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Sonntag, 31. August 2014

Martin Kay : Geheimcode Misty Hazard

mistyhazard

Martin Kay : Geheimcode Misty Hazard
Atlantis-Verlag 2014
Originalausgabe
Hardcover mit Lesebändchen, ca. 420 Seiten, 19,90 €
auch als Paperback und eBook erhältlich
Titelbild : Mark Freier


McCune, Kansas. Ein ungeheures Verbrechen ereignet sich in der Kleinstadt. Amerikanische Streitkräfte fallen in den Ort ein, töten Zivilisten und riegeln die Gemeinde von der Außenwelt ab.

Als ein Geheimdienstdirektor im Pentagon davon erfährt, aktiviert er eine versprengte Einheit und schickt sie nach McCune. Zusammen mit Ex-Agentin Eileen Hannigan decken sie eine Operation des Verbunds der Generäle auf – jener Organisation, die versucht, die Datenbank einer untergegangenen Hochkultur aufzuspüren.

Doch die Generäle sind nicht Eileens einziges Problem. Auch das Syndikat Gaia’s Dawn hegt ein Interesse an der Datenbank.

Die Jagd auf den Geheimcode Misty Hazard ist eröffnet.
Klappentext

Be-lang-los!
Aber so voll und ganz. Wer tiefgründige Inhalte sucht ist hier vollkommen falsch, aber so was von. Trotzdem schwimmt das Buch nicht oben, sondern sinkt wie Blei. Was auch an selbigem liegt, den ich kenne wenige Romane und ebensowenige Filme, in denen nur halb so viel geballert wird wie in "Geheimcode Misty Hazard". Wenn man sich vorstellt, daß Bruce Lee, Arnold Schwarzenegger, Chuck Norris, Sylvester Stallone und Wesley Snipes in ihren besten Tagen zusammen mit Tim Oliphant, Jeffrey Donovan und Gabrielle Anwar einen Action-Film unter der Regie von David Lynch drehen, kriegt man ungefähr einen Eindruck des neuesten Romans von Martin Kay.

Der erste Teil der Hannigan-Geschichte, Kalte Spuren mir nicht so recht gefallen, er war ein reiner Thriller mit ziemlich obskuren Protagonisten und Geheimgesellschaften, deren Einführung in meinen Augen ziemlich absurd ist. Aber, um mich selbst zu zitieren : Wer Derartiges mag, ist mit "Kalte Spuren" hervorragend bedient.

In diesem zweiten Teil wird das Alles aber vorausgesetzt, Martin Kay ver(sch)wendet keine Zeile, um den Leser wieder in das Szenario einzuführen. Stattdessen knallt, kracht, explodiert und detoniert es, daß die Feuerwerker jeder Filmgesellschaft ihre helle Freude daran hätten. Und der Autor macht vor nix, aber auch garnix, halt. Echt heftig fand ich es, als die Protagonisten in ein Einkaufszentrum (!) getrieben wurden, sich aber noch wehren konnten. Und dann kommen zwei Skyhooks und setzen Panzer ab …

Man merkt, daß Martin Kay irgendwie nicht wusste, wann's denn gut ist. Was wiederum für den Leser gut ist. Denn lässt man sich auf diese absurde Geheimgesellschaften-plus-Außerirdische-Geschichte ein, liest man ein sehr dynamisches, richtig spannendes Buch mit vielen überraschenden Wendungen (denn so quer wie der Autor kann selbst der paranoideste Leser nicht denken). Kein Roman mit tiefgründigem Inhalt, aber ich habe selten so einen gelungenen Zeitvertreib gelesen. Wem also nach leichter Lektüre ist, dem sei dieser Roman ausdrücklich empfohlen.

TERRA SF inside - Erotik 1965

Echte Pornographie, wie wir sie heute kennen, kam erst in den 70ern auf. Bis dahin gab es im Mainstream hauptsächlich "galante Erzählungen" früherer Jahrhunderte. Und so wird auch das "Heptameron" von Margarete von Navarra angepriesen :

Rückseite von Heft 415 vom 13.08.1965

Tatsächlich war dieses Buch aber alles andere als rein pornographisch. Genaueres steht in einem Essay von Carl Theodor Albert Ritter von Riba aus dem Jahre 1913, daß man bei SpOn findet. Ich enthalte mich da einer Wertung, mich haben derartige Romane nie interessiert. Aber vielleicht kann ja jemand anders hier dazu etwas sagen ?

TERRA SF 416 - Murray Leinster : Der Ruf des Asteroiden


Murray Leinster : Der Ruf des Asteroiden (The wailing Asteroid)
Terra SF 416, 20.08.1965
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe 1960
Aus dem Amerikanischen von ???
Titelbild : Johnny Bruck

The first sounds came at midnight in a plaintive scream from an unknown voice in the vastness of space. Within hours, the entire world heard the eerie throbbing. And in billions of earthbound minds the horror grew. Hours later, to the ears of a helpless world, the second message came...Earth's days were numbered!

Murray Leinster's horrifying epic of science fiction is still a thrilling read, 50 years after its original publication!
Klappentext des Kindle-eBooks

Von einem Asteroid werden Funksignale zur Erde gesandt, was dort zu einiger Aufregung führt. Ein Privatmann, Joe Burke, baut ein Raumschiff und fliegt mit seinem Kumpel und ihren Freundinnen dort hinauf. Der Asteroid ist verlassen, früher war er einmal die letzte Festung einer humanoiden Rasse im Krieg gegen ihre Feinde.

Und ja, der Roman liest sich genauso katastrophal, wie es diese Kurzzusammenfassung vermuten lässt. Dabei bietet der Stoff eigentlich genügend Entfaltungsmöglichkeiten, aber die Charaktere sind derart holzschnittartig geschildert, daß die Protagonisten aus E. E. Smiths Werken dagegen Charakterstudien zu sein scheinen. Hier eine Kostprobe :

The atmosphere in the ship, however, was that of respectability carried to the point where things were dull. The lower compartment of the ship, being smaller, was inevitably appropriated by Sandy and Pam. They retired when the ship was twenty hours out from Earth. Each of them had prepared for stowing away by wearing extra garments in layers.
"Funny," said Pam, yawning as they made ready to turn in, "I thought it was going to be exciting. But it's just like a rather full day at the office."
"Which," said Sandy, "I'm quite used to."
"I do think you ought to have barged in when they designed the ship, Sandy. There's not one mirror in it!"

Diese Mischung aus Erstkontaktroman und Edisonade ist also nur für hartgesottene Fans goutierbar, trotz des geringen Preises (0,76 €), den das Kindle-eBook kosten soll.

Samstag, 30. August 2014

Norman Spinrad : Der stählerne Traum



Norman Spinrad : Der stählerne Traum
HEYNE SF&F 3783
Deutsche Erstausgabe, indiziert von 1982-1985
Originalausgabe 1972
Aus dem Amerikanischen von Walter Brumm
Titelbild : Ulf Herrholz
Innenillustrationen : Giuseppe Festino


Nach dem Ersten Weltkrieg schließt sich Adolf Hitler zunächst einer rechtsradikalen Gruppe in München an, doch enttäuscht von der politischen Entwicklung wandert 1919 in die Vereinigten Staaten aus. Er lernt Englisch und arbeitet als Comic-Zeichner, Straßenmaler, Illustrator und Übersetzer.

Ab 1930 arbeitet er als Illustrator beim Science-Fiction-Magazin Amazing Stories, ab 1935 schreibt Hitler selbst Science-Fiction-Geschichten und gibt das Fanzine Storm heraus. In seinem Todesjahr 1953 schrieb er in sechs Wochen den Roman Der Herr des Hakenkreuzes. Für dieses Werk wird er im Jahre 1955 postum mit dem Hugo Award ausgezeichnet.
nach der deutschen Wikipedia

Um den Roman richtig würdigen zu können, muß man sich zunächst zwei Tatsachen vor Augen führen : Norman Spinrad ist Amerikaner und der Roman ist von 1972.

Hanna Ahrends Feststellung von der "Banalität des Bösen" entstammt ihrer Darstellung des Eichmann-Prozesses von 1961. Diese heute für uns verständliche und allgemein akzeptierte Facette des Faschismus brauchte aber noch Jahrzehnte, bis sie sich im Verständnis der Faschismuskritik durchsetzte. Von einem Roman aus dem Jahr 1972 kann man daher diese etwas leiseren Töne nicht erwarten.

Wie es überhaupt für die Mehrzahl der Amerikaner unverständlich bleibt, wie sich schleichend der Faschismus in Deutschland durchsetzte und jeden Lebensbereich infizierte. Dies wird zum Beispiel deutlich in "Die Wacht am Rhein" von Tom Kratman und John Ringo. Man merkt beim Lesen dieses Romans, daß sich die Autoren die Unmenschlichkeit der SS gar nicht vorstellen können und dies auf Ausnahmeerscheinungen, die in den Konzentrationslagern Dienst taten, zurückführen. Dies stellt zum Beispiel Kirst in seinem Roman "Die Nacht der langen Messer" im Gegensatz zu amerikanischen Beschreibungen deutlich dar, indem er die Unmenschlichkeit und Skrupellosigkeit der SS von Innen her beschreibt. Und auch wenn Norman Spinrad einer der amerikanischen Autoren ist, die durchaus über den Tellerand der USA hinweggucken, ist sein "Stählerner Traum" doch eher auf die vordergründigen Merkmale des Faschismus konzentriert.

Das ist alles nicht negativ, das ist keine qualitative Bewertung, das muß man sich aber vor Augen halten, wenn man den Roman liest.

Der Roman selbst gliedert sich in drei Teile : Eine Kurzbiographie des SF-Schriftstellers und Fanzine-Herausgebers Adolf Hitler, der Innenroman "Der Herr des Hakenkreuzes" und eine fiktive Rezension des Innenromans von Homer Whipple.

Betrachten wir zunächst den Innenroman "Der Herr des Hakenkreuzes" :

Mehr als 1000 Jahre nach einem Atomkrieg ist der Genpool der Menschheit stark modifiziert und mutiert, es gibt nur noch wenige Menschen mit einer rein menschlichen Basis-DNS.

Der junge Feric Jaggar ist von den ihn umgebenden Mutanten angewidert und beschließt, aus dem Exil in seine Heimat Heldon zu ziehen, wo nur "reinrassige" Menschen leben. Nach einem kurzen Gentest in der Zollfestung, der ihn als reinrassig klassifiziert, kann er in Heldon als Bürger und „Rechtmann“ einreisen. Doch er ist nicht begeistert über die lax gehandhabten Sicherheitsmaßnahmen der Einreisekontrolle. Vor allem glaubt er in einem Schreiber einen „Dom“, einen Dominator-Mutanten, zu erkennen. Die Doms sind eine verräterische, intrigante Mutantengattung, welche in ihrem Reich Zind Sklaven züchtet und angeblich nach der Zerstörung der reinen Menschen trachtet.

In der Stadt Ulmgarn hört Jaggar zufällig aufrührerische Reden von Seph Bogel, dem Redner der „Partei der menschlichen Wiedergeburt“. Bogel ist jedoch nicht in der Lage, die Missstände im Land Heldon klar anzuprangern. Als die Stimmung im Publikum gegen Bogel umschlägt, ergreift Jaggar das Wort und wiegelt die Menge auf. Er erkennt bringt die Menge dazu, mit ihm die Zollfestung zu stürmen und den Dom zu erschlagen. Die ganze Garnison bedankt sich bei Jaggar für ihre Befreiung aus dem „Dominanzmuster“ des Mutanten, das ihren Willen versklavt hatte.

Nach dem Vorfall überredet Bogel Jaggar, die Führung der „Partei der menschlichen Wiedergeburt“ zu übernehmen. Sie reisen in einem Dampfwagen durch den Smaragdwald, einem Ort voller Legenden und der Ursprung des Reiches Heldon. Der Reichsgründer Held hat dort angeblich seinen heiligen Knüppel, den „Stahlkommandeur“, versteckt. Nur ein absolut reiner Mensch von edelstem Geblüt, ein Nachfahre der frühen heldonischen Könige, kann diese Waffe führen.

Der Dampfwagen wird von einer Motorradbande überfallen, deren Anführer Stag Stopa von den Reisenden Geld für seinen Krieg gegen die Mutanten verlangt. Jaggar weigert sich zu zahlen und fordert Stopa zum Zweikampf auf. Er besteht die Aufnahmeprüfungen der Bande und pariert Stopas letzten Hieb während des direkten Zweikampfes, indem er den verschollenen „Stahlkommandeur“ benutzt, den man zwischen sie gelegt hat. Da Jaggar das heilige Relikt zu führen vermag, schwören ihm die Biker ewige Treue, denn der „Stahlkommandeur“ bestätigt Jaggars Abstammung und sein Übermenschentum. Jaggar erkennt nun seine Bestimmung: die Rettung der wahren Menschen und die Ausrottung der Mutanten. Er benennt die Motorradbande in „Ritter des Hakenkreuzes“ um und will mit der Partei Bogels die Macht in Heldon gewinnen.

In der Stadt Walder übernimmt Jaggar, legitimiert durch den „Stahlkommandeur“, die Führung von Bogels Partei, benennt sie in „Die Söhne des Hakenkreuzes“ um und erklärt unverblümt seine Ziele. Er nimmt an den Nationalratswahlen teil, bei denen es immer wieder zu blutigen Straßenkämpfen kommt, und wird Mitglied des Nationalrats, der zu seinem Entsetzen von einem Dom kontrolliert wird. Um sich selbst zu schützen, lässt er daraufhin die Schutzstaffel (kurz SS) gründen, der sich nur die in Jaggers Augen rassisch Wertvollsten anschließen dürfen.

Als Jaggar erfährt, dass der Dom-Minister ihn beseitigen will und Stopa ihn verraten hat, führt er mit der SS einen Putsch durch und liquidiert den Nationalrat samt Stopa und seinen Offizieren. Jaggar übernimmt mit dem Militär die Macht und beginnt die rassische Säuberung Heldons und den Krieg mit Zind.

Nachdem die Mutanten in Zind schon fast besiegt scheinen, löst der letzte überlebende Dominator eine Atomexplosion aus, deren Fallout das Erbgut aller Lebewesen verseucht. Daraufhin lässt Jaggar ein Genetikprogramm entwickeln, in dessen Rahmen alle Menschen sterilisiert werden und der Erhalt der Menschheit nur noch über geklonte, genetisch gezüchtete und „verbesserte“ männliche Angehörige der von Jagger propagierten Herrenrasse erfolgt.

Das Ende des Romans ist eine Kundgebung, bei der Jaggar die Besiedlung des Alls einleitet und die erste Kolonistenrakete mit geklonten blonden SS-Männern und einem genetischen Duplikat Jaggers als „von der Vorsehung dazu bestimmt, Menschen zu führen“ in den Weltraum startet.
nach der deutschen Wikipedia

In der deutschen Übersetzung entgeht dem Leser doch ein bißchen die Holzhammer-Ironie, mit der Spinrad diesen Roman schrieb. So heisst beispielsweise "Heldon" auch im Original so, in der Übertragung also "Land der Helden". Und Spinrad lässt von Anfang an keinen Zweifel an der Unmenschlichkeit und dem unheldischem Verhalten seines Protagonisten Feric Jaggar.

Denn Post-Doomsday-Romane haben eine lange Tradition, vor dem Hintergrund einerseits von Hiroshima, andererseits von den Geschehnissen im Kalten Krieg der Nachkriegszeit. Viele SF-Schriftsteller, amerikanische als auch deutsche, haben sich des Themas angenommen und in Dystopien oder Utopien vor dem drohenden Atomkrieg und seinen Folgen gewarnt. Ich möchte hier als Beispiel einmal Andre Norton mit dem Roman "Das große Abenteuer des Mutanten" anführen, den ich hier bereits einmal kommentiert habe. In diesem Roman, wie in vielen anderen Geschichten dieses Sub-Sub-Genres ebenfalls, können sich die Autoren nichts anderes als eine gemeinsame Anstrengung aller Menschen, egal ob "rein" oder mutiert, vorstellen, um die Zivilisation wieder zu errichten.

Nicht so Spinrad, der seinen Feric Jaggar die Arroganz der "Herrenrasse" deutlich vor sich hertragen lässt und mutierte Menschen nicht mehr als Menschen akzeptiert. Sich selbst als besser als diese dünkend zieht er um in ein "Heldenland", das bereits beim letzten Mal, als es versuchte, Menschen abzuqualifizieren, kräftig eins auf die Mütze bekommen hat. Jaggar ist der lebende (literarische) Beweis, daß das Vorgehen der Alliierten nach dem II. Weltkrieg unbedingt notwendig war, um aus Deutschland das Land der freiheitlichen Demokratie zu machen, das wir heute sind. Jede weniger drastische Umerziehung führt zu Unbelehrbaren, die nach kurzer Zeit die gleichen Fehler reproduzieren.

Und sie sind alle da : Goebbels, Himmler, Heß, Röhm und wie sie alle heissen mögen. Nur dürftig getarnt erscheinen sie in Spinrads Version eines Romans von Adolf Hitler. Spinrad macht sich nicht über sie lächerlich, sondern stellt die absurde Denkweise und deren psychlogische Probleme genüßlich in allem Ernst dar. Das beginnt bereits am Anfang des Romans, als Feric Jaggar in die erste heldonische Stadt kommt : "Das ganze [Straßen-]Bild strahlte genetische und somatische Gesundheit aus, einen Geist von Rassereinheit und Kultur, der Ferics Seele emporhob und mit Dankbarkeit und Stolz erfüllte, daß er das genetische Glück hatte, dieser Menschheit anzugehören." Der geneigte Leser dieser Rezension möge sich vorstellen, wie wenig intelligent jemand sein muß, der einen derartigen Nonsens glaubt, mir fehlt dafür doch etwas das Vorstellungsvermögen.

Etwas später steigert Spinrad sich noch, als er im Roman den Erzähler bei der Betrachtung des Smaragdwaldes etwas von "genotypisch reinen Bäumen" denken lässt. Der Roman lässt diese Absurdität einfach so stehen, erst der denkende Leser stolpert über derart überhöhten Unsinn.

Psychlogisch und faszinierend ist auch die Begegnung von Feric Jaggar mit Stag Stopa, dem Röhm-Analogon. Unser "Held" trifft eine Motorrad-Gang, die "furchteinflößende Metallknüppel" tragen und sich auch hauptsächlich mit diesen Knüppeln prügeln. Auch das Wahrzeichen des letzten Königs, der "Stahlkommandeur", ist ein überlebensgroßer Knüppel. So viele Phallussymbole in einer Szene schafft nicht einmal Dirk van den Boom. Und sehr elegant und bissig stellt Spinrad mit diesen Phallussymbolen den Zusammenhang zwischen den "Rittern des Hakenkreuzes" und den homosexuellen Kretins der SA dar. Dabei – und das kommt sehr schön innerhalb des Romans rüber – kritisiert Spinrad nicht den Homosexuellen an sich, sondern genau und nur den homosexuellen SA-Mann, der sich besser als der Rest der Welt dünkt.

Dabei empfinde ich den Ansatz, das SA-Analogon als primitive Motorrad-Gang zu zeichnen, sehr amerikanisch. Gerade in den Staaten hat sich das "Easy Rider"-Gefühl der 50er und 60er stark in faschistoide Tendenzen innerhalb vieler Motorrad-Gangs verwandelt. Spinrad macht sich also mit dieser sexuellen Überbetonung nicht nur über die historische SA, sondern ebenfalls über seine Zeitgenossen lustig. Dass letztere (meiner Ansicht nach ebenso wie erstere) einfach zu doof sind, um das zu kapieren, kann man den begeisterten Zuschriften von Lesern aus dem ultrarechtem Rand entnehmen, die bei Spinrad nur das in ihren Augen danebengelungene Nachwort benörgeln. Soviel dazu also.

Es geht dann weiter, Spinrad hangelt sich da relativ genau an der tatsächlichen Geschichte entlang, schildert Massenaufmärsche, den Röhm-Putsch, den Angriffskrieg und und und. In der präzise übertriebenen Darstellung von Spinrad wird die Absurdität der Nazis wunderbar herausgearbeitet. Man fragt sich als Leser unwillkürlich, wie primitiv eigentlich die Leute sein müssen, die heute noch an dieses Regime glauben.

Mir liegt das Buch in der (später indizierten) Erstausgabe von 1981 vor. Das Titelbild ist von Ulf Herholz, die Innenillustrationen von Giuseppe Festino. Genau, es gibt Innenillus in dieser Ausgabe. Teilweise holzschnittartig, teilweise belanglos, teilweise mich an modernere Filme erinnernd, bleibt mir doch eine Illustration auch über die Jahrzehnte im Gedächtnis :


Hier wird durch die Innenillustration der deutschen Ausgabe dem Text, der den durch den stattgefundenen Atomkrieg genetisch modifizierten Menschen das Menschsein an sich abspricht, konterkariert. Und selbst wenn der Leser bis zu dieser Seite das Bild der Mutanten als "nicht ganz menschlich" durch die Überhöhung selber nicht mehr hinterfragt, wird durch dieses Bild die Shoah und die Unmenschlichkeit des Systems der Vernichtungslager präzise, deutlich und mit einem massivem Impact wieder geradegerückt. Es gibt wenige Sternstunden von Illustratoren, dies ist eine davon.

Aber bleiben wir bei der Darstellung der Vernichtungslager in Hitlers "Herr des Hakenkreuzes". Spinrad versteht das Grauen, das sich in der Realität hinter den Lagergrenzen verbarg, nicht wirklich. Und so nutzt er (gottseidank?) die Darstellung der Lager nur, um die Dummheit der Nazis ein weiteres Mal deutlich zu machen. In den Lagern im Roman werden die Menschen sortiert, nach angeblich "reinen" und mutierten. Die mutierten Menschen haben die Wahl, entweder ins Exil zu gehen oder sich sterilisieren zu lassen. Ein "fast reiner" Mensch entscheidet sich für die Sterilisierung. In dieser Szene "beengte ein seltsames Zusammenwirken von Freude und Traurigkeit Ferics Brust". Auch hier wird der Leser allein gelassen und muß sich selbst seinen Reim auf diese Perversion machen. [Anmerkung des Rezensenten : Mir wurde leicht übel.]

Der Vernichtungskrieg gegen die Dominatoren von Zind überhöht genüßlich die "Stahlgewitter" eines Ernst Jünger, zeigt die Sinnlosigkeit des Krieges an sich ebenso wie die Barbarei der Heldonier und ihrer Ideologie. Genüßlich lässt Spinrad am Ende des Krieges den letzten überlebenden Dominator eine aus dem Atomkrieg vor tausend Jahren übrig gebliebene Atombombe zünden, deren Fallout auch das letzte "reine" Menschen-Gen mutieren lässt. Und dann endet der Roman mit einem Paukenschlag : Da sie sich nicht mehr "reinrassig" fortpflanzen können, lassen sich die Heldonier jubelnd sterilisieren und züchten die nächste Generation in der Retorte. Dieser Vorgang zeigt sehr schön und überdeutlich die Debilität einer Rassenlehre, die rein auf Äußerlichkeiten und Vorurteile begründet ist.

Im Nachwort stellt ein fiktiver Rezensent namens Homer Whipple den gesamten Unsinn nochmal deutlich dar und rückt das Bild der angeblichen Helden gerade. Spinrads Alter Ego spricht von einer Welt, in der der zweite Weltkrieg nicht stattgefunden hat, ganz Europa dem "imperialistischem Appetit der Sowjetunion" zum Opfer gefallen und alleine Amerika der letzte Hort der Freiheit ist. Und doch macht Spinrad in diesem Nachwort deutlich, daß selbst eine solche, 1972 eigentlich indiskutable Welt einem Universum, in dem die in "Der Herr des Hakenkreuzes" geschilderten Ereignisse tatsächlich stattgefunden haben, vorzuziehen ist. Ich kann ihm da nur beipflichten.

Viele Kritiker, insbesondere aus dem angloamerikanischem Sprachraum, sehen "Der stählerne Traum" (auch) als bissige Kritik an einigen Auswüchsen der Fantasy und Science Fiction. Spinrad selbst weist in seinem Essay "Psychoplitics and Science Fiction" auf derartige Tendenzen hin, als Beispiel nennt er die Ausarbeitungen der Ender-Wiggins-Novelle von Orson Scott Card. Dies ist sicherlich auch ein Thema, in meinen Augen allerdings das Geringste. Was allerdings daran liegen kann, daß hier in Deutschland nur die besseren angloamerikanischen Romane in Übersetzungen vorliegen und diverser "Schund" gar nicht auf den deutschen Markt gelangte. Auch muß man das Entstehungsjahr berücksichtigen, 1972 war es deutlich aufwendigerer, an angloamerikanische Original-Romane zu kommen. Von daher kann ich Spinrads Intention in diesem Bereich nicht nachvollziehen, die bedenklicheren Romane, die ich kenne, sind gegenüber der Realität doch eher harmlos. Ursula K. LeGuin schreibt :

As it is, the tension lags; and I am afraid that those who read the book clear through may do so because their insensitivity allows them to ignore the distancing which is the book's strength and justification. They will read it just as they read Conan, or Starship Troopers, or Goldfinger - as good, clean fun.
Quelle

Sorry, aber das halte ich für absoluten Unsinn. "Der stählerne Traum" ist nicht einfach lesbar, wer hier "good, clean fun" verspürt, hat eh einen an der Waffel. Und die Vergleiche mit "Conan" oder "Starship Troopers" sind unzutreffend und - und das finde ich am Unangenehmsten an solchen Kritiken - sie qualifizieren die Shoah, die meiner Meinung nach der relevanteste Part dieser Geschichte ist, deutlich ab. In keinem der Romane, selbst in dem vieldiskutiertem "Starship Troopers" wird der Krieg an sich verherrlicht oder ein Genozid als probates politisches Mittel dargestellt. Tatsächlich ist die einzige Geschichte, in der etwas annähernd Ähnliches dargestellt wird (und an die ich mich erinnern kann), der Skylark-Zyklus von E. E. Smith und diese Romane sind aus den Dreißigern.

Ich habe das Buch gelesen, weil im Perry-Rhodan-Forum sich aufgrund einer Nebenbemerkung ein Lesezirkel dazu zusammengefunden hat. Das letzte Mal, daß ich diesen Roman gelesen habe, dürfte schon mindestens ein Jahrzehnt zurückliegen. Er ist meiner Wahrnehmung nach aber nicht gealtert und liest sich heute noch genauso brilliant wie beim ersten Mal 1981. Ich kann ihn also nur empfehlen.

Dirk van den Boom : Kaiserkrieger

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Dirk van den Boom : Kaiserkrieger
Atlantis-Verlag 2011-2014
Originalausgaben
Hardcover mit Lesebändchen, ca. 220-240 Seiten, 14,90 €
auch als Paperbacks und eBooks erhältlich
Titelbilder : Timo Kümmel


Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs: Der Kleine Kreuzer Saarbrücken bricht aus Wilhelmshaven auf, um seine letzte große Fahrt anzutreten, bevor er außer Dienst gestellt wird. Doch auf der Höhe von Portugal gerät das alte Schiff in ein rätselhaftes Phänomen – und der Kreuzer der kaiserlich-wilhelminischen Kriegsmarine findet sich unversehens im Mittelmeer wieder, gut 1500 Jahre in der Vergangenheit, zu einem historischen Zeitpunkt: wir schreiben das Jahr 378, den Anfang des Endes des Weströmischen Reiches, den Beginn der Völkerwanderung…

Die Mannschaft der Saarbrücken entschließt sich, die Hände nicht in den Schoß zu legen, sondern für sich selbst eine sinnvolle Aufgabe in der Vergangenheit zu finden. Sie waren vorher die Krieger des Kaisers, warum sollten sie es nicht auch hier werden…
Klappentext Band 1 "Die Ankunft"

Trunken von ihrem Triumph vor Adrianopel setzen die Goten zur Eroberung Ostroms an und bedrohen Thessaloniki. Während die Männer des Kleinen Kreuzers Saarbrücken noch versuchen, ihre Nützlichkeit für das Römische Reich unter Beweis zu stellen, formiert sich der Widerstand gegen die "Zeitenwanderer". Mächtige Kirchenfürsten intrigieren gegen den wachsenden Einfluss der Deutschen, auf der Saarbrücken selbst wird der Keim des Verrats gepflanzt - und nicht nur dort...
Klappentext Band 2 "Der Verrat"

Der Sieg über die Goten hat nur scheinbar Frieden in das Römische Reich gebracht. Unruhen und Intrigen drohen das bisher Erreichte zu gefährden. Die Zeitreisenden des Kleinen Kreuzers Saarbrücken müssen nicht nur ein marodes Reich reformieren helfen, sondern auch erste Schritte gegen die Hunnengefahr einleiten. Eine Expedition wird nach Afrika entsandt, um die neuen Ideen im Reich zu verbreiten und die Suche nach profitablen Handelsgütern zu beginnen. Doch die Gegner der neuen Ordnung schlafen nicht und beginnen mit ihren Vorbereitungen, um die alten Verhältnisse wieder herzustellen - und das mit der Hilfe eines Totgeglaubten.
Klappentext Band 3 "Der Aufbruch"

Die Zeitenwanderer aus der Zukunft haben kaum im Römischen Imperium Fuß gefasst, da wird auch bereits deutlich, dass ihre Gegner ihre Kräfte gesammelt haben und zum Gegenschlag ausholen. Truppen stehen bereit, Feldzüge werden geplant und Attentate vorbereitet - der Sturm, der sich zusammenbraut, droht, das Reich in seinen Grundfesten zu erschüttern. Alles, was die Zeitreisenden positiv verändern wollten, ist in großer Gefahr. Der umfassende Aufstand gegen alles, wofür Rheinberg und seine Getreuen sich eingesetzt haben, steht unmittelbar bevor.
Klappentext Band 4 "Der Aufstand"

Die Zeichen stehen auf Sturm. Das Römische Reich versinkt im Bürgerkrieg - alles, wofür die Zeitreisenden eingetreten sind, scheint sich in einer Orgie der Gewalt aufzulösen. Der Usurpator Maximus gewinnt die Oberhand und die Pläne zum Gegenschlag erweisen sich mehr und mehr als undurchführbar. Der Kleine Kreuzer Saarbrücken, erneut der Heimat beraubt, wird auf eine Odyssee geschickt. Verrat und Intrigen lauern auf dem Weg. Und als eine neue, tödliche Bedrohung das Reich in seinen Grundfesten zu erschüttern droht, bleibt allen Beteiligten nicht viel mehr als die Flucht ...
Klappentext Band 5 "Die Flucht"

Verrat, Seuchen, Niederlagen – die Liste der Probleme für die Mannschaft der Saarbrücken ist schier endlos. Jetzt läuft alles auf die Frage hinaus, wer in diesem Konflikt letztendlich die Oberhand behalten wird. Alle Mächte sind in Position, haben ihre Karten ausgespielt und sind zuversichtlich, dass sie den Sieg davontragen werden. Am Ende, das wissen Gegner wie Freunde der Zeitreisenden, wird nur einer übrig bleiben, der sich mit Recht Kaiser nennen darf. Doch bis dahin ist es noch ein langer und sehr blutiger Weg, der manche Überraschung mit sich bringen und viele Leben kosten wird.
Klappentext Band 6 "Der Kaiser"

Die sechs verschiedenen Klappentexte habe ich hier ganz bewusst gebracht. Natürlich hätte der von Band 1 prinzipiell ausgereicht, aber gerade an dieser Abfolge erkennt man sehr schön die Ähnlichkeit der "Kaiserkrieger" mit Klassikern wie etwa L. S. de Camps "Lest Darkness Fall" (in der deutschen Erstausgabe übrigens als TERRA-Sonderband erschienen). Hier wie dort stehen intelligente Problemlösungen vor gewaltsamen, macht die Kenntnis der eigenen Geschichte ein Eingreifen in der Vergangenheit erst richtig möglich. Und in beiden Fällen stellt man fest, daß sich der Autor sehr viel Mühe mit der Recherche gegeben hat, was beiden Romanen extrem zugute kommt. Mich persönlich nervt ja bei historischen und pseudohistorischen Romanen nichts mehr, als offensichliche Verstöße gegen die damals existierende Gesellschaft, aber bei Dirk van den Boom spielt sich das auf dem Niveau der Pestart ab, was – mit Verlaub – nur Historiker bemerken dürften. Ich als Normalmensch mit nebenbei erworbenen Geschichtskenntnissen habe das weder bemerkt, noch hat es mich gestört. Im Gegenteil, da hat DiBoo für meinen Geschmack sogar zuviel Präzision bewiesen, der doofe Maximus kann doch nicht so einfach auf die armen Kerle der Saarbrücken losgehen ! Das irritiert mein Leser-will-Helden-Gemüt !!!

Mal im Ernst : Dirk van den Boom hat sich, wie man an obigem Beispiel sieht, extrem viel Mühe gegeben, einen in sich und mit der bekannten Geschichte konsistenten Roman zu schreiben. Seine Ideen, insbesondere die scheinbar trivialeren (Brantwein, Kaffee), tragen sehr viel dazu bei, den Genuß der Geschichte zu steigern. Die unaufgeregte Schreibe zusammen mit der ausführlichen Hintergrundrecherche macht die "Kaiserkrieger" bereits zu einem gutem Alternate History-Roman. Daß Dirk van den Boom es dann zusätzlich schafft, Spannung und überraschende Wendungen zu erzeugen und ein gewisses Faible für Kitsch und Heldentum unaufdringlich in den Roman zu integrieren, macht die erste Staffel der "Kaiserkrieger" zu einem unbedingt empfehlenswerten Zyklus, für Actionroman-Fans ebenso wie für Freunde gehobener Literatur. Mir haben die Romane, die ich jetzt, nachdem der letzte Roman des Zyklus herausgekommen ist, in einem Rutsch durchgelesen habe, jedenfalls ausnehmend gut gefallen.

TERRA SF 415 - Ernst Vlcek / Helmuth W. Mommers : Sturm über Eden 13


Ernst Vlcek / Helmuth W. Mommers : Sturm über Eden 13
Das Galaktikum 01
Terra SF 415, 13.08.1965
Originalausgabe
Titelbild : Johnny Bruck


Anfang des 5. Jahrtausends terranischer Zeitrechnung: Längst sind die Menschen weit ins All vorgestoßen, haben neue Welten kolonisiert, Kontakt zu Fremdrassen aufgenommen und ein Solares Imperium geschaffen; eine neue Zeitrechnung verkündet die Galaktische Ära. Doch unter der Oberfläche brodelt es. Die Kolonialwelten fühlen sich von der Zentralwelt unterdrückt, und auch den Fremdrassen ist die wachsende Macht des Imperiums ein Dorn im Auge. Die Situation droht zu eskalieren, eine kriegerische Auseinandersetzung scheint unausweichlich – da taucht aus dem Nichts ein gnadenloser Feind auf. Und plötzlich müssen die Bewohner der Milchstraße erkennen, daß sie nur eine einzige Chance haben, gegen den übermächtigen Gegner zu bestehen: wenn sie ihre kleinlichen Streitereien beiseite schieben und "Das Galaktikum" endlich Wirklichkeit werden lassen ...
Klappentext der BLITZ-Ausgabe von 1999

Jung waren wir damals anfangs der Sechziger, enthusiastisch und voller Tatendrang. Die Welt gehörte uns, mehr noch - Raum und Zeit waren unsere ›new frontiers‹, es galt, eine phantastische Welt zu entdecken, Ideen, Werke, Autoren, über die deutschsprachige Insel hinaus. So war das Wiener Fandom eine Keimzelle für einige Talente, die bald den Amateurstatus im Clubmagazin verließen, den Sprung ins Profilager schafften: Kurt Luif alias Neal Davenport, Hubert Strassl alias Hugh Walker, und als Vorreiter Ernst Vlcek und meine Wenigkeit. Beide waren wir talentierte Zeichner, planten ein Graphik-Studium, nicht minder begabte Autoren, setzten uns nach einigen gemeinschaftlichen Arbeiten an den Tisch und beschlossen, das was William Voltz mit seiner ersten SF-Story-Collection im deutschsprachigen Raum schaffte, das schaffen wir auch. Zwei Story-Sammlungen waren alsbald unser Profi-Debut. Es folgte der Roman "Die Psycho-Waffe". Abgelehnt. Negative Tendenzen, passte nicht ins Schema. Wir nicht entmutigt, unterbreiteten ein Exposé für einen Zyklus, dessen dritter Teil "Die Psycho-Waffe" sein sollte. Angenommen.
aus dem Nachwort der BLITZ-Ausgabe

LKS von Heft 415

Here they come! Ich war ja sehr gespannt auf den Zyklus der beiden Österreicher, sie mussten sich ja gegen einige andere sehr gute deutsche Zyklen behaupten. Es gelingt ihnen mühelos, wie ich feststellen konnte, ebenso wie Kneifels "Das zweite Imperium der Menschheit" ist auch "Das Galaktikum" auch heute noch sehr empfehlenswert.

Im ersten Band haben die Menschen mehrere Kolonien gegründet, die sich von der Bevormundung Terras befreien und ihre vollständige Unabhängigkeit haben wollen. Radikale Kräfte versuchen, einen Bürgerkrieg zu provozieren, als die von Menschen besiedelten Planeten von Außerirdischen, den Rouun, angegriffen werden. Auf dem Planeten Samum, einer trotz ihrer lebensfeindlichen Ökosphäre von Menschen besiedelten Ödwelt mit Teilbewusstsein, wird der erste Angriff der Rooun abgefangen.

Ein wirklich empfehlenswerter Roman, auch nach einem halben Jahrhundert noch so frisch wie am ersten Tag. Die Exotik der Szenerie, der Sense of Wonder und das elegante Zusammenführen der einzelnen Handlungsstränge macht den Roman zu einem echten Genuß. Ein gelungener Auftakt.

Freitag, 29. August 2014

TERRA SF inside - TERRA-Taschenbücher

Wie angekündigt wurden die TERRA-Sonderband-Taschenhefte durch die TERRA-Taschenbücher ersetzt. Hier zwei Werbungen dazu :

Rückseite TERRA 413 vom 30.07.1965

Innenseite von TERRA 414 vom 06.08.1965

TERRA SF 414 - Daniel F. Galouye : Als die Sonne starb

Daniel F. Galouye : Als die Sonne starb (The Day the Sun died)
Terra SF 414, 06.08.1965
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe 1955
Aus dem Amerikanischen von ???
Titelbild : Johnny Bruck


Der Versuch einiger US-Wissenschaftler, den Nachweis zu erbringen, daß der Grundbaustein aller Materie – das Neutron – überall im Universum aus dem Nichts entsteht, bringt es an den Tag: Die „Schöpferische Kraft“ hat sich in geballter Form in einem Menschen konzentriert – in Milton Bradford, einem drogenschluckenden Hippie. Doch Bradford hat keine Ahnung von seiner allumfassenden Macht. Fortan ist eine Spezialeinheit rund um die Uhr damit beschäftigt, ihn unter Kontrolle zu halten und jeden seiner Schritte zu manipulieren. Bradford hat im wahrsten Sinne des Wortes göttliche Kräfte! Doch der junge Mann fängt allmählich an zu ahnen, daß man etwas vor ihm verbirgt. Und mit jeder psychischen Erschütterung, der er im Zuge des gewaltigen Vernebelungswerks um seine Person ausgesetzt wird, gehen tiefgreifende Veränderungen im Gleichgewicht des Universums einher: mathematische Konstanten verändern sich, Naturgesetze verlieren ihre Gültigkeit, die Erde steuert einem Chaos entgegen …
Klappentext der ULLSTEIN-Ausgabe "Der unendliche Mann" von 1984

Der zweite Teil der Tarl-Brent-Geschichten, 1973 zu "The infinite Man" zusammengefasst und neu herausgegeben. Der erste Teil, "Tonight the Sky will fall", ist als TERRA SF 362 erschienen. Beide heutzutage nicht mehr wirklich lesbar, esoterische SF in ihrer extremsten Form.

Donnerstag, 28. August 2014

TERRA SF inside - Rezensionen MRU (II)

In TERRA 413 vom 30.07.1965 sind wieder einige Rezensionen von Jürgen vom Scheidt aus dem "Munich Round-Up" abgedruckt :

TERRA SF 413 - William Voltz : Robot-Legende


William Voltz : Robot-Legende
Terra SF 413, 30.07.1965
Originalausgabe
Titelbild : Karl Stephan


Die bemannte Raumfahrt fordert Opfer über Opfer, und es scheint ein unabänderliches Gesetz zu sein, daß Menschen den längeren Aufenthalt im Weltraum nicht ertragen können. Oliver Lintock, der Raumschiffskonstrukteur, ist jedoch nicht gewillt, sich mit dieser Tatsache abzufinden und zu resignieren. Er versucht, den Traum vom Sternenflug mit allen Mitteln zu verwirklichen, und die Mutanten helfen ihm dabei. Sie, die sich als nächste Entwicklungsstufe der Menschheit verstehen, wissen um die psionische Schockwelle, die in Kürze die Erde erreichen und die Existenz des Homo sapiens auslöschen wird. Deshalb unterstützen sie Lintocks Plan, damit wenigstens eine Gruppe von Menschen dem drohenden Untergang entrinnen kann.
Klappentext der UTOPIA CLASSICS-Ausgabe

Voltz nutzt hier seine Erfahrungen bei den Kurzgeschichten und legt einen gelungenen Episodenroman vor. Dabei vermenschlicht er die Roboter vielleicht etwas zu stark, das tut aber der Geschichte selbst keinen Abbruch. Der Sense of Wonder und die Spannung, die er hier in die "Robot-Legende" reingepackt hat, bleibt davon auf jeden Fall unberührt. Das dürfte auch der Grund für die vielen Neuauflagen (TERRA ASTRA, UTOPIA CLASSICS und PR-Autorenbibliothek) sein, die dieser Episodenroman erfahren hat. Liest sich auch heute noch kurzweilig.

Mittwoch, 27. August 2014

Oliver Henkel : Wechselwelten



Oliver Henkel : Wechselwelten
Atlantis-Verlag 2014
Neuausgabe
Originalausgabe 2004/2014
Hardcover mit Lesebändchen, ca. 166 Seiten, 13,90 €
auch als Paperback und eBook erhältlich
Titelbild : Timo Kümmel


Abraham Lincoln reist nach Preußen, ohne Amerika zu verlassen. Pontius Pilatus wird mit einem Überraschungszeugen der Verteidigung konfrontiert. Und in der DDR ertränkt Erich Mielke die friedliche Revolution des Herbstes 1989 in Blut. Sieben Geschichten erzählen von Welten, die es niemals gab, aber vielleicht fast hätte geben können. Welten, in denen die Geschichte nicht dem vertrauten Weg gefolgt ist ...
Klappentext

Ich hab' nie so richtig verstanden, was alle von Oliver Henkel halten. Denn sein Leviathan war zwar sehr gut, aber qualitativ unterhalb der oberen 5%. Das ist bei seinen Kurzgeschichten anders.

Die schlechteste, eine intelligent konstruierte, sich präzise steigernde und exakt auf den Punkt geschriebene Zeitreise-Geschichte, wäre das Highlight von diversen Anthologien, die ich gelesen habe. Die anderen sind meistens besser, mindestens tiefschürfend und genial konstruiert. Zwei Ausnahmen davon gibt es : Die erste Geschichte über die Nicht-Wende ist nicht nur brilliant erzählt, sondern zeigt auch sehr schön, wie es hätte sein können und was die Leute dabei empfunden hätten. Brilliante moderne Gegenwartsliteratur, sollte eigentlich Standard im Fach "Deutsch" in der Schule sein. Die letzte Geschichte ist eine wunderbare antifaschistische Story, die die Absurdität der Rassenlehre und des Fremdenhasses in genialer Art und Weise darstellt. Auch hier präzise auf den Punkt gebracht, erinnert mich diese Story sehr an Hans-Hellmut Kirst in seinen besten Tagen. Vergleichbar mit dem Monolog aus "Des Teufels General". Auch diese Geschichte ist vom rein Handwerklichen her sehr exakt konstruiert, sie verläuft in Wellen mit immer höheren Peaks. Ich persönlich fand sie überragend und wäre sie nicht früher schon veröffentlicht worden ...

Wann eigentlich und warum ist sie damals nicht für den DSFP nominiert worden ? Nachgeguckt und eine Rezi von Thomas Harbach gefunden. Seltsam von der Geschichte (sie heisst "Do you speak English?") spricht er gar nicht. Später reingerutscht ? Mal bei Christian Pree nachgucken. Was, 2014 ??? Das ist eine Originalveröffentlichung, eine neue Geschichte aus dem amerikanischen Teil Preußens. Das wird eine Nominierung für den DSFP 2015! Klasse! Update Oktober : Siehe Kommentar von Ralf Bodemann.

Auf jeden Fall kann ich dieses Buch SF-Fans ebenso empfehlen wie denjenigen, die für Geschichtsromane schwärmen und denen, die aktuelle Gegenwartsliteratur mögen. Ein Buch mit einem sehr breit gespanntem Spektrum, das trotzdem die Erwartungen jedes einzelnen Lesers voll erfüllt.

TERRA SF inside - Rezensionen SFT

Auf der LKS von Heft 409 vom 02.07.1965 finden wir Hans-Joachim Alpers als Rezensent der "Science Fiction Times" wieder. Und nicht nur das, auch Waldemar Kumming, damals Präsident des SFCD, kommt zu Wort und kündigt einen Con an. Man beachte die voraussichtlichen Teilnehmer :

TERRA SF 412 - Samy Fayad : Das Zeit-Dilemma


Samy Fayad : Das Zeit-Dilemma (La Collina di Hawotack)
Terra SF 412, 23.07.1965
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe 1961
Aus dem Italienischen von Sonja Smerdel
Titelbild : Karl Stephan


Eine sehr ruhiger und romantischer Roman um eine Zeitreise. Inklusive der (innerhalb der Geschichte aufgelösten) unausweichlichen Paradoxa, die aber kausal und - soweit es bei einem Gedankenexperiment möglich ist - weitestgehend wissenschaftlich korrekt behandelt werden. Mein Eindruck dieses Romans ist der, daß er für viele Klassiker und Moderne Vorbild war. Ich drücke mich hier etwas schwammig aus, da ich festellen musste, daß es praktisch keine klassischen Zeitreise-Filme gibt, sieht man von DEM Klassiker, "Die Zeitmaschine", ab. Doch gerade die Stimmung des Romans ist sozusagen klassisch, sie erinnert mich sehr an den (übrigens sehr empfehlenswerten) Film "Der letzte Countdown".

Über Samy Fayad ist im Internet wenig herauszubekommen. Er hat nur zwei SF-Romane geschrieben, "Ulix il solitario" und den vorliegenden, wobei "La Collina di Hawotack" die einzige deutsche Veröffentlichung im SF-Bereich von ihm ist. Was daran liegt, daß Samy Fayad hauptsächlich als Journalist und Dramatiker tätig war. Er wurde 1925 in Paris geboren, lebte elf Jahre in Venezuela und zog mit dreizehn Jahren nach Neapel. Hier lebte es bis zu seinem Tod 1999. In Italien sind seine Theaterstücke mit großem Erfolg von Leuten wie Peppino De Filippo, Nino Taranto, Regina Bianchi, Beppe Barra inszeniert worden, mehrere seine Stücke wurden auch übersetzt und im Ausland gespielt.

Wie man sieht, haben Jeschkes Kurzgeschichtenbände "Internationale SF" hier ihre Wurzeln. Die TERRA-Redaktion brachte immer wieder auch nicht-deutsche und nicht-angloamerikanische Autoren heraus. Wenig zwar, aber selbst das Wenige dürfte schon schwierig genug gewesen sein.

Dienstag, 26. August 2014

Dirk van den Boom : Tentakelreich



Dirk van den Boom : Tentakelreich
Atlantis-Verlag 2014
Originalausgabe
Hardcover mit Lesebändchen, ca. 252 Seiten, 14,90 €
auch als Paperback und eBook erhältlich
Titelbild : Allan J. Stark


Die Irdische Sphäre kämpft auf verlorenem Posten. Dem Sieg der Tentakel steht nichts mehr im Wege. Es gilt nun, die menschliche Zivilisation zu retten – im sicheren Hafen der Allianz, auf einem fluchtbereiten Kolonistenschiff oder in den wenigen Rückzugsorten auf Terra selbst. Verzweifelter Mut, das Drohen einer noch größeren Gefahr und die Enthüllung eines schrecklichen Geheimnisses – alles, bevor die Erde endgültig zum Teil des Tentakelreiches wird.
Klappentext

Schlampig! Das war das Erste, das mir nach dem Lesen dieses Abschlußbandes der zweiten Tentakel-Trilogie in den Sinn kam. Dirk van den Boom gelingt es trotz guter, teilweise brillianter Ideen nicht, die zweite Tentakel-Trilogie zu einem befriedigendem Abschluß zu bringen. Daß wichtige Personen plötzlich konträr zu ihrer Darstellung in Tentakelblut eine gänzlich andere Agenda offenbaren, hat mir zwar nicht gefallen, dem Roman an sich aber keinen Abbruch getan. Allerdings kam dies zu unvermittelt, zu wenig vorbereitet, für mich jedenfalls. Und das hat mich schon irritiert.

Gegen Sex-Szenen habe ich nichts – wenn sie reinpassen und nicht einfach nur zur Befriedigung primitiver Gelüste des Lesers dienen. Hier wäre weniger mehr gewesen. Auch bin ich bezüglich Sex mit Aliens verwöhnt, wer Piers Anthony kennt, weiss was ich meine. Körpertausch-Sex von Aliens wird von Anthony wirklich als alien beschrieben, bei van den Boom bleibt es doch recht … simpel.

Und was beim letzten Roman noch cool war, ist hier ein Fremdkörper, nicht wirklich in die Geschichte integriert, sondern zur Gaudi einiger Leser zusätzlich hineingeschrieben. Ich spreche von dem Kapitel, in dem Dirk van den Boom Foristen aus SF-Fan und SF-Netzwerk auftauchen lässt, nur um sie gleich wieder umzubringen. Das passte hinten und vorne nicht zur Geschichte, hier hat das Lektorat vollkommen versagt. Denn aus diesem nicht unwitzigem Insider-Gag hätte man ohne großen Aufwand mehr machen können, ohne den Lesefluss zu hemmen. So aber wird er gehemmt, man stockt beim Lesen an dieser Stelle. Flüssig wird es erst wieder, wenn Miranda und ihre Truppe ankommt, dann geht der Roman weiter.

Man merkt, ich bin doch ziemlich enttäuscht von Tentakelreich. Denn die oben angeführten Punkte stören die ansonsten wirklich nicht schlechte Geschichte doch massiv. Hier hat der Autor den Text runtergeschrieben, ohne ihn nochmals durch den eigenen geistigen Filter laufen zu lassen. Und das Lektorat war einfach schlampig und hat diese Bugs nicht zur Kenntnis genommen.

Was wirklich, wirklich schade ist, denn Dirk van den Boom hat hier einige sehr schöne Ideen und einige geniale Szenen eingebaut. Wer Tentakelblut, den zweiten Teil kennt, erinnert sich vielleicht an die Arche, mit der eine Gruppe von Menschen vor den Tentakeln mit einem Dilatationsraumschiff fliehen will. Alles, was DiBoo hier erzählt, habe ich in bewegten Bildern und in Farbe vor meinem geistigem Auge gesehen. Die Schilderungen waren extrem gelungen, der Plot wunderschön. Klassische SF at ist best. Fast genauso gut war The Last Stand von Miranda, den der Autor in bester Heldentradition schildert. Vollkommen ohne Sentimentalitäten oder auch nur marginal übertriebenem Kitsch. Brilliant.

Diese wirklich gelungenen Teile können das Buch insgesamt nicht vollständig retten, machen es aber noch so gerade lesbar. Schade, daß es nicht mehr geworden ist. Denn dass Dirk van den Boom mehr kann, zeigt er bei den "Kaiserkrieger"-Romanen.

TERRA SF inside - MOEWIG-Liebesromane

Wie man im Innenteil von Heft 408 vom 25.06.1965 festellen konnte, hat der Moewig-Verlag nicht nur niveauvolle SF verlegt. Der Kitschfaktor dieser Anzeige ist doch ganz erheblich ...

TERRA SF 411 - H. G. Ewers : Die Gruft des Sternfahrers

H. G. Ewers : Die Gruft des Sternfahrers
Terra SF 411, 16.07.1965
Originalausgabe
Titelbild : Johnny Bruck


Ein ganz netter Roman. Würde ich es nicht besser wissen, würde ich behaupten, er wäre von Ewers unter dem Eindruck von "Blade Runner" geschrieben worden. Aber "Do Androids dream of electric Sheep?" kam erst drei Jahre später heraus. Aber hier wie dort geht es auch um die "verschwimmende Grenze zwischen Menschen und Androiden und somit die Frage, was den Menschen zum Menschen macht", wie die deutsche Wikipedia es so treffend formuliert.

Auf dem Planeten Excess geschehen merkwürdige Dinge, die eingeborene Lebensform wird unglaublichen Evolutionsschüben unterworfen. Statt Jahrtausende benötigen die Gamblers nur Monate, um eine neue Zivilisationsstufe zu erreichen. Sidney Mallard, der Entdecker des Systems, findet nach und nach heraus, daß eine Lebensform, die ihre Körperlichkeit verloren hat, dafür verantwortlich ist. Die letzten dieser "Mirrors" wollten sich in evolutionär hochstehenden Wesen neue Körper schaffen und in die Gambler oder vorzugsweise in Menschen überwechseln. Eine Robotflotte der Erde vernichtet diese Parasiten. (Hey, der Roman ist von 1965, da war man mit dem Humanismus noch nicht so weit. Wer genaueres wissen möchte, dem seien alte Jürgen-Roland-Filme empfohlen, an denen man sehr schön den Unterschied von gestern zu Heute festmachen kann.) Am Ende stellt sich heraus, daß Sidney Mallard im Laufe der Geschichte in einen Robotkörper transferiert wurde. Doch er fühlt sich als Mensch, ist ein Mensch und wird auch als Mensch weiterleben.

Die Androiden-Thematik wird also ergänzt um das Thema "kybernetischer Mensch", das später in sehr ähnlicher Form als Sinclair Marout Kennon in der ATLAN-Serie wieder auftaucht. Schon interessant, wann und wo einzelne Topoi, der später an anderer Stelle begeistert aufgenommen wurden, das erste Mal auftauchen.

Montag, 25. August 2014

Dirk van den Boom : Habitat C



Dirk van den Boom : Habitat C
Atlantis-Verlag 2014
Originalausgabe
Hardcover mit Lesebändchen, ca. 220 Seiten, 14,90 €
auch als Paperback und eBook erhältlich
Titelbild : Tony Andreas Rudolph


Auf Habitat C, dem Sitz des Parlaments der Galaktischen Akte, wurde ein hoher Beamter der Unterschlagung überführt. Er hat Spielschulden - und Hintermänner, wie es scheint. Aber kaum sind der junge Konsul Daxxel und seine Begleiterin Josefine Zant dort angekommen, passieren Dinge, die eine fatale Entwicklung ins Rollen bringen. Daxxel wird abermals zum Spielball ganz unterschiedlicher Interessen - und kommt einer unerwarteten und unheimlichen Geschichte auf die Spur.

Ein Roman um uralte Zivilisationen, unerwartete Morde, interstellare Finanzen, Neid, Hass und Ponys.
Klappentext

Ganz nett, kann aber mit seinem Vorgänger nicht mithalten. Eobal hatte neben der reinen Geschichte auch diverse andere Vorzüge, das geht "Habitat C" vielleicht nicht gänzlich, aber doch weitestgehend ab. Übrig bleibt eine spannende Geschichte mit diversen Versatzstücken, die der SF-Kenner bereits aus anderen Geschichten der letzten Jahrzehnte kennt. Das ist nicht schlecht, ich habe den Roman gern gelesen, allerdings fand ich den 70er-Jahre-Cliffhanger am Ende etwas zuviel, hier bietet sich wenig Raum zur Innovation. Und bei aller Kritik ist und bleibt Habitat C doch ein empfehlenswerter SF-Action-Roman.

TERRA SF inside - Die Brücke am Kwai

Auf der Rückseite von Heft 406 vom 18.06.1965 finden wir die Werbung des Fackelverlags für ein Filmbuch :


Statt eines Kommentars hier der Trailer der Wiederaufführung :


Und weil es wirklich eine große Szene ist, hier nochmal der komplette Colonel-Bogey-March :


TERRA SF 410 - Jack Vance : Das Weltraum-Monopol


Jack Vance : Das Weltraum-Monopol (The five gold Bands)
Terra SF 410, 09.07.1965
Neuübersetzung des UTOPIA-Heftes 253 von 1960
Originalausgabe 1950
Aus dem Amerikanischen von Heinz Zwack
Titelbild : Johnny Bruck


Langtry, der Erfinder des Interstellar-Antriebs, hielt seine Erfindung geheim. Statt sie der gesamten Menschheit zugänglich zu machen, vererbte er sie seinen Söhnen und diese und ihre Nachkommen machten ein profitables Monopol daraus. Paddy Blackthorn, ein abenteuerlustiger Ire, ist nicht gewillt, diese Situation länger zu tolerieren. Er träumt den Traum von der Freiheit des Kosmos und macht sich daran, das jahrhundertelang eifersüchtig bewachte Weltraum-Monopol der Langtrys zu brechen. Was viele vor ihm mit dem Tod bezahlen mußten, Paddy schafft es, das Geheimnis des Sternenantriebs zu lüften. Doch damit beginnen erst die eigentlichen Schwierigkeiten, denn Paddy wird zum Objekt der größten Menschenjagd der galaktischen Geschichte.
Klappentext der UTOPIA-Classics-Ausgabe

Walter K. Baumann, Heinz Zwack, Juergen Saupe und Edda Petri - sie alle haben diesen Roman von Jack Vance neu übersetzt. Etwas Overkill für einen recht einfachen SF-Roman. Allerdings hat Jack Vance in dieser Geschichte sehr schön die antiamerikanische Haltung diverser Konzerne ausgearbeitet, wie sie damals teilweise vorherrschte und heutzutage - gerade in der Pharmazie - fast schon zum Guten Ton gehört. Von daher hat uns dieser Roman auch heute noch etwas zu sagen, auch wenn er stilistisch doch schon etwas sehr gealtert ist.

Sonntag, 24. August 2014

TERRA SF inside - Preiserhöhung und TERRA-Taschenbücher

Zwei wichtige Meldungen wurden auf der LKS von Heft 402 vom 21.05.1965 vermeldet. Zunächst eine Preiserhöhung von 70 auf 80 Pfennig. Damals kostete ein Brötchen 5 Pfennig, heute 55 Cent. Danach würde ein TERRA-Heft in heutiger Währung etwa 17 € kosten. Andererseits kosteten damals die "Drei ???" 8,95 DM, heute 8,99 €. Ist also alles ein Milchmädchenrechnung, der tatsächliche Wert dürfte irgendwo dazwischen liegen, wahrscheinlich sogar ziemlich exakt bei dem Preis heutiger Perry-Rhodan-Hefte. Es war auf jeden Fall auch damals schon etwas teurer, SF-Fan zu sein.

Die zweite Meldung betrifft die Ablösung der TERRA-Sonderband-Taschenhefte durch die Einführung der TERRA-Taschenbücher. Hier, auf dieser LKS, wird diese Ablösung angekündigt. Mir scheint, daß Taschenbücher damals ein höheres Ansehen hatten als Taschenhefte, die mehr den Heftromanen zugerechnet wurden. Denn produktions- und kostentechnisch war das doch eine Erhöhung.

TERRA SF 409 - Henry Bings : Welten in Brand


Henry Bings : Welten in Brand
Terra SF 409, 02.07.1965
gekürzter Nachdruck des gleichnamigen Leihbuchs von 1956
Titelbild : Karl Stephan


In kühnen, erregenden Bildern und mit dramatischer Wucht erzählt der Autor die Odyssee dreier Raumschiffe, die von ihrem erkaltenden Planeten ausgeschickt sind, neuen Lebensraum zu suchen. Mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit rasen sie durch das All, von Stern zu Stern, von Enttäuschung zu Enttäuschung, bis jedes von ihnen einmal die neue Heimat gefunden zu haben glaubt. Aber werden die Beherrscher dieser lebensfähigen Planeten - fremdartige Intelligenzen mit weitentwickelter Technik - freiwillig Gastrecht gewähren? Oder wird man sie vernichten müssen? Eines der Raumschiffe trifft auf TERRA, den 3. Planeten im System SOL - auf unsere Erde -und es ist besonders reizvoll, UNS im Jahre 3110 mit den Augen ferner Milchstraßen-Rassen zu betrachten.

Ein kosmischer Sturm - Raumschiffe in gigantischen Energie-Duellen - Angriff und Abwehr mit technischen Wunderwerken - Brennende Welten und explodierende Raumschiffe . . . das sind die Szenen dieses großen Romans, der neue, kühne Perspektiven eröffnet und uns aus der Enge alter Vorstellungen in die Wunderweite des Kosmos entführt. Staunend erkennen wir die Kräfte der Natur und ahnen die unerschöpflichen Möglichkeiten, die sie uns bietet.

UTOPIA-SPITZENKLASSE: Der in dieser Reihe erschienene Roman "Welten in Brand" von Henry Bings, wurde von der literarischen Abteilung des SCIENCE FICTION CLUB DEUTSCHLAND geprüft und als "SCIENCE FICTION" mit dem Clubsiegel ausgezeichnet.
Klappentext des HÖNNE-Leihbuchs

Ich war etwas verwirrt, als ich den Roman las. Er war so altbacken, so unzeitgemäß für 1965. Was eben daraus resultiert, daß "Welten in Brand" ein alter Roman von Henry Bings alias Heinz Bingenheimer aus dem Jahr 1956 ist. Schwamm drüber.

Samstag, 23. August 2014

TERRA SF inside - Was denkt sich ein Elektronengehirn?

An. Aus. An. Aus. An ...
Genug der Lästereien über unsere SF-Vorfahren. Auf der LKS von Heft 396 vom 16.04.1965 wurde das HEYNE-Sachbuch "Was denkt sich ein Elektronengehirn?" vorgestellt. Wie auch auf der LKS zu merken, vollzog sich in diesen Jahren ein massiver technologischer Wandel. Auch wenn die Jüngeren unter uns das als Zeitalter der Dinosaurier betrachten und Berichte aus dieser Zeit als Nachrichten aus der Steinzeit veerstehen, hat das für uns Ältere doch eine gewisse Nostalgie :


Ääähh ... also etwas kann ich mir nicht verkneifen : Das "Fachblatt Industrie, Technik und Elektronik, Heidelberg" kann beurteilen, ob ein Sachbuch "spannend und lebendig geschrieben" ist ? Oder das "Handelsblatt" ? Hat auf jeden Fall bei meiner Frau zu einem echten Brüller geführt.

TERRA SF 408 - Daniel F. Galouye : Das Gericht der Telepathen


Daniel F. Galouye : Das Gericht der Telepathen
Terra SF 408, 25.06.1965
Originalausgabe
Aus dem Amerikanischen von Karl Nikolai Stockhammer
Titelbild : Karl Stephan


Enthält die Stories
Demut vom Fliessband (Blessed are the meekbots, 1953)
Das Gericht der Telepathen (Kangaroo court, 1960)
Gulliver in Fesseln (Gulliver planet, 1957)


Eine Originalzusammenstellung von Kurzgeschichten des Autors, nicht das erste Mal bei TERRA. Man merkt, wie sich die Redaktion bemühte, neben den Standards auch echte Innovationen dem deutschen SF-Leser zu präsentieren.

Galouyes Geschichten selber sind meistens nicht so gut, er war mehr den längeren Formen zugeneigt. "Blessed are the meekbots" ist eine simple Geschichte, in der Roboter die Welt übernehmen. Mit 10 Seiten auch die schlechteste der drei Geschichten. Die Invasion von intelligenten Mikrolebewesen, wie der Autor sie in "Gulliver Planet" schildert, ist da schon besser, wenn auch die Geschichte deutlich unter seinen Möglichkeiten bleibt. Was Daniel F. Galouye tatsächlich kann, zeigt er dann in "Kangaroo Court". Die ganze Welt ist telepathisch, ein Mörder wird (legal!) von einem wütendem Telepathen-Mob gejagt. Selten so einen bissigen und präzisen Kommentar zum "gesundem Volksempfinden" gelesen, lohnt sich auch heute noch.

Freitag, 22. August 2014

Bones im RL

Wer sich schon immer gefragt hatte, wie lang ein römischer Schritt war oder wohin römische Babys hingepupst haben, ist auf dem Blog von Kristina Killgrove richtig : http://www.poweredbyosteons.org/
Auf den bin ich gestoßen, als ich bei meinem aktuellem Bones-Revival nach etwas suchte und dort detaillierte Rezensionen zu den Einzelfolgen fand. Lesenswert.

TERRA SF inside - K. H. Scheer über die ZBV-Romane

Auf der LKS von Heft 406 vom 18.06.1965 erzählt KHS über die Ursprünge der ZBV-Romane :


Bemerkenswert, nicht wahr ?
Aber wie kam er auf 19 Romane, es waren doch erst 18 erschienen ???

TERRA SF 406/407 - K. H. Scheer : Gegenschlag Kopernikus



Karl Herbert Scheer : Gegenschlag Kopernikus
ZBV 18
Terra SF 406/407, 18.06.1965
Nachdruck des gleichnamigen Leihbuchs von 1965
Titelbild : Johnny Bruck


"Das Spiel beginnt! Unser Gegenschlagsprogramm Kopernikus ist der größte und gefährlichste Bluff der Weltgeschichte. Der Menschheit bleibt keine andere Wahl mehr, als den Männern zu vertrauen, die es auf sich genommen haben, einen übermächtigen Gegner mit den Waffen des Geistes abzuwehren."

So lautet ein Hinweis aus dem Informationsblatt des Strategischen Raumkommandos, Gila Space Center vom 17. 11. 1994.

Fünfundzwanzigtausend Männer und Frauen aus allen Völkern der Erde warten auf dem vierten Planeten des Sonnensystems. Ihre Masken sind abenteuerlich; ihr Vorhaben ist phantastisch. Drei Riesenschiffe kreuzen die Plutobahn. Sie erscheinen auf den Bildschirmen einer überlichtschnellen Ortungsautomatik. Auch das konnte man nicht voraussehen.

Generalmajor Thor Konnat, Befehlshaber der Marsdivision und Chef des Gegenschlagsprogramms, entschließt sich zu einer Verzweiflungsmaßnahme.

Die dem Erbe der Marsianer entstammenden Jupiterschlachtschiffe bleiben auf dem Raumhafen stehen, bis die Frage der Gehirnprogrammierung gelöst ist. Erst dann drücken Terraner, die keine Ahnung von der Funktionsweise marsianischer Riesenschiffe haben, auf die Knöpfe der Notsteueranlage.

Zwei Telepathen der Geheimen Wissenschaftlichen Abwehr nehmen das von den Hypnos aufgezwungene Psychoduell an.

Der Befehl lautet: "Die Fremden müssen auf dem Mars landen und dort davon überzeugt werden, wie unüberwindlich die in Wahrheit Schwachen sind!"

Marsianische Abwehrfestungen reagieren programmwidrig - und Roboter sind auch Menschen. Die drei Raumschiffe tauchen in die Atmosphäre des Mars ein. Das Spiel beginnt.

Man liest nicht - man handelt mit. "Gegenschlagsprogramm Kopernikus" ist eine Schilderung von solcher Eindringlichkeit, daß wir davon überzeugt sind, die utopische Literatur um ein weiteres wertvolles Werk bereichert zu haben.
Klappentext des BALOWA-Leihbuchs

Einer der schönsten Romane des gesamten ZBV-Zyklus. Einerseits bringt KHS hier die volle Exotik, beginnend mit dem Mars und der Hinterlassenschaft der Marsianer inklusive eines Robotgehirns mit Eigeninitiative (erinnert das irgendwie an SENECA ?). Dann kommt hier der Sense of Wonder voll zum Tragen. KHS geht vollständig weg vom SF-Krimi im weitesten Sinne und bringt hier lupenreine Hardcore-SF, Außerirdische, Weltraumschlachten (wenn auch meistens nur fiktiv), große (ebenfalls fiktive) galaktische Reiche, Telepathen, Suggestoren und eine versuchte Invasion des Sonnensystems. Das alles macht den Roman gut, aber wirklich bemerkenswert ist er aus zwei anderen Gründen.

Erstens kann sich K. H. Scheer hier austoben und die gesamte Erde, alle Länder, alle Politiker, alle Militärs an einem Strang ziehen lassen. Diese gesamtterranische Zusammenarbeit war ihm ein echtes persönliches Anliegen, siehe dazu auch das heutige "TERRA SF inside". Der zweite Punkt, der diesen Roman auszeichnet, ist der Plot an sich : Statt mit Gewalt wird mit List und einem gigantischem Bluff gearbeitet. KHS, der ansonsten gerne Raum- und Seeschlachten mit Breitseiten schildert, zeigt hier, daß Gewalt eben immer nur die absolute Ultima Ratio sein darf, daß es in den meisten Fällen auch anders geht. Nicht, daß der Roman pazifistisch ist, doch Scheer vermittelt sehr deutlich, daß Intelligenz immer brutaler Gewalt überlegen ist.

Die ZBV-Romane, gerade diese etwas späteren, sind praktisch überhaupt nicht gealtert und man kann sie auch heute noch jedem SF-Fan weiterempfehlen.

Donnerstag, 21. August 2014

TERRA SF inside - Planetenromane (V)

Die Veröffentlichung der Perry-Rhodan-Planetenromane ging weiter und wurde vom deutschen Fandom der damaligen Zeit sehr positiv aufgenommen, siehe dazu etwa die Kommentare von Jürgen vom Scheidt.
Dies lag auch an der hohen Qualität der Geschichten, die von netten SF-Geschichten im Perry-Rhodan-Universum bis hin zu großer SF reichten. Ein Beispiel dafür ist "Invasion der Puppen", ein Roman, der mehrere Auflagen als Taschenbuch und Hörspiel erlebte. Wie frisch diese Geschichte bis zum heutigem Tag ist, erkennt man daran, daß die letzten Ausgaben als Taschenheft in diesem Jahr, als Hörspiel 2012 publiziert wurden. Hier die Werbung für die Taschenbuch-Erstausgabe aus Heft 394 vom 02.04.1965 :


Hörspiel-Download
Ausführliche Hörspiel-Besprechungen

TERRA SF 404 - Clark Darlton / Henry Bings : Der Sprung ins Nichts


Clark Darlton / Henry Bings : Der Sprung ins Nichts
Terra SF 404, 04.06.1965
gekürzter Nachdruck des gleichnamigen Leihbuchs von 1964
Titelbild : Karl Stephan


John Wyatt warf einen kurzen Blick auf seinen Nebenmann, der mit verkniffenen Lippen vor dem Empfänger saß und versuchte, das Bild des Fernsehschirmes genau einzutrimmen. Behutsam drehten die schmalen, nervigen Hände die Kondensatorknöpfe, ohne den Schirm aus den Augen zu lassen. Ein unterdrückter Laut Bergens ließ den Kommandanten erneut zum Bildschirm sehen. Das Gebilde zeigte soeben reine Kugelform. Aus seiner Mitte brach ein milchiger Strahl, der sich zitternd im Raum verlor. Dann schien sich die Kugel aufzublähen, füllte innerhalb weniger Sekunden den ganzen Bildschirm aus, strahlte in einem blutigen Rot auf - und war wie ein Spuk verschwunden. Der Schirm zeigte nur noch tiefes Schwarz, von funkelnden Sternen unterbrochen. Es waren Tausende und in allen Farbtönen - das gewohnte Bild des Weltraumes, den die SOLARIS nun seit über drei Monaten durchkreuzte.
Klappentext des BALOWA-Leihbuchs

Dieser Roman entstand in seinen Anfängen vor etwa vier Jahren. Ein gutes Drittel stellte Heinz Bingenheimer unter seinem Pseudonym Henry Bings fertig, dann ließ ihm die Arbeit keine Zeit mehr. Der Roman blieb liegen. Er sprach oft mit mir über die geplante Fertigstellung, entwickelte seine Ideen dazu und machte mir den Vorschlag, ihn eines Tages doch zu Ende zu schreiben.

Dann, am 17. August 1964, starb Heinz Bingenheimer.

Ich erfüllte sein Vermächtnis, wenn ich nun versuchte, den Roman so fertigzustellen, wie der ursprüngliche Autor es sich vorstellte. Vielleicht ist es mir gelungen, wenn sich auch unterschiedliche Auffassungen über gleiche Themen niemals vermeiden lassen.

Es war der Vorschlag des Verlages, diesen Roman als Weihnachtsband der TRANSGALAXIS erscheinen zu lassen. Ich bin der Meinung, daß es ein guter Vorschlag war, stellt doch "DER SPRUNG INS NICHTS" das Vermächtnis von Heinz Bingenheimer dar, das richtig zu interpretieren ich mich redlich bemühte.

Meinem Freund Heinz Bingenheimer gewidmet.

Walter Ernsting
Vorwort des Leihbuchs


LKS von Heft 404


Heinz Bingenheimer schrieb unter dem Pseudonym "Henry Bings" auch SF-Romane. Soweit ich diese bisher gelesen habe waren das typische deutsche SF-Romane der frühen Nachkriegszeit, schwülstig, pathetisch und schwerfällig. Auch "Der Sprung ins Nichts" gehört in diese Kategorie, in den 400er Bereich der TERRA-Hefte nur als Hommage an einen großen deutschen SF-Pionier zu verstehen.

Mittwoch, 20. August 2014

TERRA SF inside - Rezensionen MRU

Sehr bekannt im Fandom ist das "Munich Round Up", abgekürzt MRU. Ich könnte jetzt viel darüber schreiben, aber ein Berufenerer als ich hat dies bereits optimal formuliert :
Zu den großen Fanzines, die es seit vielen Jahrzehnten gibt, zählt ohne Zweifel das »Munich Round Up« aus München. [...] 1958 starteten Science-Fiction-Fans dieses ungewöhnliche Heft. Seit Anfang an dabei ist Waldemar Kumming [...].

Nach über fünfzig Jahren gibt Waldemar jetzt die Arbeit an seinem Fanzine auf; die aktuelle Nummer 179 ist die letzte Ausgabe des Traditionsblattes unter seiner Regie, das früher stets sarkastisch und ironisch war. [...] Schön finde ich, dass die »MRU«-Geschichte noch nicht ganz zu Ende ist. Thomas Recktenwald führt das Fanzine fort – ich wünsche ihm dabei viel Glück!
Blogeintrag von Klaus N. Frick

In Heft 394 vom 02.04.1965 finden sich diverse Rezensionen aus dem MRU, verfasst von niemand geringerem als Jürgen vom Scheidt (siehe frühere Einträge hier im Blog) :

TERRA SF 403 - John Brunner : Echo aus dem All


John Brunner : Echo aus dem All (Echo in the Skull)
Terra SF 403, 28.05.1965
Deutsche Erstausgabe
Originalausgabe 1959
Aus dem Englischen von Ingrid Neumann
Titelbild : Johnny Bruck


Sie war die einzige Bewohnerin des isolierten Planetoiden, weit draußen, außerhalb des Systems, der die Beobachtungsstation beherbergte, doch wenn sie in die eisige Unendlichkeit des Raums hinausblickte, konnte sie eine blaue Sonne erkennen, und sie dachte an die Chidnim, die in ihrer Wärme lebten, und eine orangefarbene Sonne, in deren Schein die Tansiten ihre Spiele spielten, und eine weiße Sonne, direkt über sich, von der sie wußte, daß sie auf die Städte der Tariks herniederschien. Dies alles war ihr seltsam vertraut – und doch so fremdartig wie der Körper, in dem sie sich befand. Sie betrachtete ihr Spiegelbild in einer polierten Metallscheibe. bewunderte ihre glänzend grüne Haut, die symmetrischen Muster der Schuppen in ihrem Gesicht, die elegante Geschmeidigkeit von Hals und Armen. Doch alles würde anders sein, wenn sie erwachte, in ihrer Wirklichkeit erwachte – in einem schäbigen Apartment in London, in dem man sie gefangen hielt, nackt und unter Drogen gesetzt. An einem Ort wo diese Erinnerungen, so klar und lebendig sie erschienen, einfach unmöglich waren – falls sie nicht die unterdrückten Erinnerungen eines fremdartigen Geschöpfes darstellten, das sich verbergen mußte …
Klappentext der HEYNE-Ausgabe


Vor und nach seinen großen Romanen schrieb John Brunner einfache Science Fiction. Dieser Roman ist aus der frühen Periode und enthält klassische Versatzstücke. Da ist einerseits das Rassengedächtnis, ein Gedankenspiel, das Anfang der 60er zusammen mit den exotischen Impulsen aus Fernost Einzug in die SF hielt. Dann das Invasionsszenario, bestens aus den 50ern durch die klassischen SF-Filme dieser Zeit bekannt. Und die parasitären Aliens waren auch gerade in Mode, Heinleins "Weltraummollusken" erschienen 1951, Finneys "Körperfresser" sind von 1954. Liest sich als Action-Roman sehr nett, kennt man allerdings die anderen Romane von Brunner, ist man etwas enttäuscht.

Wie ich bei der Recherche herausgefunden habe, ist der literarische Nachlaß von John Brunner in der University of Liverpool archiviert :
The John Brunner Archive was bequeathed to the Science Fiction Foundation in 1995. It encompasses Brunner's extensive output of science fiction, including corrected typescripts of published and unpublished works, book and film proposals, film scripts and screenplays. Brunner's non-fiction work, including poems, song lyrics, articles, speeches and crossword puzzles, plus a collection of awards that features his 1969 Hugo Award for Stand on Zanzibar, are also contained in the archive.
Quelle

Dort sind auch noch diverse andere literarische SF&F-Nachlässe gesammelt, lohnt sich, die Website einmal anzusehen. Leider sind keine Scans vorhanden, dafür aber ein ausführliches Inhaltsverzeichnis.

Dienstag, 19. August 2014

TERRA SF inside - Rezensionen Transgalaxis

Neben TERRA war auch der HEYNE-Verlag nicht untätig und veröffentlichte regelmäßig gute SF. Was auch bei den Lesern und Rezensenten sehr positiv aufgenommen wurde. Hier ein paar Kommentare aus dem damaligen TRANSGALAXIS-Magazin, veröffentlicht auf der LKS von TERRA 392 vom 19.03.1965 :

TERRA SF 402 - Frederik Pohl / Cyril M. Kornbluth : Gladiator des Rechts


Frederik Pohl / Cyril M. Kornbluth : Gladiator des Rechts (Gladiator-at-law)
Terra SF 402, 21.05.1965
gekürzter Nachdruck des gleichnamigen Leihbuchs von 1962
Originalausgabe GALAXY 1954
Aus dem Amerikanischen von Heinz Zwack
Titelbild : Johnny Bruck


Stellen Sie sich das vollkommene Haus vor - ein Haus, das im Sommer kühl und im Winter wohlig warm ist, ein Haus, das automatisch jeden Wunsch seines Besitzers verwirklicht, ob nun neue Möbel, andere Wände und Tapetenmuster oder andere Beleuchtungskörper gewünscht werden. Ein Haus, dessen Läden sich bei zunehmender Luftfeuchtigkeit schließen und das die kühle Nachtluft auf die dem menschlichen Körper zuträglichste Temperatur bringt - kurz den Wunschtraum eines jeden Architekten.

Im vorliegenden Roman ist dieser kühne Traum von den Wissenschaftlern und Technikern des 21. Jahrhunderts verwirklicht worden und hat im G. M. L. Kugelhaus Gestalt angenommen. Und das Ergebnis? Ein Land Utopia, in dem Milch und Honig fließen und in dem all die brennenden Wohnprobleme unserer Zeit endlich gelöst sind? Zwei Meister der amerikanischen Science Fiction, das Autorenteam Pohl und Kornbluth, schildern in diesem von der ersten bis zur letzten Seite packenden Roman, wie auch in einer Welt, die die Möglichkeit hätte, allen Menschen Wohlstand und Ueberfluß zu garantieren, die menschlichen Leidenschaften Haß, Mißgunst und Neid regieren. Erleben Sie selbst den Kampf, den der junge Rechtsanwalt Charles Mundin gegen die größte Finanzmacht aller Zeiten, den G. M. L. Konzern und die geheimnisvollen Mächte, die hinter diesem Konzern stehen, führt, um ihn wieder seinen rechtmäßigen Besitzern, den Erben des Erfinders des G. M. L. Hauses zurückzugeben.

Verfolgen Sie seine Irrwege durch die Ruinenviertel von Bellby Rave, wo in den finsteren Gassen das Grauen haust. Versuchen Sie, sich in einer Welt zurechtzufinden, wo in den finsteren Gassen das Grauen haust. Versuchen Sie, sich in einer Welt zurechtzufinden, wo der alte Wahlspruch Neros wieder Gültigkeit gefunden hat. "Brot und Spiele für die Massen", Spiele, bei denen in riesigen Arenen mit erbitterter Wut gekämpft wird, bis der Gegner tot am Boden bleibt, und wo ein Menschenleben um 100 Dollar feil ist.

Dieser Roman ist hart geschrieben und schildert mitleidlos die Konsequenzen heute schon sichtbarer Trends. Ein echter Vertreter bester amerikanischer Science Fcition.
Klappentext des BALOWA-Leihbuchs

Ein sehr sozialistisch angehauchtes Werk der beiden Ur-Amerikaner. Ähnlich wie in "Eine Handvoll Venus und ehrbare Kaufleute" nehmen sie sich hier die Konzerne vor und üben herbe Gesellschaftskritik an deren unamerikanischen Umtriebe. Nur schwach wird durch das Szenario der Zukunft das Amerika der Gegenwart verschleiert, zu deutlich sind die Analogien.

Mir persönlich hat dieser Roman wenig gegeben, was allerdings daran liegt, daß in den Jahrzehnten danach das Thema der Konzerne vielfach aufgegriffen wurde. Gerade die Phantastik bot sich für Romane dieses Typs an, was von vielen Autoren auch weidlich ausgenutzt wurde. "Gladiator-at-law" ist eben ein frühes Werk dieses Typus, heutzutage nur noch aus historischen Gründen interessant.

Montag, 18. August 2014

TERRA SF inside - Planetenromane (IV)

Die Planetenromane wurden ausnehmend positiv aufgenommen. Am 26.02.1965 auf der zweiten Seite von Heft 388 erschien Werbung für die Nummern 7 und 8 :


Mit Band 8 begann dann endgültig die Hochzeit von Hans Kneifel, in der er einen genialen Roman nach dem anderen schrieb.

TERRA SF 401 - Hans Kneifel : Nemesis von den Sternen


Hans Kneifel : Nemesis von den Sternen
Terra SF 401, 14.05.1965
Originalausgabe
Titelbild : Karl Stephan


Skogamandry ist ein alter Planet, der von einer dichten Vegetation bedeckt ist. Die letzten zweihundert Tage lang hatten Orr Jong und Vance Carnaghan damit verbracht, den Planeten zu vermessen und zu erfassen. Sie warten bereits sehnsüchtig darauf, endlich abgeholt zu werden, als ein Diskusraumer unbekannter Herkunft notlanden muss.

Sie können den Piloten retten, doch sein Aussehen erinnert sie an eine alte Legende der Sternenvölker – an die Nemesis von den Sternen, die vor Äonen weite Teile der Galaxis heimgesucht hatten.

Und der fremde Pilot unternimmt alles, damit seine ungewollte Entdeckung ein Geheimnis bleibt.
Klappentext des story2go-eBooks

Ein immer noch lesenswerter spannender SF-Thriller mit ökologischen Anklängen. Nicht Kneifels bestes Werk, dafür ist es zu sehr auf die Heftromanlänge zusammengeschnitten. Die Geschichte ist sozusagen mit Scheuklappen erzählt, es fehlen die Blicke nach rechts und links, der Aufbau der Welt bleibt sehr skizzenhaft, die Protagonisten relativ eindimensional. Nichtsdestotrotz ein angenehm zu lesender Abenteuerroman.


“Nemesis von den Sternen” erschien 1965 als Terra 401, wurde 1985 als Terra Astra 631 und 1994 im Sammelband “Sternenjagd” neu aufgelegt. Für die eBook-Version vom Verfasser im Oktober 2011 gründlich durchgesehen sowie maßvoll erweitert und bearbeitet.

So steht es jedenfalls auf story2go. Ebenso wie die anderen Kneifel-Romane, die der Autor selbst noch vor seinem Tod 2012 gründlich überarbeitet hat, scheint mir dieses eBook die definitive Version von "Nemesis" zu sein. Man vergleiche dazu die Anfänge des Romans :

Der breite Strom nahm jetzt wieder jene unerklärliche Goldfärbung an. Skogamandryreiher schwammen durch den Spiegel einer flachen Bucht. Weit in der Ferne hörte man das wütende Hämmern eines Samenfressers. Die lange Dämmerung erfüllte Luft und Himmel mit einem ungewissem Licht zwischen Sonnenuntergang und Nacht. Das Firmament war mit dünnen Wolken verhangen.

Die Natur des Planeten lebte in dieser Dämmerung auf eine merkwürdige Art; hektisch und leidenschaftlich. Als ob sie im letzten Aufbäumen vor dem Sterben liegen würde. Gelbe Vögel wirbelten zwischen den Ranken umher, Insektenschwärme stoben vorbei.
Original 1965

Der breite Strom nahm wieder jene unerklärliche Goldfärbung an. Skogamandryreiher schwammen durch den Spiegel einer flachen Bucht. In der Ferne erscholl das wütende Hämmern eines Samenfressers. Dämmerung erfüllte die Luft mit ungewissem Licht zwischen Sonnenuntergang und Nacht, das Firmament war von dünnen Wolken verhangen. Die Natur des Planeten lebte in der Dämmerung auf merkwürdige Art: hektisch, leidenschaftlich, wie im letzten Aufbäumen vor dem Sterben.
eBook-Version 2011

Deutlich literarischer, viel weniger plakativ. Ich bin ja ernsthaft am Überlegen, mir die Kneifel-eBooks via beam zu holen und sie dann ggf. selber auszudrucken. Für eBook-Leser sind sie auf jeden Fall empfehlenswert.