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Dienstag, 20. Dezember 2011
Buffy
"Buffy" beginnt als Teenie-Serie. Buffy Summers (Sarah Michelle Gellar) ist gerade mit ihrer Mutter Joyce (Kristen Sutherland) in die Kleinstadt Sunnydale gezogen, um die dortige Highschool zu besuchen. Nachdem sie ihre vorherige bei der Bekämpfung von Vampiren niedergebrannt hatte. Und auch in Sunnydale hat sie neben den üblichen Teenager-Problemen auch noch Vampire (und in der ersten Season den "Meister") zu bekämpfen.
Dieser Teenie-Serien-Aspekt ist in allen 7 Seasons zu verspüren. Allerdings tritt er mehr und mehr zugunsten intelligenter und oftmals nicht-trivialer Phantastik in den Hintergrund. Man kann ohne Übertreibung konstatieren, daß gerade die letzten beiden Seasons stärker dem High Fantasy-Bereich denn irgendwelchen Kitschfilm- oder Trivial-Genres zuzuordnen sind. Auf dem Weg zu diesen beiden letzten Seasons entwickeln sich auch die Plots der einzelnen Folgen ebenso wie der Handlungsstrang einer Season immer komplexer und anspruchsvoller wird. Immer stärker wendet sich "Buffy" an den belesenen Phantastik-Fan, immer weiter wendet sich die Machart der Serie vom Mainstream-Publikum ab. Ganz besonders deutlich wird dies, als in Season 5 plötzlich Dawn (Michelle Trachtenberg), Buffys Schwester, da ist. Nicht auftaucht oder sonst irgendwie erklärbar in die Serie integriert wird, sondern ganz plötzlich einfach da ist und alle, nur der Zuschauer nicht, sich sicher sind, daß sie schon immer da war. Und dies ist nur der Anfang eines immer komplexer werdenden Handlungs- und Beziehungsgeflechtes.
Diese Evolution der Serie findet ihre Entsprechung in der Entwicklung der Charaktere. Das naiv-optimistische kaugummikauende Blondchen, das Buffy Summers in der 1. Season darstellt, hat wenig gemein mit der nachdenklichen, selbstbewussten, in sich selbst ruhenden, verantwortungsbewussten jungen Frau der 7. Season. Aber "Buffy" lebt nicht nur von der attraktiven Hauptdarstellerin, auch sämtliche 2. Hauptrollen und Nebenrollen sind traumhaft besetzt und entwickeln sich im Laufe der Serie. Buffys Freundin Willow Rosenberg (Alyson Hannigan) spielt in den ersten Seasons noch die Rolle der zu rettenden Jungfrau. Am Ende der Serie hat sie sich zu einer ihrer selbst und ihrer Verantwortung der Umwelt gegenüber bewussten Hexe entwickelt. Bemerkenswert ihre sexuelle Entwicklung hin zu einer lesbischen Beziehung, bei denen es den Machern der Serie gelang, eine Darstellung dieser lesbischen Liebe ohne schmutzige Untertöne auf dem Bildschirm zu präsentieren. Bemerkenswert auch die Verwandlung der den Menschen positiv gesinnten Hexe nach dem Mord an ihrer Freundin zu "Black Willow", einem rachedürstendem Monster, das über Leichen geht. Am meisten beeindruckt hat mich persönlich aber die Entwicklung von Xander Harris (Nicholas Brendon), nach Buffy und Willow dem Dritten im Bunde. In den ersten Seasons ein naiv-dummer Looser, technisch als komischer Sidekick mißbraucht, entwickelt er sich hin zu einem Normalo-Helden ohne Superkräfte, der eben deshalb auch am Ende von Season 6 die Welt rettet. Gerade Xander, so mein Eindruck, ist die Figur der Serie, die von den Machern mit dem größten Vorbildcharakter angelegt wurde. Giles (Anthony Head), Bibliothekar an der Sunnydale High und Wächter der Jägerin Buffy, ist von Beginn der Serie an schon differenzierter angelegt, insbesondere weil er in der Horde der Teenies zu Beginn einer der wenigen positiv belegten Erwachsenen ist. Das vertieft sich im Verlauf der Serie noch deutlich, als auch negative Seiten der Vergangenheit von Rupert Giles plötzlich in die Gegenwart wirken. Cordelia (Charisma Carpenter), die hirnlose High School Queen der ersten Season, entwickelt im Verlauf der Serie derartig viel Persönlichkeit, daß sie den Rahmen von "Buffy" sprengte und in die Spin-Off-Serie "Angel" abwandern musste.
Viele wichtige und bemerkenswerte Nebenrollen habe ich hier nicht genannt : Joyce Summers (Kristen Sutherland), Tara McClay (Amber Benson), Oz (Seth Green) und und und … Man kann sich stundenlang mit den einzelnen Rollen und Schauspielern des Main Cast beschäftigen, hier haben derart viele brilliante Schauspieler mitgewirkt, daß Stoff für mehrere Bücher vorliegt. Wer sich dafür interessiert, sei auf die einschlägige Literatur bzw. Webpages verwiesen. Und wer die Vampire vermisst : Die kommen weiter unten. :-)
Parallel zu dieser Evolution von Serie und Charakteren wechselt auch das Niveau der Beziehungen zum anderen Geschlecht von der simplen Teenie-Darstellung in Season 1 hin zu einer differenzierten und deutlich nicht-trivialen am Ende der Serie. Willows Entwicklung hin zu einer lesbischen Liebe habe ich ja schon angesprochen, ebenso wie die bemerkenswerte "Anti-Peeping-Tom"-Darstellung innerhalb der Serie. Vorher war Willow mit Oz, einem Musiker zusammen – und begann dann ein Verhältnis mit ihrem Sandkastenfreund Xander. Diese Spannung, die zu einer klassischen Katastrophe führt, wird über mehrere Folgen aufgebaut und lässt keinen der Beteiligten wirklich gut aussehen. Hier haben die Macher sich wirklich Mühe gegeben, komplexe und komplizierte Beziehungskisten differenziert ohne Vorurteile darzustellen.
Wenn man über die Beziehungskisten innerhalb von "Buffy" spricht, dürfen drei Charaktere nicht unerwähnt bleiben : Angel (David Boreanaz), Spike (James Masters) und Drusilla (Juliet Landau). In Season 1 trifft Buffy einen geheimnisvollen Fremden, der ihr beim Kampf gegen den Meister hilft. Dies ist Angel, ein mehrere hundert Jahre alter Vampir, der nach der Tötung eines Zigeunermädchens von ihrem Clan verflucht wurde und so seine Seele wiederbekam. Im Gegensatz zu seinen Mitvampiren bereut er seine Taten und kämpft auf der Seite des Lichts. Zusammen mit Buffy, in die er sich verliebt. Nur ein Moment vollkommenen Glücks kann seinen Fluch brechen und ihm die Seele wieder nehmen - was prompt passiert, als er mit Buffy schläft. Angel wird wieder zu einem seelenlosen Monster und terrorisiert Sunnydale. Buffy ist gezwungen, ihn zu töten. Sie verbannt ihn in eine andere Dimension, er erhält seine Seele wieder, kommt zurück und sie kämpfen ein letztes Mal zusammen gegen das Böse. Dann verschwindet Angel aus Sunnydale, um die Fluchbrechung nicht erneut zu riskieren. Dies alles wird relativ komplex und ziemlich kitschfrei in den Seasons 1 - 3 als High Fantasy erzählt. Die Probleme einer Beziehung Vampirjägerin / Vampir und die Reaktion der Umwelt darauf werden angesprochen, die deutlich größere Erfahrung eines uralten Wesens gegenüber einem Teenager wird zumindestens angedeutet. Bedenkt man, daß die Serie in diesen ersten drei Seasons noch sehr stark als Teenie-Serie auf ein extrem junges Publikum zugeschnitten war, wird hier wesentlich mehr Intelligenz vom Zuschauer erwartet als in den späteren Vampirschlampen-Büchern und -Serien.
Nach der Trennung von Angel kommt Buffy über Umwege mit Spike, einem weiterem Vampir, zusammen. Der hat zwar (zunächst) noch keine Seele, ihm wurde aber bei Experimenten der "Initiative" ein Chip in den Kopf gepflanzt, der ihn an bösen Taten hindert. Jedenfalls grundsätzlich. Spike, gespielt von James Masters, ist meine persönliche Lieblingsfigur, ein Chaos-Rocker mit Vampir-Kräften. Chaotic Evil, deine Inkarnation ist Spike. Und so chaotisch diese Figur ist, so chaotisch ist auch die Beziehung zwischen Buffy und Spike, die beide am Anfang irgendwie nicht wollen. Als Low Fantasy angelegt ist diese Beziehung ein schöner Kontrapunkt zu den High Fantasy-Zielen der einzelnen Seasons. Unvergessen die Folge, als die beiden beim Sex in dem Keller eines abbruchreifen Hauses eben dieses zum Einsturz bringen. Unvergessen ebenfalls die letzte Szene mit Spike in "Buffy" : Aus Liebe zu ihr hat sich Spike seine Seele wiedergeholt und opfert sich, um ihren Rückzug vor der Ultimativen Horde des Bösen zu decken. Einen Kristall, der das Sonnenlicht einfängt, hoch über seinen Kopf erhoben, lässt er Blitze in die Armee der Finsternis schießen - und verbrennt dabei. Ein würdiges Ende für einen Heroen, den Spike in den letzten Seasons darstellt.
Drusilla, gespielt von der Tochter von Martin Landau und Barbara Bain, bildet mit Spike und Angel, als sie noch seelenlos und böse waren, ein unheiliges Triumvirat. Sie wurde von Angel zum Vampir gemacht und dabei so gequält, daß sie wahnsinnig wurde. Gleichzeitig bekam sie aber seherische Fähigkeiten. Das Ergebnis ist eine unheimliche Figur, die so gar nicht in die Teenie-Serie der ersten Staffeln hineinpasst. Die Dreiecksbeziehung Drusilla / Angel / Spike ist ein gelungener Kontrapunkt zu der "reinen Liebe" von Buffy und Angel. Auch hier zeigt sich, daß die Macher der Serie deutlich mehr wollten als nur eine x-beliebige Teenie-Show auf den Bildschirm zu bringen.
Obwohl bereits über zehn Jahre alt, werden in "Buffy" deutlich intelligenter Beziehungen zur anderen Seite geschildert als in den modernen Vampirschlampen-Shows. Nicht umsonst hat die Serie eine breite Fan-Basis. Allerdings dürfte "Buffy" auch der Auslöser der feuchten Kleinmädchenträume sein, die in den Stephanie-Meyer-Romanen und -Filmen und in Machwerken wie den "Vampire Diaries" kulminierten.
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