt - Gefängnis oder Kolonie. Er wählt die Deportation auf den Mars und trifft dort eine von Konzernen beherrschte und ausgebeutete Gesellschaft vor. Drangsaliert von den Konzernen auf der einen und schikaniert von der Erd-Administration auf der anderen Seite, beginnen die Marsianer um ihre Freiheit zu kämpfen.
Nach Heinlein Pournelle - das passt. Das ist vor allen Dingen deshalb so passend, weil mit "Birth of Fire" ein Roman vorliegt, der nicht nur in Nichts dem großen Altmeister nachsteht, sondern den gleichen Drang der individuellen Freiheit ausdrückt. Jerry Pournelle betont in seinem Roman das Handeln des einzelnen Individuums, dessen Entscheidung für den einen oder den anderen Weg die Gesellschaft maßgeblich mitgestalten. Und ebenso wie Heinlein (und ganz anders als beispielsweise Gordon R. Dickson) sagt er auch deutlich, daß man keine Helden braucht, sondern ganz normale Leute, die ihre Freiheit verteidigen. Und bei aller Liebe zu den Superhelden-Filmen der letzten Zeit, diese Aussage gefällt mir deutlich besser.
Das Buch ist vor dreißig Jahren geschrieben worden, aber aktuell wie nie zuvor. Deutlich stellt Pournelle hier das unsinnige Steuersystem der westlichen Welt an den Pranger, das nur vorgeblich für die gerechtere Umverteilung von Vermögen sorgt, tatsächlich aber Kapital und Konzerne begünstigt. Dies wird deutlich, als die unabhängigen Marssiedler Vermögenssteuer zahlen sollen, die wiederum den Konzernen und der überflüssigen Erdverwaltung zugute kommt.
Ein weiterer, heutzutage wieder ziemlich aktueller Blickwinkel des Romans ist der auf die Wissenschaftler, die die Mars-Ökologie untersuchen. Die Unabhängigkeitsbewegung versucht, mit Atombomben Vulkane zu aktivieren, um dem Mars wieder eine Atmosphäre zu geben, damit alle Marsianer außerhalb der Kuppeln frei leben können. Dies wird von den Wissenschaftlern sabotiert, die "studieren, wieso es auf der Erde zu Eiszeiten gekommen ist und wie Planeten entstehen. Ihr macht uns das alles kaputt. Das dürft ihr nicht ! Ihr dürft es einfach nicht!" Kommt mir ziemlich bekannt vor.
Zu Jerry Pournelle ist einiges zu sagen, ein bißchen kommt noch bei meinen Kommentaren zu weiteren Romanen von ihm. Zu seiner Biographie empfehle ich zum ersten Lesen die englische Wikipedia. In diesem Artikel aus "Le Monde diplomatique" wirft Norman Spinrad ihm vor, ursächlich verantwortlich für das Star Wars-Programm von Ronald Reagan zu sein. In seinem Blog, Chaos Manor, geht er meines Wissens schon seit Jahren nicht allzu nett mit der amerikanischen Regierung um, die seiner Ansicht nach diverse Fehler gemacht hat und macht. Auch wenn man ihm nicht zustimmt, liest sich der Blog doch sehr interessant. Insbesondere der aktuelle Kommentar zum Kompromiss beim Schuldenstreit ist meiner Meinung nach lesenswert.


Jerry Pournelle : Der letzte Söldner
(The Mercenary)
Aus dem Amerikanischem von Marcel Bieger
Deutsche Erstveröffentlichung 1980, Originalausgabe 1977
Bastei-Lübbe 21128, 200 Seiten

Die Erde ist unter dem CoDominium vereinigt, einem Zusammenschluß der USA und der UdSSR. Militärisch wird sie von der Nachfolgeorganisation der französischen Fremdenlegion verteidigt. Die Menschheit ist zu den Sternen aufgebrochen und siedelt auf fernen Planeten, beschützt von der Legion. Konzerne, bürokratische Verwaltungsbeamte und Nationalpolitiker tun ihr Bestes, um diese friedliche Koexistenz zu beseitigen.
2058 tritt John Christian Falkenberg der Legion bei. In den folgenden Jahren wird das Budget der Legion immer mehr gekürzt, so daß sie ihren Aufgaben, die Menschen auf den verschiedensten Planeten zu schützen, nicht mehr richtig bzw. gar nicht mehr wahrnehmen können. 2087, nach einer geglückten Militäroperation, siedelt Falkenberg sich mit seinen Soldaten auf Sparta an und heiratet.
Dies ist der erste echte Military SF-Roman, den ich gelesen habe. Und er ist ziemlich gut. Was mir damals beim ersten Mal als auch beim jetzigen Lesen auffällt ist die Tatsache, daß er den Krieg und militärische Operationen nicht beschönigt. Sicher, er ist kein Antikriegsroman, aber er stellt Krieg sehr wohl schon als ziemlich blutig und dreckig dar, keinesfalls glorios. Mein subjektiver Eindruck geht sogar so weit, daß ich Honor Harrington deutlich militärverherrlichender finde als die CD-Serie von Jerry Pournelle. Das ist aber, und das möchte ich ausdrücklich betonen, ein rein subjektiver Gesamteindruck, durch nichts objektiviert.
Wie schon bei "Birth of Fire" lässt Jerry Pournelle hier seiner Antipathie gegen korrupte und/oder ideologisch verblendete Politiker freien Lauf. Das Leben könnte so schön sein, wenn nicht ein paar Fanatiker unbedingt versuchen würden, Nationalstaaten mit nationalen Armeen und nationalem Gedankengut wiederherzustellen. Die negativen Folgen einer solchen Politik im Vergleich zu einer geeinten Menschheit werden deutlichst dargestellt. Pournelle stellt auch eindeutig dar, daß dieser Typ Politiker immer korrupt ist und nur die Wirtschaftspolitik der Großkonzerne gegen die Interessen der Menschheit fördert. Mein Eindruck, der sich durch mein aktuelles Wiederlesen alter Romane nur gefestigt hat, ist der, daß Jerry Pournelle eigentlich ziemlich links, ich möchte sogar sagen linksradikal, ist.


Jerry Pournelle : Jenseits des Gewissens
(West of Honor)
Aus dem Amerikanischem von Jens Rösner
Deutsche Erstveröffentlichung 1981, Originalausgabe 1976/78
Bastei-Lübbe 21136, 200 Seiten

2064. Auf dem Agrarplaneten Ararat droht der Bürgerkrieg, nachdem BuRelock zehntausende von Kriminellen auf diese bäuerlich orientierte Welt deportiert hat. 2069 trifft Falkenberg mit seiner Legion ein und beendet den Konflikt mit Waffengewalt.
Genau wie im ersten Falkenberg-Roman wendet sich Jerry Pournelle hier deutlich gegen korrupte Politiker und inkompetente Bürokraten. Er stellt die Situation derartig verfahren dar, daß nur eine brutale Lösung, die mehrere hundert Tote fordert, eine Wendung zum Positiven bringen kann. Dabei nimmt er bei der Darstellung der beiden Konfliktparteien, Siedler und Deportierte, nicht Partei für die eine oder die andere Seite, sondern stellt klar, daß es auf beiden Seiten zu Ausschreitungen kommt, sobald man die Oberhand hat. Falkenberg und seine Legionäre sind hier die Einzigen, die als Gruppe positiv erscheinen. Das liegt ganz klar daran, daß der Korpgeist und die Prinzipien des Militärs auch eine gewisse Ethik selbst bei den einfachen Soldaten hervorrufen. Eine Sichtweise, die sich von Robert A. Heinleins "Starship Troopers" direkt zu Jerry Pournelles CoDominium-Romanen durchzieht, wobei Pournelle deutlich desillusionierter und frustrierter schreibt. Dies dürfte nicht zuletzt seiner Nähe zur US-amerikanischen Administration zu verdanken sein.
Beide Falkenberg-Romane kann ich den Fans von klassischer Military SF empfehlen. Jerry Pournelle hat diese beiden Falkenberg-Geschichten erweitert und in eine Future History integriert, Details siehe beispielsweise hier auf der (übrigens auch sehr empfehlenswerten) Wesite Chronology.


Jerry Pournelle : Die entführte Armee
(Janissaries)
Aus dem Amerikanischem von Annette von Charpentier
Illustrationen von Bermejo
Deutsche Erstveröffentlichung 1980, Originalausgabe 1979
Bastei-Lübbe 24013, 360 Seiten

Afrika in den 70ern. Eine Söldnerarmee ist von ihren kommunistischen Gegnern umzingelt und wartet auf ihre Auslöschung, Hilfe ist nicht in Sicht. Da werden sie von einem Raumschiff gerettet. Vor die Wahl gestellt, auf der Mondbasis der Außerirdischen eingesperrt zu werden oder für eben diese Außerirdischen auf einem Planeten Pflanzen anbauen zu lassen, entscheiden sie sich für Letzteres. In einem mittelalterlichen Ambiente [Ich muß unbedingt 'mal wieder "Icerigger" lesen] versuchen sie, sich zu behaupten.
Military SF ohne große Hintergedanken, rein zum Spaß an der Freude geschrieben. Die deutsche Ausgabe ist schön illustriert von Luis Bermejo, hat Spaß gemacht, den Schmöker wieder einmal zur Hand zu nehmen. Pournelles Kritik an bürokratischen Strukturen ist zwar vorhanden, wird aber im Gegensatz zu den obigen Romanen nicht ausgelebt. Es gibt noch zwei Fortsetzungen davon, muß ich mir bei Gelegenheit einmal besorgen.


Jerry Pournelle : König Davids Raumschiff
(King David's Spaceship)
Aus dem Amerikanischem von Barbara Heidkamp
Deutsche Erstveröffentlichung 1983, Originalausgabe 1980
Bastei-Lübbe 22061, 350 Seiten

Den Kolonisten von Samuals Welt droht die Besetzung durch Truppen des Erdimperiums. Einzige Chance dies abzuwehren ist der Beweis, das sie zur eigenständigen Konstruktion(und Flug) eines Raumschiffs in der Lage sind. Jorge
Die Langfassung eines Romans von 1973, in deutsch erschienen als Terra Astra 154. Ein lesenswerter Roman, der die Entwicklungshilfebestrebungen der Ersten Welt deutlich aufs Korn nimmt. Im Endeffekt allerdings wesentlich weniger hintergründig als andere Romane von Pournelle. Könnte daran liegen, daß ich diesen Roman nicht sauber in den Kontext seiner Future History einordnen kann, ich müsste da doch einmal etwas mehr lesen ...

Gelesen im Juni / Juli 2011 (I)

Der Klassiker-Lesezirkel ist schuld. Oder eine Bemerkung über Timothy Zahn in einem Star Wars-Thread. Oder es war einmal wieder an der Zeit und mein Unterbewusstsein ist verantwortlich. Egal wer oder was es war, er hat mir auf jeden Fall einen extremen Retro-Kick versetzt, der mich stark auf Klassiker fixierte. ["In diese Retro-Ecke gehörst Du auch hin mit Deinen 51." Originalton der Besten Ehefrau von allen] Und so sieht meine Leseliste der letzten zwei Monate noch seltsamer aus als normalerweise.


Jack Vance : Cugel, der Schlaue
(Cugel's Saga)
Aus dem Amerikanischem von Lore Straßl
Deutsche Erstausgabe 1987, Originalausgabe 1983
Knaur Fantasy 5808, 375 Seiten

Die Fortsetzung von Die Augen der Überwelt, in der Cugel weiter versucht, sein Zuhause zu erreichen, nachdem er vom Bösen Zauberer Rhialto ans Ende der Welt versetzt wurde. Auf seinem Weg zurück trifft er die absurdesten Gesellschaften, etwa die der Leute von Tustvold, bei denen die Männer auf hohen Säulen sitzen und in der Sonne baden, während die Frauen arbeiten. Und je höher die Säule, desto gewichtiger das Ansehen des Mannes. Was Cugel, der dem Steinmetz hilft, zu einer seiner genialen Ideen verhilft ...
Jack Vance hat mit seinen Geschichten über Cugel, den Schlauen, eine moderne Gulliver-Geschichte geschrieben. Ebenso wie Jonathan Swift nutzt Vance hier die Allegorie, um die Dummheit seiner Mitmenschen anzuprangern. Tatsächlich darf man keine einzige der in den Cugel-Geschichten beschriebenen Begebenheiten wörtlich nehmen, erkennt aber deutlich, welche Macken der modernen Gesellschaft Vance gerade anprangert. Ein derartiger Roman in dieser Qualitätsstufe fehlt der deutschen SF noch, wenn auch Uwe Post auf dem besten Weg dahin ist.


Harry Harrison : Der Planeten-Retter
(Planet of the Damned / Planet of No Return)
Aus dem Amerikanischem von Wulf H. Bergner
2. Auflage 11/1988, Originalausgaben 1962 & 1982
Bastei-Lübbe 24085, 315 Seiten

Er ist Brion Brand, Champion und Sieger der Spiele von Anvhar, des denkbar härtesten Test aller menschlichen Fähigkeiten. Kein Wunder, daß die Gesellschaft für kulturelle Beziehungen ihn zu ihrem Star-Agenten macht. Seine Aufgabe ist denkbar einfach: Welten retten.
Sein erster Auftrag führt Ihn nach Dis, einen unwirtlichen Planeten, dessen ehemals menschliche Bewohner sich auf seltsame Weise verändert haben. Hass auf alles Fremde beherrscht sie. Die Vernichtung des gesamten Planeten scheint geplant und unabwendbar ...
Sein zweiter Einsatzort, Selm II, ist eine urzeitliche Welt mit primitiven Eingeborenen, die allein schon alle Überlebensfähigkeiten beansprucht. Auf ihr herrscht zudem ein zum Selbstzweck gewordener hochtechnisierter Krieg – und die Kriegsmaschinen sind mörderisch …
(Klappentext korrigiert)
Zwei Action-SF-Romane von Harry Harrison, geschrieben mit einer zwanzigjährigen Pause zwischen den beiden. Ebenso wie in seinen Deathworld-Romanen ist auch hier die planetare Ökologie der eigentliche Star des Romans. Und auch wenn die Action hier definitiv im Vordergrund steht, sind die Romane doch gehaltvoller als Vieles, das heutzutage unter dem Label Öko-Thriller oder Action veröffentlicht wird.
Interessant ist, daß man trotz der 20-Jahres-Pause keinen Stilbruch zwischen den beiden Romanen bemerkt. Inwieweit das der Übersetzung zu verdanken ist, kann ich nicht sagen, halte es aber für wenig wahrscheinlich, da eine "Glättung" doch deutlich merkbar wäre.


Timothy Zahn : Die Cobra-Dynastie
Die Verbannung / Siedler der fünf Welten / Planet der Abtrünnigen
(Cobra / Cobra Strike / Cobra Bargain)
Aus dem Amerikanischem von Caspar Holz
Deutsche Erstveröffentlichung 1998-1999, Originalausgaben 1985-1988
Goldmann 25035-37, 380/380/400 Seiten

Im Krieg gegen die Trofts werden Cyborg-Krieger geschaffen, die Cobras. Verstärkte Knochen, implantierte Waffen, hochgerüstete Reflexe und ein integrierter Kampfcomputer machen sie zu idealen Guerilla-Kriegern. Doch nach dem Krieg kann man sie nicht mehr in die menschliche Gesellschaft eingliedern und sie wandern auf einen Kolonialplaneten aus. Erzählt wird die Geschichte von Johnny Moreau, dem ersten Gouverneur der Cobrawelten, und seinen Kindern.
Eine Trilogie im Stil der Blackcollar-Romane, siehe unten. Ähnlich wie bei "Starship Troopers" steht auch hier das Individuum im Mittelpunkt, stärker noch als Heinlein vertritt Timothy Zahn den Standpunkt, daß bereits das ethische Handeln eines Einzelnen den Ausschlag hin zum Positiven geben kann. Und ebenso wie Heinlein gefällt mir Zahn mit jedem Lesen besser. Der Fixpunkt dieser Romane ist aber nicht der Krieg und die übermenschlichen Fähigkeiten der Cobras in diesem Krieg, sondern die Zeit danach, als die Superkrieger versuchten, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Und mit den ehemaligen Feinden in friedlicher Koexistenz zu leben. Tatsächlich machen Ausbildung und Kampfeinsatz nur 150 der insgesamt knapp 1.200 Seiten aus.
Aktuell gibt es die Cobra-Trilogie als Ziegelstein bei Heyne in einem Band. Bestellbar bei Amazon, eine ausführliche Leseprobe von knapp 50 Seiten auf der Heyne-Website.


Timothy Zahn : Blackcollar
Die Blackcollar-Elite / Die Backlash-Mission / Die Judas-Variante
(Blackcollar / The Backlash Mission / The Judas Solution)
Aus dem Amerikanischem von Hilde Linnert und Martin Gilbert
2. Auflage 2008, Originalausgaben 1983 / 1986 / 2006
Heyne 52361, 1.100 Seiten

Die Menschen haben den Krieg gegen die Ryqril verloren, die terranischen Welten sind besetzt. Wichtige Persönlichkeiten sind loyalitätskonditioniert und können keine Aktion gegen die Besatzer durchführen. Die Widerstandsbewegung ist im Untergrund und hat Unterlagen über fünf NOVA-Raumschiffe, mit denen vielleicht wenigstens das Raumfahrt-Embargo gebrochen werden kann. Für weitere Daten schicken sie Allan Caine in der Tarnung eines Loyalitätskonditionierten nach Plinry. Dort trifft er auf ehemalige Elite-Soldaten, die Blackcollar. Diese Blackcollar sind im Einzelkampf praktisch unbesiegbar, hervorgerufen durch eine Drogenbehandlung mittels Backlash. Gegen das Bodenfeuer von angreifenden Raumschiffen aus waren auch sie hilflos.
Im ersten Teil kommt Allan Caine nach Plinry und entdeckt, daß sich die dortigen Blackcollars bedeckt halten und den Besatzern nur die abgehalfterten Superkrieger vorspielen. Zusammen mit ihnen holt er die fünf NOVAs aus ihrem Versteck, drei davon werden an die Chryselli, mit denen sich die Ryqril momentan bekämpfen, abgegeben.
Im zweiten Band gehen Allan Caine und die Blackcollars auf die Suche nach Backlash, um den Nachwuchs des Widerstands mit den Reflexen der Blackcollars auszustatten. In der Basis von Denver entdecken sie stattdessen Whiplash, eine Mittel, um die Loyalitätskonditionierung zu durchbrechen.
Im dritten Teil versuchen sie, das neue Mittel anzuwenden. Und müssen feststellen, daß einige Leute es sich sehr bequem in der Administration der Besatzungsmacht gemacht hat.
Der Klappentext dieser Gesamtausgabe ist ... irreführend. Also am Besten ignorieren. Die Übersetzung (mir liegen die Originale nicht vor, deshalb weiss ich nicht, Ob Timothy Zahn selber hier bei der Neuausgabe Updates durchgeführt hat) ist behutsam modernisiert worden, die Originale sind von Anfang / Mitte der 80er, als man noch Kassetten als Hightech empfand.
Nach der SF der ausgehenden 60er und 70er Jahre fand eine Rückwendung zur klassischen, actionbetonten SF statt. Nach der von Michael Moorcock ausgerufenen New Wave, den großen Ökologie-Romanen (etwa Stand on Zanzibar oder The Sheep look up) und den großen Social Fiction-Romanen (etwa The Shockwave Rider) begannen vereinzelt Autoren, wieder einen Typ SF zu schreiben, der schon in den 50ern und 60ern en vogue war. Reine Unterhaltungs-SF mit Spannung und Action wurde wieder geschrieben, "Blackcollar" ist ein gutes Beispiel dafür. Wobei diese SF so "rein" gar nicht war, schließlich konnte man den Überbau der letzten Jahrzehnte nicht einfach ignorieren. Und so hat auch "Blackcollar" keinesfalls die SF-Superhelden vom Typ eines MacGyver, sondern Menschen mit Beschränkungen, Macken und Fehlern. Vom heutigen Standpunkt aus, 30 Jahre später, sind diese Romane etwas einfach gestrickt. Jedoch führt meiner Meinung nach ein direkter Weg von den Romanen eines Robert A. Heinlein ("Space Cadet") über die Action-SF der 80er ("Blackcollar") zur heutigen Military SF eines John Ringo oder David Weber.
Betrachtet man die ersten beiden Romane, so ergeben sich diverse Parallelen zu den Bond-Filmen mit Sean Connery und Roger Moore. Der Leser weiss, daß alles gut ausgeht, die einzige Frage ist nur, wie Allan Caine und die Blackcollars das Problem lösen. Und im Zweifelsfall wird ein brillianter Plan der Blackcollar-Strategen in die Tat umgesetzt, wobei Caine ebenso wie der Leser über diesen Plan bis zum letzten Moment (und manchmal auch noch danach) im Ungewissen gelassen wird. Akzeptiert man das, wird man gut unterhalten, benötigt man jedoch die Komplexität und den Detailgrad heutiger Military SF, wird man dieser Romane schnell überdrüssig. Im Gegensatz zu diesen ersten beiden Romane ist der 2006 nachgeschobene relativ uninteressant. Die Action kennt man bereits aus den ersten beiden Bänden, hier wird nichts Neues geboten. Allein das Nicht-Funktionieren der Whiplash-Droge durch menschliche Kollaborateure macht diesen Roman, mit dem Timothy Zahn die Blackcollar-Geschichte abgeschlossen hat, interessant.
Mir hat der Heyne-Ziegel Spaß gemacht, ich habe die Geschichten um Allan Caine und die Blackcollars gerne wiedergelesen. Allerdings befinde ich mich da in einem scharfem Gegensatz zum Klassiker-Lesezirkel, dem das Lesen der Romane wenig Spaß gemacht hat. (Lesezirkel : Band 1 / Band 2 / Band 3)


Robert A. Heinlein : Die Ausgestoßenen der Erde
(Methuselah's Children)
Aus dem Amerikanischem von Tony Westermayr
3. Auflage 1980, Originalausgabe 1958
Goldmann 23353, 180 Seiten

Um 1870 herum wurde von der Howard-Stiftung ein genetisches Programm gestartet, daß langlebige Menschen finanziell unterstützt. Jetzt, 2136, sind die "Howards" durch jahrhundertelange genetische Auswahl extrem langlebig und bekommen Probleme mit den Regierungen. Sie fliehen mit dem neugebauten Fernraumschiff und suchen einen bewohnbaren Planeten.
Die Vorgeschichte zu "Lazarus Long". Es liest sich wie ein Episodenroman, was auch nicht verwunderlich ist, da das Original zuerst von Juli bis August 1941 als Fortsetzungsgeschichten in Astounding erschien. Ein typischer Abenteuerroman dieser Jahre, aber auch ein typischer Heinlein. D.h. mit derartig vielen unterschiedlichen (damals neuen) Ideen fast schon überfrachtet, daß das Lesen eine Lust ist. Mehrere der Abenteuer, auf die in "Time Enough for Love", seinem großem Lazarus-Long-Roman, angespielt wird, werden hier geschildert.


Robert A. Heinlein : Die Leben des Lazarus Long
(Time Enough for Love)
Aus dem Amerikanischem von Birgit Ress-Bohusch
1. Auflage 1980, Originalausgabe 1973
Goldmann 23357, 480 Seiten

Der mehrere tausend Jahre alte Lazarus Long will sterben und wird von seinen Nachkommen davon abgehalten. Sie versuchen, ihn aufzumuntern und ermutigen ihn, Geschichten aus seinem Leben zu erzählen.
[Anm. des Rezensenten : Da hat jemand gemeckert, ich würde zuviel spoilern. Ist das jetzt kurz genug ? *grummelgrummel* Aber im Ernst : Eine ausführliche Inhaltsangabe würde ziemlich lang werden, daher spare ich mir das hier. Wer mehr wissen will, sei auf die ausgezeichneten Inhaltsangaben auf fictionfantasy und in der englischen Wikipedia verwiesen.]
Zu Robert A. Heinlein gibt es einiges zu sagen. Werde ich aber nicht. Denn einerseits liegt hinter dem vorigem Link eine excellente Biographie aus der englischen Wikipedia und andererseits hat das jemand schon besser getan, als ich es jemals könnte : Dietmar Dath - Er konnte alles außer irdisch.
Das Buch selber habe ich zum x-ten Mal mit Genuß gelesen, wobei sich mein Fokus mit zunehmendem Alter immer mehr verschiebt. Am Anfang habe ich die Abenteuer-Geschichten fasziniert gelesen. Ein Markenzeichen von Heinlein, das unbeschwerte Fabulieren, das Story-Telling - jedesmal wieder ein Genuß. Später lag mein Leseschwerpunkt mehr auf den Ideen, den gesellschaftlichen und politischen Aussagen des Romans. Im "Time Enough for Love" vertritt Heinlein wieder einmal den Standpunkt einer unkonventionellen Sexualität. "Unkonventionell" insofern, als er sich zumindestens literarisch weigert, irgendwelchen Konventionen unterworfen zu werden. Trotz seines Geburtsjahrs 1907 ist Heinlein zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von "Time Enough for Love" aufgeklärter und freier als mancher Hippie der Woodstock-Ära. Das ändert sich bei seinen späteren Romanen, als seine literarischen sexuellen Eskapaden immer peinlicher werden und mit Liebe, mit emotionalem Engagement wie hier, immer weniger zu tun haben.
I came, I saw, she conquered (the original Latin seems to have been garbled).
Doch Liebe und Sex sind nur ein Teil des Romans. Ein anderer wichtiger Teil ist die Betonung der Freiheit des Individuums, das jede Zeile dieses Romans atmet. Heinlein hat sich vehement gegen zu starke Eingriffe des Staates in das Leben seiner Bürger gewandt, auch die Geschichte(n) von Lazarus Long enthalten dieses Thema mindestens hintergründig. Und das, was Heinlein als unerhörten Eingriff des Staates vehement abwehrt, lockt heutzutage keinen Hund mehr hinter dem Ofen vor. Am deutlichsten wird das in den beiden Teilen der "Geschichte von der Adoptivtochter". Lazarus und sein Sohn haben eine Kolonie aufgebaut, die sich jetzt von ihren (finanziellen) Beherrschern emanzipieren will. Lazarus übergibt seine Bank dem neuen Bürgermeister (nicht ohne ihm zuvor Lektionen in Wirtschaftskunde und Bankwesen gegeben zu haben) und rettet Dora, ein Siedlermädchen, vor einem Feuer. Jahrzehnte später wird er von Dora abgehalten, den Planeten zu verlassen, sie heiraten und ziehen als Neusiedler in die Wildnis. [Um 500 Worte gekürzt.] Als Dora stirbt, haben sie ein knappes Jahrhundert ohne eine irgendwie geartete Administration gelebt, Entscheidungen wurden von den Individuen der Siedlung getroffen, es gab keinen gesichtslosen "Rat", der per decretum mufti regierte. Diese Freiheit des Individuums von staatlichen Zwängen war Heinlein wichtig, sie zieht sich durch praktisch jeden seiner Romane.
Kein Staat besitzt das angestammte Recht, durch die Wehrpflicht zu überleben, und auf lange Sicht hat das auch noch kein Staat geschafft. In Rom pflegten Mütter ihre Söhne mit folgenden Worten zu ermahnen: "Kehre mit oder auf deinem Schild zurück!" Später ging diese Sitte unter. Wie Rom.
Deutlicher als in vielen seinen anderen Romanen wendet sich Heinlein hier gegen die organisierte Religion. Dabei ist er, wie man vielen seiner Bemerkungen entnehmen kann und wie es auch in "Time Enough for Love" an vielen Stellen durchschimmert, sehr religiös. Allerdings eher in einem individuellem spirituellem Sinn, Organisation und Administration lehnt er vehement ab.
Die verrückteste Idee, die der Homo sapiens je hervorgebracht hat, ist die: dass unser Herrgott, der Weltenregierer und Schöpfer des Alls, auf die kitschige Anbetung seiner Untertanen angewiesen sei, dass er sich von ihren Gebeten beeinflussen ließe und schmollte, wenn sie ihm nicht schmeicheln. Und doch finanziert diese absurde Wahnvorstellung, für die es nicht die Spur eines Beweises gibt, sie älteste, größte und unproduktivste Industrie der Menschheitsgeschichte.
Beim diesmaligem Lesen waren weder die Abenteuer noch die Grundideen für mich das Faszinierendste am Roman. Diesmal habe ich mich hauptsächlich an den Zwischenbemerkungen erfreut. Scheinbar vollkommen strukturlos unterbricht Heinlein Rahmenhandlung oder Abenteuergeschichte unvermittelt, um davon komplett unabhängige Bemerkungen, kurze Aphorismen, einzustreuen. Die bekannteste und in meinen Augen beste Nebenbemerkung ist die zum Wählen in einer Demokratie : Lebst du in einer Gemeinschaft, die das Wahlsystem besitzt, so wähle. Vielleicht gibt es keine Kandidaten oder Alternativen, für die du stimmen möchtest ... aber ganz bestimmt gibt es einige, die du ablehnst.
Stimme im Zweifelsfall dagegen. Mit dieser Regel fährst du selten schlecht.
Findest du die Methode jedoch zu unsicher, so wende dich an den nächstbesten wohlmeinenden Schwachkopf (einer ist immer in der Nähe) und frag ihn um Rat. Dann tu genau das Gegenteil von dem, was er dir vorgeschlagen hat. Auf diese Weise bist du ein guter Bürger (falls dir daran liegt) und ersparst dir zugleich den enormen Zeitaufwand, den eine wirklich kluge Ausübung des Wahlrechtes erfordert.

Über die vielen unterschiedlichen Ideen, die sich hinter den Aphorismen in "Time Enough for Love" verstecken, lohnt es sich nachzudenken und sie nicht nur zu überfliegen und abzuhaken - wie ich es beim ersten Lesen dieses Romans gemacht hatte.
Wie ich schon sagte, habe ich diesen Roman mehrfach gelesen und immer wieder Neues entdeckt. Hier eine Facette, da eine Idee, die mir bisher entgangen war. Von daher kann ich "Die Leben des Lazarus Long" nur jedem jederzeit weiterempfehlen. Wer mehr von Heinlein lesen will, dem empfehle ich entweder die ausführlichen Rezensionen auf fictionfantasy, Stichwort "Heinlein", oder die Site "Robert Heinlein auf Deutsch" von Dietmar Rudolph.
Ein "Kritiker" ist ein Mensch, der keine schöpferischen Anlagen besitzt und sich daher befähigt fühlt, das Werk von schöpferischen Menschen zu beurteilen. Darin steckt eine gewisse Logik; er ist unparteiisch - er hasst alle schöpferischen Menschen gleich.


Hmmm ... irgendwie hätte ich doch disziplinierter sein sollen und nicht zwei Monate Lesestoff auflaufen lassen. Ich mach hier mal einen Break und deklariere den Eintrag als "I". Trotz vieler Arbeit habe ich in den vergangenen acht Wochen auch wahnsinnig viel gelesen, gibt's da einen Zusammenhang ???