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Dienstag, 8. Dezember 2015

Guido Krain : Die Schwarze Victoria



Guido Krain : Die Schwarze Victoria
Bookshouse Verlag 09/2014
Originalausgabe
Taschenbuch, 391 Seiten, 14,99 €
ISBN : 978-9963525010
Titelbild :
Leseprobe


Die Schwarze Victoria hat kein Geheimnis – sie ist selbst eines. Für die Außenwelt ist das elegante Luftschiff einfach der Stolz von Sir Arthur Colvane, einem gefeierten Ingenieur, der sich seinen skandalösen Lebenswandel nur leisten kann, weil er Mitglied einer der einflussreichsten Familien des Kionischen Commonwealth ist.

Nur wer den Adeligen genau kennt weiß, dass hinter dem ungewöhnlichen Äußeren der prächtigen Herrscherin der Lüfte ein Mysterium steckt, das selbst für ihren Erbauer unergründlich scheint.

Doch vorläufig dient das ungewöhnliche Schiff nur als Vehikel, das Sir Arthur und seine „Society of Childlike Curiosity“ auf ihre Ausflüge begleitet. Stets ist der Club auf der Suche nach kleinen Abenteuern, die anschließend in gemütlicher Runde am Fumarium zum Besten gegeben werden können.

Leider wird die Größe eines Abenteuers aber erst an dessen Ende offenbar. So kann aus dem Lesen eines skurrilen Briefs der erste Schritt zum Showdown mit dem Schicksal werden. Einem sehr persönlichen Showdown, der das Leben aller Clubmitglieder für immer verändern könnte ...
Inhalt

Nach den gelungenen Geschichten von Guido Krain über Pali und Lorn wurde ich neugierig auf den Autor und hab' mir mal ein paar weitere Bücher von ihm besorgt. "Die Schwarze Viktoria" ist Steampunk-Fantasy mit einem gehörigem Stich Phantastik mit drin. Bereits der Weltenbau stimmt den Leser auf eine gehörige Portion Exotik ein :
Die Schwarze Victoria spielt nicht in unserer Realität, sondern in der Welt Feylon, in der sich die Naturgesetze in zwei wesentlichen Punkten von denen unserer Wirklichkeit unterscheiden.

Zum einen vollzieht sich der durch hohe Temperaturen verursachte Übergang von flüssig zu gasförmig sehr schnell, sprunghaft und schwer berechenbar. Auch nach dem Abkühlen brauchen gasförmige Stoffe Tage, bis sie wieder flüssig werden.

"Und?",?, werden Sie vielleicht fragen. Diese winzige Änderung scheint belanglos zu sein, hat aber gewaltige Auswirkungen. So sind beispielsweise Schusswaffen potenziell für alle Beteiligten gefährlicher und ein Otto- oder Dieselmotor nicht möglich. Auch Dampflokomotiven können nicht sinnvoll arbeiten, weil sie zu viel Wasser verbrauchen würden. Dampfschiffe sind hingegen üblich – sie beziehen frisches Wasser einfach aus dem Meer. Werden sie nicht sorgfältig gepflegt, überziehen sie sich im Laufe der Jahre mit einem schmutzig schillernden Panzer aus Salz. Das seltsame Verhalten heißer Gase hat darüber hinaus dazu geführt, dass die Kontinente in kleinere Inseln, etwa von der Größe Ihrer britischen Inseln bis zur Größe Grönlands, zerrissen wurden. Dies führte wiederum dazu, dass die Bevölkerung dieser Landmassen sich noch weit mehr voneinander unterscheidet, als dies in Ihrer Welt der Fall ist.

Der zweite Punkt ist, dass Elektrizität in der bei uns vertrauten Form nicht existiert. Was es gibt, ist Ta, eine Kraft, die aus dem Element Nyrium fließt, wenn dieses der Sonne ausgesetzt wird. Menschen nutzen Ta zum Beispiel, um die Rotoren der großen Luftschiffe anzutreiben. Nachts oder bei trübem Wetter werden Luftschiffe deshalb schnell bewegungsunfähig. Viele haben für diese Fälle einen Alternativantrieb, der über Fahrradpedale betrieben wird. Ta ist auch die Kraft, die sogenannte Magier in sich speichern und zur Auslösung einer Vielzahl von Effekten verwenden können. Allerdings kommen solche Personen meistens nur in exotischen, nicht sehr weit entwickelten Ländern vor.
Die Helden dieser Geschichte sind Bewohner Kions, auch das Kionische Reich genannt, das in seiner Gesellschaftsstruktur enge Verwandtschaft mit Ihrem viktorianischen England aufweist und in dem sogar englisch gesprochen wird. Der Adel ist noch immer sehr einflussreich und bildet den höchsten Stand. Es folgt der Stand der Offiziere und schließlich Ärzte, Beamte, Großgrund--, Manufaktur- und Minenbesitzer. Die Elite der Gesellschaft hält sich Hausangestellte, bewohnt große Herrenhäuser und nennt mehrere Droschken ihr eigen. Wie im viktorianischen England herrscht ein sanftes Patriarchat. Typische Freizeitbeschäftigungen der Herren sind Pferderennen, Boxen, Kartenspielen, Erfindungen machen sowie die Jagd auf Großwild. Die Damen sind oft der Malerei, Literatur und Musik zugetan, üben sich ebenfalls im Kartenspielen oder begeistern sich für die Dackel- oder Goldfischzucht.

Kion ist im Laufe seiner Geschichte vor allem durch seinen kulturellen Einfluss gewachsen. Viele Nachbarländer haben sich wegen gemeinsamer Interessen dem Empire angeschlossen und unterscheiden sich heute im Wesentlichen nur durch andere Sprachen und etwas anderes Essen. Zusätzlich herrscht das Empire über viele Kolonien. Selbstverständlich fühlt man sich den unterworfenen Völkern weit überlegen.

Ärgster Konkurrent sind die direkten Nachbarn Kions. Asgor, das alte Imperium, war über viele Jahrhunderte die beherrschende Kraft der bekannten Welt. Mit der Erstarkung der nichtadeligen Stände Kions fiel das in überkommenen Traditionen erstarrte Asgor jedoch immer weiter zurück.

Während Kion Asgor als das Land des Bösen, des Terrors und der Unterdrückung ansieht, betrachtet Asgor Kion als das Land der verweichlichten Dekadenz.

Das »Erdöl« dieser Welt ist das bereits beschriebene Nyrium. Man gewinnt es in winzigen Mengen aus Regenwasser, doch immer wieder tauchen größere Lieferungen aus unbekannten Quellen auf. Gerüchten zufolge gibt es Menschen, die Nyrium in einer Art magischem Prozess erschaffen können. Zahlreiche Tüftler und Wissenschaftler haben sich bislang erfolglos an der Herstellung versucht. Die Suche nach dem Geheimnis des Nyriums ist zugleich einer der wichtigsten Gründe für immer neue Expeditionen in die unbekannten Teile der Welt.
Die Welt Feylon

Man merkt, der Mann kennt seine Klassiker. Der Kommentar "Jules Verne auf Steampunk" ist gar nicht so abwegig, die Geschichte hat etwas angenehm Entschleunigtes, das dem 19. Jahrhundert durchaus entspricht. Ich fand sie ganz nett, interessant geschrieben mit überraschenden Wendungen, aber so ganz mein Fall war die "Schwarze Victoria" nicht.

Was daran liegt, daß ich nicht zur Zielgruppe gehöre. Trotz einige SF-Steampunk-Elemente ist der Kern des Romans eine Romantische Fantasy. Ebenso wie bei Pali und Lorn gewürzt mit einer gehörigen Prise Sex (ohne ins Vulgäre abzugleiten), locker und leicht erzählt, mit sehr schön dargestellten Protagonisten unterschiedlichster Coleur. In "meiner" Fantasy-Gruppe auf Facebook dürfte das Buch auf jeden Fall auf gesteigertes Interesse stossen. Wer Romantasy mag, sollte an der "Schwarzen Victoria" auf keinen Fall vorbeigehen, es lohnt sich, sich in der Welt Feylon zu verlieren.

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