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Mittwoch, 21. Oktober 2015

TERRA Sonderband 68 - Wilson Tucker : Die Stadt im Meer



Wilson Tucker : Die Stadt im Meer (The City in the Sea)
Terra Sonderband 68, 12.04.1963
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe Rinehart 1951
Aus dem Amerikanischen von Gisela Stege
Titelbild : Karl Stephan


Der große, bronzehäutige Fremde kam von den blauen Bergen herabgestiegen. Er kam aus einem Gebiet, das seit der schon lange zurückliegenden Atomkatastrophe für die Leute von West-Somerset zu einem weißen Fleck auf der Landkarte geworden war.

Aber als die Frauen, die West-Somerset regierten, den Fremden sahen und von dem Land erfuhren, aus dem er stammte, da unternahmen sie den großen Treck zur Stadt im Meer ...
Klappentext

Wilson Tucker - da habe ich einen netten Roman erwartet. Und ich wurde auch nicht enttäuscht. Obwohl es sein erster Roman ist, liest sich "The City in the Sea" wunderbar leicht und elegant. Das Thema hingegen ist mehr den Pulps entnommen, das entsprechende Cover von GALAXY ist da schon ziemlich zutreffend. Allerdings ist der Roman für die beginnenden 50er sehr emanzipiert, die Protagonisten sind durch die Bank weg Frauen, sie bestimmen, wo es lang geht und was passiert. War damals alles andere als üblich.

Interessanterweise wurde (und wird ?) (Zu dem Fragezeichen komme ich gleich.) der Roman als eher schlecht eingestuft. So schreibt John Clute in der SFE beispielsweise :
His first sf novel, The City in the Sea (1951), deals somewhat crudely with material similar to that treated far more effectively in the much later Ice and Iron (1974; exp 1975); in both, a matriarchal culture begins to re-invade a USA reverted to savagery.
Paul Walker im SFC79 ordnet den Roman sogar als "thankfully out of print" ein. Ich weiss eigentlich gar nicht, was die (zeitgenössischen) Kritiker dagegen haben, "City in the Sea" ist leicht erzählt, kommt ohne übermächtige Feinde aus, ist ein früher feministischer Roman, der ohne erhobenen Zeigefinger auskommt. Ich gebe ja zu, daß er als Erstlingswerk seine Mängel hat, ein erfahrenerer Autor als Tucker es zu diesem Zeitpunkt war, hätte die handelnden Personen deutlich weiter ausgeführt und die angedeuteten Vorlieben und Probleme schärfer charakterisiert. Bruse Gillespie bringt es im SFC79 gut auf den Punkt :
Readers of science fiction have forgotten the ambitiousness of The City in the Sea. Tucker attempted to rid himself of most of the then-current preconceptions about ‘the way an SF story oughta go’. In 1951, most of the characters in SF were men. A woman might make an occasional appearance as a weeping heroine. In 1951, in The City in the Sea, all the characters except one are women. Not only that but, early in the novel, two of the women show that they are in love with each other. A lesbian love affair, in 1951, in a science fiction book? 1951 was about the time when SF writers started to write plots like Minoan mazes, and took pride in perplexing readers. In 1951, Tucker makes quite a serious attempt to leave out the plot altogether. He’s just not interested in shenanigans or melodramatics. I don’t know how he ever sold the book and, to this day, I don’t suppose he does either.
[...]
The trouble with The City in the Sea is that it loses direction as well. Tucker allows form to follow content a bit too closely. Not long after it begins, the book holds but the vaguest of notions where it is going, shows no concrete plan of action, and proceeds in no single direction of movement beyond movement. Tucker sets out to tell the story of a quest but, instead, describes a static idyll, interrupted by episodic adventures. The reader can lose interest as easily as he or she could watch the neighbour’s slides of a recent beach holiday.

Bruce Gillespie hat absolut recht - mir hat der Roman aber trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb ?) ausnehmend gut gefallen. Ist eben - wie so vieles im Leben - reine Geschmackssache. Und wer Lust hat, den Roman zu lesen : Die GALAXY-Ausgabe ist auf archive.org verfügbar.

Dies ist die einzige deutsche Ausgabe dieses Romans von Wilson Tucker. Tatsächlich ist es weltweit die vorletzte Ausgabe des Romans überhaupt, nur noch gefolgt von einer italienischen Ausgabe in den 70ern. Laut ISFDB erschien der Roman 1951 bei Rinehart, dann 1952 bei GALAXY, noch einmal in den Staaten, einmal in Italien, einmal in Deutschland und dann wieder in Italien. Und seit 1973 überhaupt nicht mehr. Schade drum.

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